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Landwirtschaft

Preis statt Frische? Lippische Bauern sprechen über Kosten, Bürokratie und Kaufverhalten

Kreis Lippe. Immer mehr Auflagen, hohe Kostensteigerungen, Globalisierung undPreiskampf - all das macht auch vor der Landwirtschaft nicht halt. Sie belasten die Bauern samt ihren Familien und gefährden mittlerweile sogar ihre Existenz, erklärt der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband in einer Pressemitteilung. Dieter Hagedorn, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Lippe, fragt: „Was geschieht, wenn vor Ort erzeugte Lebensmittel und Energie nicht mehr verfügbar sind?“

Sprich: Die Landwirte machen sich Sorgen. Bei einem Treffen mit Berufskollegen sowie der lippischen CDU-Bundestagsabgeordneten Kerstin Vieregge und Landratskandidat Meinolf Haase, ebenfalls CDU, wurden diese thematisiert. Die Erdbeerbauern Jens und Erik Hanken hatten die Lohnkosten im Blick, schließlich seien bis zu 60 Prozent der Erzeugungskosten Arbeitslohn. Der Mindestlohn in Deutschland liege bei 12,82 Euro, Tendenz steigend. Betriebe in Spanien zahlten 6,87 Euro, in Polen 6,10 Euro. „Das steht in keinem Verhältnis und macht uns eine kostendeckende und zugleich wettbewerbsfähige Preisgestaltung unmöglich. Selbst die Tausende Kilometer langen Transportwege fallen da preislich nicht ins Gewicht.“ Zudem bedauerten sie, dass die heimischen Früchte zwar frischer, aromatischer und mit einer deutlich besseren CO2-Bilanz auf den Markt kämen, dies die Kaufentscheidung vieler Verbraucher aber immer weniger beeinflusse.

„Ein Schlag ins Gesicht“

Kreislandwirt Friedrich Gütschleg forderte deshalb, jedem Landwirt müsse eine eigene unternehmerische Entscheidungsfreiheit zugestanden werden. Aktuell belasteten immer mehr Auflagen und Kontrollen die lippischen Landwirte. „Unsere Arbeit ist durch überbordenden Bürokratismus völlig überreguliert. Als Unternehmer empfinde ich jede neue Vorschrift als Schlag ins Gesicht“, ergänzte Landwirt Frank Meyer zu Ohrsen, der eine Gemeinschafts-Biogasanlage betreibt. Das sei ein Misstrauen, das weder berechtigt noch akzeptabel sei. Seine Biogasanlage versorge unter anderem eine kreiseigene Schule - wie lange noch, hänge allerdings von Faktoren ab, die er nicht beeinflussen könne. Auschreibungen der Bundesnetzagentur seien massiv, erwartbaren Erträge wiederum rechtfertigten die Investitionen, die zur Erfüllung weitergehender Auflagen notwendig seien, kaum.

Das seien alarmierende Zeichen, erklärte Kerstin Vieregge: „Die Landwirtschaft versorgt die Menschen vor Ort mit gesunden Lebensmitteln und schafft regionale Wertschöpfung im ländlichen Raum.“ Seit Jahren werde die Stärke des ländlichen Raums beschworen, auchseine Zukunft zu sichern versucht. „Doch die Zukunft der Landwirte und ihrer Familien, die diesen Raum mitgestalten und für Lebensqualität sorgen, wird dabei ignoriert“, betont Meinolf Haase. Er sehe als Chef des Bevölkerungsschutzes in Lippe auch den Beitrag der Landwirte zur Krisenvorsorge: „Dezentrale Energie- und Lebensmittelversorgung ist unverzichtbar. Wir müssen sicherstellen, dass wir regional handlungsfähig bleiben“, darauf müssten politische Entscheidungen auf allen Ebenen ausgerichtet werden. Im Kreis Lippe soll es deshalb regelmäßige und intensive Abstimmungen mit allen Beteiligten geben.

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