Wie eine Detmolder Familie einen Igel rettet - und der zum Filmstar wird

Kreis Lippe/Holzhausen. Ein großer Laubhaufen, ein paar Baumstämme und Kameras - mehr ist in dem geräumigen Gartengehege nicht zu erkennen. Allerdings ist der Blick ins Leere ein gutes Zeichen, schließlich hat es Igel Hazel in seinem neuen Domizil bei Naturfilmer Robin Jähne in den Winterschlaf geschafft. Zu verdanken hat das kleine Wesen seine Rettung Familie Kaiser aus Detmold. Die hatten den gerade einmal 175 Gramm schweren Igel im Herbst am Straßenrand gefunden und aufgepäppelt. Jetzt soll Hazel einer der Stars im neuen Filmprojekt des Naturfilmers werden.

Beim Treffen ein paar Monate nach der Rettungsaktion im Garten von Robin Jähne leuchten die Augen der drei Kinder auf, wenn sie über die Zeit mir ihrem vorübergehenden Mitbewohner reden. Es sei nicht einfach gewesen, das streng riechende Häufchen überhaupt so weit zu bekommen, Gewicht zuzunehmen. &bdquo;Anfangs haben wir ihn alle zwei Stunden gefüttert und täglich gewogen, trotzdem hat er nicht zugenommen“, sagt Pauline. Die Elfjährige hat in der Zeit täglich Protokoll geführt und jeden Schritt genau notiert. Mal habe er zwei Gramm mehr gewogen, dann sogar 30 Gramm zugenommen - und sei zwischendurch sogar wieder auf 158 Gramm abgemagert.

Ein Sorgenkind also, das erst einmal zu Kräften kommen musste. Vor allem das Wiegen sei herausfordernd gewesen, sagt ihre Schwester Frieda (8). &bdquo;Er ist immer wieder aus der Schale gehüpft, die konnte man beim Wiegen ja schlecht festhalten.“ Obwohl der kleine Kerl - inzwischen ist davon auszugehen, dass Hazel ein Männchen ist - enorm viel Arbeit gemacht habe, sei er der ganzen Familie schnell ans Herz gewachsen. &bdquo;Plötzlich ist da so ein kleines Geschöpf, für das man so eine große Verantwortung spürt“, sagt Philipp Kaiser. Der dreifache Familienvater hatte den zusammengekauerten Igel Ende Oktober an einer Bordsteinkante in Heidenoldendorf aufgesammelt.

Kampfgewicht erreicht Dass Robin Jähne den kleinen Kerl aufnehmen konnte, war dann pures Glück. &bdquo;Meine Kapazitäten sind begrenzt und normalerweise mache ich so was auch nicht“, sagt der Naturfilmer. Hazel sei eine Ausnahme gewesen. Er empfiehlt daher, bei Fundtieren die Igelhilfe einzuschalten. &bdquo;Wenn man jetzt um diese Jahreszeit noch einen Igel auf der Straße entdeckt, kann etwas nicht stimmen“, sagt Jähne. Ganz abseits des Gewichts. Schließlich müssten die Igel längst im Winterschlaf sein.

Hazel habe nach Parasitenkuren beim Tierarzt und dem ein oder anderen Auf und Ab letztendlich sein Kampfgewicht von 500 Gramm erreicht. Etwa 600 bis 700 Gramm sollten die stachligen Tiere auf die Waage bringen. Genau das bräuchten sie, um gut durch den Winter zu kommen, sagt Robin Jähne. Das beste Futter für die Aufzucht daheim? Katzenfutter mit Wasser. &bdquo;Am besten das etwas Teurere aus dem Supermarkt mit einem Fleischanteil von 65 bis 70 Prozent“, erklärt Philipp Kaiser, der sich selbst akribisch ins Igelaufziehen eingelesen hat.

Der kleine Igel Hazel lebt jetzt zusammen mit zwei weiteren Artgenossen in einem igelfreundlichen Außengehege für Sorgenkinder, das Jähne regelmäßig mit Kameras überwacht. Inzwischen ist auch ein Mäusepaar in die Wohngemeinschaft eingezogen, hat er beobachtet. Zwischen Hazel als Neuankömmling und einem aus der Aufzuchtstation stammenden Albino-Igel soll sich inzwischen eine enge Freundschaft entwickelt haben. Der Naturfilmer hat Szenen aufgenommen, die zeigen, wie sich Hazel und sein weißer Artgenosse gegenseitig &bdquo;ansabbern“. Das zu beobachten, sei schon außergewöhnlich, meint Jähne. &bdquo;Der Speichelfluss könnte auch auf Paarungsverhalten hindeuten.“ Daher geht Jähne aktuell davon aus, dass Hazel wohl doch ein Männchen ist.

Igel Hazel wird zum Filmstar Für seine nächste Naturdoku wäre das ungleiche Paar zumindest ein echter Hingucker, so könnten die Zuschauerinnen und Zuschauer vor dem Fernseher Männchen und Weibchen ganz einfach auseinanderhalten. Der geplante Film soll ein Nachfolger von Jähnes preisgekröntem Erfolgsprojekt &bdquo;Der Sturm“ werden und sich mit den Folgen des Klimawandels auf die heimische Tierwelt beschäftigen. Igel gehörten zu den Akteuren, die das sich verändernde Klima besonders stark treffe, sagt Robin Jähne.

Das große Insektensterben auf dem Land - etwa 60 Prozent seien nicht mehr da - führe dazu, dass die Igel kein Futter mehr fänden. Dabei gehörten knackende Insekten zum Leibgericht der Igel. &bdquo;Wer einen Igel auf einer Obstwiese beobachtet, der kann sicher sein, dass der nicht den Apfel möchte“, sagt Jähne. Die Igel suchten in den Äpfeln nach Insekten und schmachteten nicht dem Fruchtfleisch nach.

Folgen des Klimawandels schlimm wie nie Ebenfalls zu schaffen mache den Igeln der viel zu milde Winter. &bdquo;Dieses Jahr ist es so schlimm wie nie“, sagt Robin Jähne. Da der Körper der Tiere bei den warmen Temperaturen durcheinanderkäme und alle Energie aufbringe, um die Tiere viel zu verfrüht zu wecken, hätten viele keine Kraft, den Rest des Winters zu überstehen. &bdquo;Viele schlafen dann wieder ein, weil es viel zu früh ist, und sterben.“

Welche Konsequenzen das für die Tierwelt hat, will Robin Jähne mit seinem Team in seinem neuen Film beleuchten. Hazel und seine neue Partnerin sollen in dem wahrscheinlich 2027 erscheinenden Projekt daher eine tragende Rolle spielen. Auch Goldschakale will der Lipper zeigen, dafür geht es noch am zweiten Weihnachtstag los auf Filmreise nach Rumänien.

Hazel und ihre Mitbewohner bekommen von all dem nichts mit. Sie schlummern derzeit friedlich eingerollt in ihrem Baumstamm. Und wer weiß, vielleicht träumen die Igel sogar schon von ihren Abenteuern im neuen Jahr. Die Kamera ist auf jeden Fall dabei.

Wer einen Igel findet und nicht mehr weiter weiß, kann sich an die Igelhilfe in Herford wenden. Die Internetadresse lautet igelhilfe-herford.de.

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