Wohncontainer in Lage: Warum die Stadt an den Unterkünften festhält

Lage. Wer den Bahnhaltepunkt Ehlenbruch mit dem Zug passiert, dem fallen schnell die Wohncontainer ins Auge, die neben dem alten Bahnhofsgebäude stehen: Sie wurden von der Stadt Lage 2016 angeschafft, um Geflüchtete unterzubringen, die zu dieser Zeit vor allem aus Syrien nach Deutschland kamen. Ähnliche Anlagen hat die Stadt auch in Hörste und Heiden installiert. Doch wie werden die Unterkünfte fast neun Jahre später genutzt, befinden sie sich noch im Eigentum der Stadt und wie kam es zu der Entscheidung, die Menschen überhaupt dort unterzubringen?

Die Situation war ab dem Jahr 2015 für viele Kommunen äußerst schwierig: &bdquo;Wir wussten nicht, was wir tun sollen, haben nach Wohnungen gesucht, bis der Arzt kam“, erläutert der Erste Beigeordnete der Stadt Lage Thorsten Paulussen im Gespräch mit der LZ. Zunächst seien sehr viele Geflüchtete in einer Sammelunterkunft in der Bredestraße untergebracht worden. &bdquo;Damals hat die Politik gesagt, dass wir die Bevölkerung nicht überfordern dürfen“, erinnert sich Paulussen.

Deshalb sei die Idee entstanden, die Menschen auch auf die vier größeren Ortsteile neben der Kernstadt zu verteilen. In fast allen Kommunen sei damals über den Kauf von ähnlichen Wohnmodulen nachgedacht worden, um unkompliziert an Wohnraum zu gelangen. In Lage habe man dann geeignete Flächen gesucht, die sich bereits im Besitz der Stadt befanden. &bdquo;Deshalb kam zuerst der Bahnhof in Ehlenbruch. Das war unsere Immobilie“, erläutert Paulussen.

Erst Kachtenhausen, dann Hörste und Heiden Dort wurden die ersten vier Wohncontainer installiert, danach entstanden ähnliche Anlagen in Hörste und Heiden. &bdquo;Wir hatten drei mobile Standorte und haben für den vierten das alte Gemeindehaus in Hagen genommen“, so Paulussen weiter. Das Haus sei damals von der Kirchengemeinde aufgegeben worden und die Stadt habe es günstig kaufen können. Auch dem Wohnungsmarkt seien auf diese Weise keine Kapazitäten entzogen worden. Aus der Politik habe es für diese Vorgehensweise damals nicht nur Applaus gegeben. Für den Zweiten Beigeordneten Frank Rayczik war die Entscheidung dennoch richtig: &bdquo;Rückblickend kann man sagen, dass es so wie wir es damals organisiert haben, funktioniert hat.“

Auch wenn es in den Ortsteilen Herausforderungen gegeben habe, sei die Stadt immer für die Bürger ansprechbar gewesen. &bdquo;Integration funktioniert nur, wenn man Ansprechpartner hat“, sagt Thorsten Paulussen. Das bestätigt auch Diemo Dölle, Fachgruppenleiter Soziales bei der Stadt Lage, der seine Stelle im Juni 2016 angetreten und das Projekt von Anfang an betreut hat. Aus der heimischen Bevölkerung habe es viel Zuspruch gegeben und schnell sei ein großes Unterstützernetzwerk entstanden, das über viele Jahre aktiv geblieben sei. &bdquo;Da bin ich wirklich nachhaltig beeindruckt“, berichtet Dölle. Dass das Projekt ohne ehrenamtliche Helfer und die Akzeptanz der Einheimischen nicht laufen würde, sei von Anfang an klar gewesen.

Und auch wenn die in Holzrahmenbauweise gefertigten Wohnanlagen stark an Container erinnern, hätten diese für die meisten Menschen, die dort eingezogen sind, eine Verbesserung ihrer Lebensqualität bedeutet. &bdquo;Die Menschen kamen aus großen Landeserstaufnahmeeinrichtungen, mit einem ganz anderen Set-up“, erläutert Dölle und meint damit große Schlafsäle und gemeinsam genutzte Küchen und Sanitäranlagen. &bdquo;Auf einmal war für sie Privatsphäre da“, so der Fachgruppenleiter weiter.

Puffer für neue Herausforderungen Thorsten Paulussen ist davon überzeugt, dass es den Bewohnern der Wohnanlagen weiterhin gut geht. Auch wenn es heute nicht mehr viele sind. &bdquo;Die Belegung ist ganz weit runtergefahren, aber in jeder dieser Anlagen in den vier Ortsteilen, sind auch Leute untergebracht“, sagt Paulussen. Das müssen aber nicht zwingend Geflüchtete sein, denn die Stadt braucht den Wohnraum auch aus einem anderen Grund. &bdquo;Das Thema Wohnungslosigkeit ist in Lippe ein prekäres Problem“, erläutert Diemo Dölle. Mittlerweile müssten auch immer wieder Familien mit Kindern oder Menschen mit Behinderung ihre Wohnungen räumen und stünden auf der Straße. &bdquo;Wir haben die Wohneinheiten glücklicherweise im Bestand und können eine menschenwürdige Unterkunft als Notunterkunft zur Verfügung stellen“, erläutert Dölle weiter.

Die Stadt wird die Wohnanlagen auch deshalb weiterhin im Profil behalten. Zudem sei es sehr schwierig, mögliche weitere Fluchtbewegungen und deren Auswirkungen zu prognostizieren. &bdquo;Der Puffer ist da ein großes Hilfsmittel“, erläutert Paulussen weiter. Zwar müssten die Wohneinheiten laufend instand gehalten und regelmäßig renoviert werden, doch die Kosten seien überschaubar: Etwa 20.000 Euro würden dafür jährlich in die Hand genommen. Über die Jahre habe auch ein Lernprozess stattgefunden, etwa was verwendete Materialien angeht. So werden mittlerweile langlebigere Küchen aus Edelstahl verbaut, statt Einbauküchen aus Holz zu verwenden und im Nassbereich setzt man heute eher auf Linoleum statt auf Fliesen.

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