Lemgo. Gerade Städte sind durch den sogenannten "Urban Heat Island"-Effekt (UHI) betroffen, was eine Aufheizung von städtischer Bebauung gegenüber der Umgebung bezeichnet. Aus diesen Gründen wird es für Kommunen zunehmend wichtiger, sich um ein angenehmes Mikroklima in ihren Innenstädten zu bemühen, damit diese auch in Zukunft an warmen Tagen ungefährliche und lebenswerte Orte zum Wohlfühlen bleiben. Um entsprechende Maßnahmen genauer planen zu können, ist hierzu die Kenntnis von Umweltgrößen wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit lokal in einzelnen Straßenzügen relevant.
Zur Vermessung dieses Mikroklimas haben die vier Studenten Pia Sophie Kühn, Tobias Langsch, David Wiens und Timon Wiens aus dem Fachbereich Elektrotechnik und Technische Informatik im Rahmen einer Projektarbeit in diesem Sommersemester an der Technischen Hochschule OWL (TH OWL) unter der Leitung von Dr. Nils Beckmann sowie Prof. Dr. Johannes Üpping mobile Messgeräte aufgebaut und programmiert. Um Daten nicht nur an einem Ort aufnehmen zu können wie beispielsweise mit stationären Wetterstationen, mussten entsprechende tragbare Geräte erst neu entwickelt werden, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der TH.
Messungen möglichst unabhängig von der Sonneneinstrahlung
"Wir haben über Wochen verschiedene Hardware-Aufbauten getestet, bis ein kompaktes und funktionelles Design gefunden war, konnten aber auf Vorarbeiten aus vorigen Semestern aufbauen", wird Tobias Langsch zitiert. "Zusätzlich haben wir in Testmessungen die Messgenauigkeit überprüft und den Einfluss von Faktoren wie unter anderem Sonnenstrahlung sowie Wind abgeschätzt. Wir haben den Temperatursensor unseres Messgeräts gerätebaulich beschattet, damit wir die Lufttemperaturen möglichst unabhängig von der Sonneneinstrahlung messen konnten", ergänzt David Wiens.

"Dann wurden verschiedene Routen durch das Lemgoer Stadtgebiet geplant. Wir wollten zu denselben Zeitpunkten Lufttemperaturen an verschiedenen Bebauungssituationen und Biotopen messen, die für die Lemgoer Bürger und die Stadt von Interesse sein könnten", beschreibt Timon Wiens. Ausgewählt worden seien neben der Innenstadt und der Wallanlage nebst Begaauen auch Pfade im Stadtwald, sowohl im intakten Wald als auch im abgestorbenen Fichtenwald.
Im Wald ist es deutlich kühler
"Es ist aus Studien bekannt, dass die Lufttemperatur im intakten, dichten (Ur-)Wald an heißen Tagen an die zehn Grad kühler sein kann als andere beschattete oder städtische Orte in der Umgebung", erklärt Beckmann weiter. Und tatsächlich: "In der Messung vom 5. Juni zwischen 16.30 und 18 haben wir einen maximalen Kühlungseffekt im dichten Stadtwald (etwa 21 Grad) von mindestens vier Grad und bis zu sieben Grad gegenüber der Innenstadt oder der Umgehungsstraße (etwa 28 Grad) feststellen können."
Aber auch die begrünten Umgebungen wie die Wallanlage (außer der Lindenwall im Süden, der vor wenigen Jahren abgeholzt wurde), Abteigarten, Staffpark oder das Braker Schloss sowie Felder wiesen messbar um einige Grad kühlere Temperaturen auf", beschreibt Pia Sophie Kühn, die die Daten statistisch ausgewertet hat. "An den darauffolgenden warmen Juli-Tagen war dieser Kühlungseffekt vermutlich noch größer und der UHI-Effekt noch deutlicher bemerkbar. Wetterportale würden solchen lokalen Temperaturunterschieden in der Regel nicht gerecht.
Team gibt Empfehlungen
"Es gibt diverse städtebauliche Maßnahmen, durch die das Mikroklima in Städten verbessert und der UHI-Effekt reduziert werden kann. Insbesondere zählt dazu die Begrünung durch Bäume. Diese haben durch Abschattung und Verdunstung einen kühlenden Effekt auf die Umgebung. Weiterhin kann auf verbesserte Luftzirkulation in Straßenzügen geachtet werden und auch das Anlegen von Grünanlagen sowie Bachläufen kann unterstützen", spricht das Team entsprechende Empfehlungen aus der Literatur aus.
Das Projekt werde weitergeführt und neben gerätebaulichen Optimierungen sollen Messungen auch an anderen Tagen und Jahreszeiten sowie in weiteren Biotopen und Stadtteilen durchgeführt werden, damit ein umfassenderes Bild der klimatischen Situation Lemgos erstellt werden könne. Auch wenn aktuell kein Messvorhaben geplant sei, können sich interessierte Bürger unverbindlich als Helfer per Mail an nils.beckmann@th-owl.de anmelden, um in der Zukunft beim Ablaufen von Routen ehrenamtlich zu unterstützen, heißt es abschließend.