War es Mord aus Heimtücke? "Sie saß förmlich in der Falle"

Detmold/ Lage. Jedes Mal, wenn der Name ihrer getöteten Tochter ausgesprochen wird, scheinen sich die Worte wie Pfeile in die Brust der Mutter zu bohren. Der Schmerz ist der Angehörigen auch am elften Prozesstag deutlich anzusehen. Sie hält es trotzdem aus, während Opferanwalt Steffen Hörning, der die Mutter vertritt, einen ausführlichen Antrag verliest, der alles noch einmal aufwühlt. Die Nebenklage möchte die Kammer dazu bringen, einen wichtigen rechtlichen Hinweis für das Ende Mai erwartete Urteil zu erteilen. Aus ihrer Sicht könne es sich bei dem angeklagten Tötungsdelikt nur um Mord aus Heimtücke handeln.

Der Rechtsanwalt aus Göttingen fasst für die Begründung die vermeintlichen Umstände der Tat aus Sicht der Nebenklage detailliert zusammen. Oft fällt der Name der jungen Frau (26), die von ihrem Ex-Freund aus Detmold (27) vergangenen Mai in ihrer eigenen Wohnung erdrosselt worden sein soll. Davon zumindest geht die Staatsanwaltschaft fest aus. Das Opfer sei völlig arg- und wehrlos gewesen, meint Rechtsanwalt Steffen Hörning, zu keinem Zeitpunkt habe die junge Frau nach dem gemeinsamen Spaziergang damit rechnen können, dass ihr Ex-Freund sie töten würde. "Sie saß förmlich in der Falle", sagt der Opferanwalt.

Nebenklage sieht Mordmerkmal der Heimtücke Die Lagenserin habe überhaupt keine Chance gehabt, da ihr Angreifer sie völlig unvermittelt von hinten mit einem Strangulierungswerkzeug tötete. "Sie konnte zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, dass diese Situation eskalieren würde." Diese Theorie belege auch die bisher erhobene Beweislage, sagt Hörning. Es lägen außerdem keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es zwischen beiden überhaupt zu einer Auseinandersetzung gekommen wäre. Das alles spreche für das Mordmerkmal der Heimtücke.

Oberstaatsanwalt Christopher Imig stimmt dem Antrag der Nebenklage zu, hält sich selbst aber zurück. Er hatte zu einem früheren Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits darauf hingewiesen, dass der angeklagte Totschlag wohl im Falle einer Verurteilung nicht ausreichen dürfte. Verteidiger Remzi Yalcin will erst zum nächsten Termin gemeinsam mit seinem Kollegen Jerrit Schöll Stellung nehmen. Beide Verteidiger hatten schon einmal angedeutet, in so einem Fall den Antrag zu stellen, das Verfahren komplett auszusetzen.

Verhalten des Angeklagten laut Gutachter "außergewöhnlich" Der Grund: Die Verteidigerstrategie müsse entsprechend angepasst werden. Sollte die Kammer dem zustimmen, müsste der komplette Prozess neu aufgerollt werden. Der Vorsitzende Richter Karsten Niemeyer macht noch im Saal Hoffnung darauf, dass das Beweisprogramm trotz des rechtlichen Hinweises normal weiterlaufen könnte. Eine Entscheidung dazu trifft die Kammer zum nächsten Verhandlungstermin.

Nicht mehr wiederkommen muss dann der psychiatrische Sachverständige Dr. Bernd Roggenwallner, der am Mittwoch auch als einziger Zeuge sein Gutachten erstattet. Zwar hatte sich der Angeklagte im Vorfeld des Verfahrens nicht begutachten lassen, der Nervenarzt konnte aber auch in der Hauptverhandlung keine seelischen Störungen oder Hinweise auf eine verminderte Schuldfähigkeit feststellen. Vom Vorsitzenden Richter auf ein mögliches Motiv angesprochen, kann auch der Sachverständige nur spekulieren. "Es ist nicht klar, wie es zu der Tat gekommen ist. Es muss situativ gewesen sein."

Als außergewöhnlich bezeichnet Bernd Roggenwallner das Verhalten des Angeklagten nach der mutmaßlichen Tat, insofern er sie denn begangen hat. Direkt danach hatte der Detmolder mit seiner Tante zu Abend gegessen und am nächsten Tag ein Bewerbungsgespräch durchgezogen. "Das ist etwas ungewöhnlich - gerade beim ersten Tötungsdelikt. Das wühlt einen normalerweise auf."

Der Prozess wird am 10. Mai fortgesetzt.

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