Bloß keine Kurzschlüsse: Daniel Salewski von der IG Metall appelliert an Lippes Betriebe

Kreis Lippe. Andere Leute haben um diese Zeit schon Feierabend. Aber Daniel Salewski, erster Bevollmächtigter der IG Metall in Lippe, denkt noch nicht dran. Seit 7 Uhr morgens war er unterwegs in lippischen Betrieben, in denen es nicht rund läuft. &bdquo;Bei etwa bei 70 Prozent der Betriebe, die wir als Gewerkschaft begleiten, droht der Verlust von Arbeitsplätzen.“ Erst vor wenigen Wochen berichtete auch die LZ über den geplanten massiven Stellenabbau bei KEB in Barntrup, und wie berichtet, fallen bei der Phoenix Contact-Tochter E-Mobility bis Ende des Jahres 60 Jobs weg, weil Teile der Produktion nach Polen verlagert werden.

Dabei werde es nicht bleiben, befürchtet er. &bdquo;Die Unternehmen, die wir betreuen, stehen alle unter großem wirtschaftlichen Druck“, sagt der Gewerkschaftssekretär. &bdquo;Ich sehe für die Wirtschaft ein sehr schwieriges Jahr 2025.“

Nach einer Erhebung von 2023 gibt es in Lippe 24.000 Arbeitsplätze in der Metallbranche. &bdquo;Einigen Betrieben in der Branche geht es noch richtig gut.“ Aber eben nur einigen: &bdquo;Es könnte der Verlust von über 4000 Arbeitsplätzen drohen“, sagt Salewski. Er wählt bewusst den Konjunktiv: &bdquo;Das muss nicht so kommen, aber damit es nicht so kommt, brauchen wir kreative Köpfe und Arbeitgeber, die bereit sind, auch gewohnte Bahnen zu verlassen.“

11-Punkte-Zukunftsplan Das allerdings müsse von politischen Maßnahmen begleitet werden. &bdquo;Es wäre wichtig, die Elektromobilität weiter zu fördern.“ Auch dass die Industrie günstigeren Strom bekomme, hält die Gewerkschaft für unerlässlich. Diese Forderung ist Teil des 11-Punkte-Zukunftsplans, den die IG Metall &bdquo;für ein modernes, innovatives und gerechtes Industrieland“ aufgestellt hat, ebenso wie eine Reform der Schuldenbremse: 60 Milliarden Euro sollen in den nächsten zehn Jahren in Infrastruktur fließen – und die Neuverschuldungsgrenze von 0,35 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen.

&bdquo;Aber es ist uns ganz wichtig, dass Industriebetriebe nur dann gefördert werden, wenn sie garantieren, dass sie am Standort Deutschland bleiben“, betont Daniel Salewski. Negativbeispiele, wie Unternehmen Förderung abgreifen, um sich dann anderswo in der Welt niederzulassen, gibt es zuhauf: Prominentes Beispiel ist immer noch der Konzern Nokia, der sich 2008 aus Bochum zurückzog und für viele Fachleute der Prototyp der Subventionsheuschrecke ist.

Das ist alles gut und schön, aber wie lassen sich konkret in Lippe die Arbeitsplätze schützen und was meint der Erste Bevollmächtigte mit kreativen Konzepten?

4-Tage-Woche &bdquo;Wichtig ist zuallererst, dass es nicht zu Kurzschlüssen kommt“, sagt Daniel Salewski. Darum sei es auch so wichtig, dass die Arbeitgeber möglichst frühzeitig die Gewerkschaften mit ins Boot holten. So sei es geglückt, beispielsweise gemeinsam mit der Geschäftsführung und der Belegschaft bei Phoenix Contact die kreative Idee mit der 4-Tage-Woche zu entwickeln.

Übrigens sei die Idee nicht aus der Gewerkschaft gekommen, sondern &bdquo;von einer aktiven IG-Metall-Betriebsrätin aus dem Unternehmen selbst.“ berichtet er. &bdquo;Das ist ein Ergebnis unseres beteiligungsorientierten Ansatzes“. In Gewerkschaftskreisen sei diese unkonventionelle Herangehensweise, das tarifliche Zusatzgeld in Freizeit umzuwandeln und so Liquidität sicherzustellen, viel beachtet worden. &bdquo;Es haben sich schon einige Kollegen gemeldet und gefragt, wie wir das geregelt haben.“

Das Ganze war in dem Blomberger Unternehmen über die Bühne gegangen, bevor die Kurzarbeitsphase auslief. &bdquo;Das ist das beste Beispiel, warum man so früh miteinander sprechen muss, wenn man Arbeitsplätze retten will.“ Und es sei auch viel besser, als Beschäftigte und Gewerkschaft vor vollendete Tatsachen zu stellen. &bdquo;In Zeiten wie diesen muss man auch unkonventionelle Wege gehen.“

Feindbilder sind passé Einen gewissen Gegensatz zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber werde es wohl immer geben, aber die alten Feindbilder seien passé: &bdquo;Wir wollen helfen, und wenn man mit uns ins Gespräch geht, dann finden wir gemeinsam Lösungen.“ Daniel Salewski sieht sich und seine Kollegen auch ein Stück weiter als Mahner, damit in diesen schwierigen Zeiten eben nicht aus Angst und Unsicherheit von Geschäftsführungen Arbeitsplätze verschwinden in einer Zeit, wo der Fachkräftemangel immer mehr durchschlägt.

Aber sind Gewerkschaften heute überhaupt noch en vogue? &bdquo;Die steigenden Mitgliederzahlen, die wir verzeichnen, zeigen, dass wir noch lange nicht überflüssig sind.“ Das, was die Menschen auch in Lippe bewegt, Unsicherheit, Angst und die Sehnsucht nach Vertrauen, das spiegele sich auch in einer Mitgliedschaft. &bdquo;Man darf nicht vergessen, dass es für die meisten Leute das erste Mal ist, dass ihr Arbeitsplatz bedroht ist. Und sie fragen sich: , Was ist mit meiner Wohnung, was ist mit meinem Auto? Was soll nun werden? Wie geht es weiter in meinem Leben?’“

Schönrednerei hilft nicht Schönrednerei helfe da nicht. &bdquo;Ich nehme die Menschen ernst und versuche, sie abzuholen.“ Aber dazu gehört eben auch eine offene und ehrliche Kommunikation.“ Dazu gehört, die Dinge beim Namen zu nennen, auch wenn manche - Arbeitgeber und Arbeitnehmer - den Ernst der Lage nicht wahrhaben wollten.

Was aber könnten Lösungen in diesen Zeiten sein? &bdquo;Wir machen uns unter anderem auch für eine betriebsinterne Qualifizierung stark“, um Menschen vielleicht in anderen Geschäftsteilen einsetzen zu können. Das Chancenqualifizierungsgesetz biete solche Möglichkeiten, und die IG Metall habe sich auch schon intensiv dafür eingesetzt. &bdquo;Aber sobald es konkreter wurde, war es schwierig.“

Wie pessimistisch sieht der Gewerkschafter denn nun in die Zukunft? &bdquo;Ich habe noch Hoffnung. Aber ein Großteil hängt davon ab, wie die Wahl ausgeht.“

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