
Kreis Lippe. Gut ausgebaute Verkehrswege sind das Fundament eines funktionierenden Wirtschaftsraums. Für Lippe hat die Straße die größte Bedeutung aller Verkehrswege. Kein anderer Verkehrsträger hat eine größere Netzdichte und Relevanz.
Statt Verkehrsfluss besteht allerdings zusehends Verdruss, wenn es um das Vorankommen in Lippe geht.
Stopp & Go auf zentralen Verkehrsachsen
„Stopp & Go auf zentralen Verkehrsachsen, Oberflächenschäden sowie stark belastete Brücken hemmen zusehends das Vorankommen von Personen und Gütern,“ kritisiert die Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe), Svenja Jochens, in einer Pressemitteilung der Kammer.
Laut langfristiger Verkehrsentwicklungsprognose im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums soll der Güterverkehr in Deutschland bis ins Jahr 2040 um etwa ein Drittel gegenüber dem Jahr 2019 wachsen. Der Personenverkehr um rund acht Prozent. „Uns muss bewusst sein, dass dies massive Auswirkungen auf die Verkehrsinfrastruktur in und um Lippe haben wird,“ erklärt Jochens den enormen Handlungsdruck.
Wie genau Verkehrsinfrastruktur vor Ort gedacht werden muss, um bestehenden Engpässen zu begegnen und wachsenden Transportanforderungen gerecht zu werden, damit hat sich die IHK Lippe zusammen mit der lippischen Wirtschaft für den „Leitfaden Verkehr“ befasst. Für die Unternehmen steht fest: „Die Verkehrsinfrastruktur muss kontinuierlich verbessert werden. Essenziell dafür sind die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, die Standardisierung von Abläufen sowie die Aufstockung von Personal- und Finanzierungskapazitäten.“
Neubauten sind dringend erforderlich
„Wir brauchen sowohl regelmäßige Sanierungs- und Unterhaltungsmaßnahmen als auch einen bedarfsgerechten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur“, ist der stellvertretende Vorsitzende des IHK-Verkehrsausschusses, Volker Sim, überzeugt. In den Erarbeitungsprozess zum Leitfaden Verkehr war der IHK-Verkehrsausschuss aktiv eingebunden. Die Wirtschaftsvertreter plädieren im Rahmen des Positionspapiers dafür, Neubauprojekte mit großer Netzwirkung, wie die Ortsumgehungen Lage und Lemgo, aber auch den Ausbau der Landesstraße 758 zwischen Detmold und Barntrup, dringend anzugehen.
„Der Nutzen dieser Maßnahmen übersteigt die Kosten bei Weitem, trotzdem werden sie aktuell nur schleppend weiter beplant“, kritisiert Volker Sim das geringe Tempo bei der Umsetzung. „In dem Zusammenhang darf auch eine abschnittsweise Neubautrasse der Bahnstrecke zwischen Hannover und Bielefeld nicht infrage gestellt werden“, stellt Sim mit Blick auf dringend benötigte Zusatzkapazitäten im Güter- und Personenverkehr sowie einer besseren Vernetzung und Taktung der Verkehrsträger fest.
„Die Herausforderungen in der Planung und im Bau sind vielfältig und erfordern clevere Lösungen, um die Effizienz zu steigern und gleichzeitig nachhaltige Ziele der Verkehrswende zu erreichen,“ betont der Vorsitzende des IHK-Verkehrsausschusses, Achim Oberwöhrmeier. Eine wichtige Stellschraube sieht die Wirtschaft im Umgang mit Planungs- und Genehmigungsverfahren. Mit dem Ziel, Verfahren deutlich zu beschleunigen, fordern die Unternehmen eine umfassende Anpassung von Standards sowie eine regelmäßige Wartung der Verkehrsinfrastruktur.
Baustellenmanagement muss verbessert werden
So böte es sich an, bei ähnlichen Leistungen oder bei größerem Bedarf verstärkt Sammelausschreibungen durchzuführen, anstatt jede Ausschreibung einzeln abzuwickeln. „Dadurch ließen sich Verwaltungsaufwand und Kosten senken“, betont Oberwöhrmeier. Der Einsatz moderner Baumethoden und innovativer Materialien könne zudem die Bauzeiten verkürzen und die Qualität der Bauwerke verbessern. Wo möglich, könnten auch vorgefertigte Bauteile verwendet werden, um die Fertigstellung weiter zu beschleunigen.
Großes Potenzial sehen die Unternehmen in der Verbesserung des Baustellenmanagements. Mit TIC-Kommunal bestehe in NRW bereits eine übergreifende Baustellenkoordinierungsplattform, die von der Landesverkehrszentrale von Straßen.NRW im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr entwickelt und betrieben wird.
Um deren Wirksamkeit zu steigern, sollten sich nach Ansicht der lippischen Unternehmer Fachbehörden auf allen Ebenen diesem Portal anschließen. Die Wirtschaft regt in der Pressemitteilung der IHK an, auch weitere Organisationen und Behörden, die für den Bau und die Instandhaltung von Verkehrswegen verantwortlich sind, aktiv einzubinden. Generell sollten Transparenz und Rechenschaftspflicht gefördert sowie verbindliche Zeitpläne für Planung und Bau eingehalten werden.
Wirtschaft fordert politische Geschlossenheit
Einigkeit besteht in der lippischen Wirtschaft darüber, dass politische Geschlossenheit Grundvoraussetzung ist, um die Verkehrsinfrastruktur in Lippe, allen voran die Straßeninfrastruktur, wieder auf ein leistungsfähiges Niveau zu bringen.
Dafür müssten Dringlichkeit und Bedeutung der Maßnahmen erkannt und sowohl Öffentlichkeit als auch Entscheidungsträger für eine nachhaltige Finanzierung sensibilisiert werden. Die Wirtschaft erachtet weniger Bürokratie und dafür mehr Pragmatismus als Maxime eines gemeinsamen Handelns.