Lemgoer Parteien tasten sich wieder an die Wähler ran

Lemgo. An normale Parteiarbeit, geschweige denn so etwas wie Wahlkampf ist momentan nicht zu denken. Corona drückt der Politik gehörig den Stempel auf. In den sozialen Netzen im Internet laufen die Seiten der Bürgermeisterkandidaten daher ersatzweise heiß. Wie funktioniert Politik im Corona-Jahr? Die LZ hat sich dazu beim politischen Spitzenpersonal in Lemgo umgehört.

Ganz im Trend äußern sich CDU-Chef Claus Cieciera und Fraktionsvorsitzender Dr. Harald Pohlmann: Wahlkampf & Co. verlagern sich ins Internet. Vieles werde im Stadtverband der CDU inzwischen elektronisch geregelt – auch wenn jüngst ein Versammlungsfoto bei Facebook die Runde machte, das eine gute Handvoll Christdemokraten mit Bürgermeisterkandidat Markus Baier bei einer &bdquo;Teamsitzung" zeigte – Freiluft, mit Sicherheitsabstand satt, in einem Hof, die Scheunenwände plakativ mit Wahlwerbung bestückt.

&bdquo;Wir beschränken uns auf das Nötigste", schlussfolgert Pohlmann. Die Bürgersprechstunden bietet die CDU telefonisch an, auch SMS und Facebook stehen hoch im Kurs. Cieciera kündigt eine Neuerung an: &bdquo;In Kürze bieten wir Videokonferenzen an." Was bei der CDU noch aussteht, ist die förmliche Nominierung der Ratskandidaten – diese wurde auf den 4. Juni verlegt.

Sitzungen in kleiner Runde Die SPD hat die Fraktionssitzungen wieder aufgenommen, zunächst nur im kleinen Kreis der Ratsmitglieder, inzwischen aber auch wieder inklusive der Sachkundigen Bürger, also in der großen Runde. Der Sitzungssaal im Rathaus am Marktplatz sei groß genug.

Darüber hinaus tagen die Genossen virtuell – wegen des Wahlkampfs mindestens wöchentlich. Die Partei habe die erste strikte Corona-Pause genutzt, um vieles zu organisieren. &bdquo;Jetzt können wir uns auf die thematische Arbeit konzentrieren", ist Baer sicher. Bei der Bürgersprechstunde ist die SPD zum alten, persönlichen, Format im Büro zurückgekehrt. Der Redebedarf der Menschen aufgrund der Verunsicherung sei groß. Bei den Kandidaten ist die SPD schon durch – alle wurden am 12. März gewählt. Allerdings bedauert der Fraktionschef, dass der Wahlkampf vermutlich unpersönlicher werde als in vergangenen Runden.

Bei den &bdquo;Bürgern für Lemgo" (BfL) sind seit Ende April wieder Fraktionssitzungen angesetzt, in der Feuerwache. Trotz der Einschränkungen steht nach Angaben von Fraktionschef Wolfgang Sieweke das Wahlprogramm weitestgehend – es muss aber ebenso noch verabschiedet werden wie das Team, das in den Stadtrat will. In diesen Tagen plant die BfL, dazu in einem ausreichend großen gastronomischen Betrieb (allerdings ohne Bewirtung) zu tagen.

In Sachen Wahlkampf hofft Sieweke ganz klar auf mehr Menschlichkeit: &bdquo;Die Verlagerung auf Briefpost, Plakate und in die sogenannten Sozialen Medien wäre mehr als unbefriedigend", sagt der Fraktionsvorsitzende. &bdquo;Wir wünschen uns die baldige Rückkehr zu normalen Verhältnissen."

Für die Grünen zahlt sich nach Angaben von Fraktionsvorsitzendem Dr. Burkhard Pohl aus, dass die Partei schon länger in Webinaren, also digitalen Seminaren, zusammengearbeitet habe. Er sehe in der Corona-Krise allerdings auch Fragezeichen für die gesunde Demokratie: &bdquo;Die Streichung vieler Ausschüsse bedeutet einen zeitweisen Verlust an Mitsprache", mahnt Pohl.

Keine faire Wahl im Herbst möglich? Unter den jetzigen Bedingungen könne er sich keine faire und chancengleiche Wahl im Herbst vorstellen. Zwar würden die Grünen in Lemgo ihre Kandidaten sobald wie möglich nominieren, allerdings meint Pohl, dass die Corona-Bedrohung &bdquo;Menschen aus Risikogruppen davon abhalten wird, sich politisch zu betätigen." Natürlich setzt Bürgermeisterkandidatin Dr. Katharina Kleine Vennekate dessen ungeachtet auf die Möglichkeiten im Internet.

Die FDP legt Wert auf den persönlichen Kontakt. Inzwischen steht den Liberalen für Versammlungen ebenfalls der Ratssaal zur Verfügung – zuvor sei im Kreis der zwei Ratsmitglieder gearbeitet worden. &bdquo;Wir denken aber auch über Telefon- und Videokonferenzen nach", sagt Fraktionschefin Barbara Schiek-Hübenthal. Kandidaten für die Kommunalwahl hat die FDP im Februar bereits aufgestellt.

In einer komfortablen Lage ist &bdquo;Soziales Lemgo" – als Zwei-Mann-Fraktion. Udo Golabeck und Marcus Graeve haben sich erst jüngst von der SPD abgespalten, als Duo im Büro die Themen zu beraten, sei kein Problem. Wie Grünen-Chef Pohl wünscht sich Golabeck auch, dass die Fachausschüsse tagen. Gesprächsthema Nummer eins mit den Bürgern sei die Belastung der Eltern durch Einschränkungen bei Kitas und Schulen.

Bei &bdquo;Einfach Lemgo" (EL), finden die Sitzungen online per Video statt, schon vor Corona galt das überwiegend für die Bürgersprechstunde. Auch im Wahlkampf werde &bdquo;Einfach Lemgo" in den Sozialen Netzen präsent sein. &bdquo;Trost und Hoffnung kann man aber am besten von Mensch zu Mensch spenden", hofft Fraktionsvorsitzender Fritz Steinke auf weitere Lockungen. Die Beschlüsse für die Kandidaten seien bei EL bereits im Februar unter Dach und Fach gebracht worden. &bdquo;Unsere Hausaufgaben sind gemacht", sagt Steinke.

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