150 Jahre Hermann: Warum sich eine Ausstellung Denkmälern in aller Welt widmet

Kreis Lippe. Sie heben unseren Hermann natürlich nicht vom Sockel, wollen ihn aber sehr wohl einmal in einen größern Zusammenhang stellen: Nämlich in den zu seinen Denkmalkameraden, die Dschinghis Khan, Saladin oder Alexander dem Großem gewidmet worden sind.

Zum Jubiläum &bdquo;150 Jahre Hermannsdenkmal" dieses Jahr planen die Historikerin Julia Schafmeister und der Archäologe Dr. Stephan Berke vom Lippischen Landesmuseum eine große Ausstellung, die die Wirkungen, historische Relevanz oder auch die über die Jahrhunderte wechselnden Interpretationen der Denkmäler durch Betrachter und Historiker beleuchtet. &bdquo;Denk:mal!" wird die Ausstellung heißen.

Zuschussantrag läuft Das Konzept steht, der Zuschussantrag beim Land läuft. Bald geht es an die Organisation der Leihgaben, den Ausstellungsbau, die Digitalisierung, das Begleitbuch. Angesprochen werden neben dem heimischen Publikum besonders auch Menschen mit Migrationshintergrund - &bdquo;eine Zielgruppe, die selten bis gar nicht in die heimischen Museen geht."

&bdquo;Denk:mal!"wird die ohnehin im Museum laufende Mythos-Dauerausstellung und diejenige im Hermaneum in Denkmalnähe ergänzen und daher nur &bdquo;Hermann-Basics" vermitteln - etwa über den Bauprozess, technische Aspekte und die Einweihung 1875. &bdquo;Wir gehen von der Grotenburg weg in internationale Sphären", berichtet Berke. &bdquo;Wir fragen: Was ist überhaupt ein Denkmal? Wem wird eines gewidmet, warum? Wie entwickelt sich diese Idee, die dahintersteckt?" Und wie kommt es schließlich zum Denkmalsturz, wie jüngst bei den fallenden Assad-Denkmälern in Syrien? Die beiden Wissenschaftler wollen darstellen, wie Denkmäler zur kritischen Auseinandersetzung mit Geschichte anregen können.

Spannende Fragen mit spannenden Antworten - da sind sich die beiden Ausstellungsmacher sicher. Denn auch Hermann, der Cherusker, &bdquo;ist ein Erinnerungsort, der mit schwierigen Kapiteln der Vergangenheit belastet ist", fasst Berke zusammen. In der Weimarer Republik wie in der Nazizeit wurde das Denkmal gezielt für Propagandazwecke instrumentalisiert, &bdquo;und auch danach kam es immer wieder zu einer Vereinnahmung des Denkmals durch rechte Gruppen."

Julia Schafmeister und Dr. Stephan Berke haben verschiedene &bdquo;Themeninseln" für die Sonderausstellungsflächen des Museums konzipiert, in denen es um die Definition eines Denkmals geht, um die Geschichte, um Intention oder um Gründe für einen Denkmal-Sturz. Der Clou: Viele der zum Teil weltberühmten Denkmäler sollen als 3D-Hologramme zu sehen sein, das Museum wird eng mit der Technischen Hochschule OWL zusammenarbeiten. &bdquo;Eine völlig neue Art der Präsentation", verspricht Julia Schafmeister. Zahlreiche Exponate, Filme, Fotos, Tondokumente ergänzen die Themeninseln. Es gibt interaktive Elemente, und ein Teil der Ausstellung wird nur online zu sehen sein.

Erinnerung an Personen und Ereignisse Die beiden Wissenschaftler erklären: Denkmale können an Personen oder an Ereignisse erinnern, Gedenkstätten für die Opfer von Kriegen sein oder abstrakt gestaltet sein. Julia Schafmeister und Dr. Stephan Berke spannen den Bogen weit: Den Tyrannenmördern Harmodius und Aristogeiton war 510 vor Christus in Athen das erste Denkmal ohne religiösen Bezug gewidmet worden. Darum geht es unter anderem in der Themeninsel &bdquo;Die Geschichte des europäischen Denkmals".

&bdquo;Wem oder warum errichtet man ein Denkmal?", ist Thema einer weiteren Insel. Dr. Stephan Berke erinnert beispielhaft an Saladin, er war von 1171 an erster Sultan von Ägypten. &bdquo;Er ist für sein Handeln während der Kreuzzüge bekannt und wird bis heute als Figur von großer Toleranz, Ritterlichkeit und Ehre betrachtet." Trotz historischer Kontroversen werde er in der muslimischen Welt oft als Verkörperung &bdquo;idealer muslimischer Tugenden" dargestellt. Das Denkmal steht in Damaskus, es für die Detmolder Ausstellung einscannen zu lassen, wird nicht ganz so einfach, vermutet Berke.

Vereinfachte Pocahontas-Darstellung Komplex ist die Figur des Christoph Kolumbus - er wird als mutiger Entdecker gefeiert, dessen Reisen die globale Vernetzung einläuteten, aber auch als jemand gesehen, der als Symbol für die Schattenseiten der europäischen Expansion steht. Und, ein weiteres Beispiel: Pocahontas, Lieblingstochter eines Algonkinhäuptlings, die mit der Figur aus dem Walt-Disney-Film kaum etwas zu tun hat. Sie wird häufig als Vermittlerin zwischen den indigenen Völkern Nordamerikas und europäischen Siedlern dargestellt - solche vereinfachten Darstellungen tragen jedoch zu falschen Bildern über die Geschichte der indigenen Völker bei. &bdquo;Akademisches Arbeiten und historische Untersuchungen bemühen sich, ein differenziertes Bild von Pocahontas’ Leben zu zeichnen." Auch ihr Denkmal, eine überlebensgroße Bronzestatue in Norfolk, soll als Hologramm im Landesmuseum zu sehen sein. Weiterhin betrachtet werden die Erinnerungen an Karl Marx (Denkmal in Trier), an Lenin, Dschingis Khan oder Florence Nightingale.

Abgerundet wird die Ausstellung mit der Themeninsel &bdquo;Ein schöner Tag am Denkmal", es geht um Ausflugsfotos und Andenkenindustrie. Denn: &bdquo;Eine große Anzahl von Denkmal-Besuchern kommt nicht wegen der politisch-ideologischen Bedeutung. Die Gründe sind eher, dass es sich um schöne Ausflugsziele handelt. Die Idee ist, neben der Besuchskultur am Hermann auch die an anderen Denkmälern zu zeigen", fasst Schafmeister zusammen.

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