Azubis aus Ghana sind nach Lemgo gekommen, um zu bleiben

Lemgo. Deutsch als Fremdsprache zu lernen, das ist eine Herausforderung, weiß Patrick Ofori Andoh aus eigener Erfahrung – &bdquo;aber man kann das schaffen“. Der 28-jährige Ghanaer benutzt die Sprache der Mathematik, um zu beschreiben, was es für ihn heißt, Deutsch zu sprechen: &bdquo;Es gibt viele Regeln, und bevor man etwas sagt, muss man alles im Kopf berechnen.“ Welcher Artikel ist der richtige, welche Verbform ist gefragt? &bdquo;Schwierig, aber interessant“, bestätigt sein Kollege Emmanuel Bilson (32). Die beiden sind nach Deutschland gekommen, um bei der Lemgoer M-Group ihre Ausbildung zu machen. Im August ging es los. Ein vielversprechender Beginn, wie sowohl die Azubis als auch der Arbeitgeber sagen.

Das Unternehmen aus dem Bereich Feuerfesttechnik geht einen ungewöhnlichen und wohl bundesweit einzigartigen Weg, um dem Azubi-Mangel Paroli zu bieten: Mit Unterstützung der deutschen Auslandshandelskammer in Ghana hat die M-Group fünf Männer aus dem afrikanischen Ghana dafür gewonnen, in Lemgo eine Ausbildung zum Feuerungs- und Schornsteinmaurer zu beginnen (die LZ berichtete). &bdquo;Unser Ziel ist die Übernahme“, sagt Leonie Röpke, Juniorchefin der M-Group. Soll heißen: Das Unternehmen will die Ghanaer nach Ende der Ausbildung möglichst weiterbeschäftigen.

Sehr gutes Feedback Denn die Zahl der Bewerbungen für die Ausbildungsstelle war zuvor niederschmetternd gering – sie lag bei null. Und: Das Ghana-Projekt des Unternehmens ist gut angelaufen, rund drei Monate nach dem Start der eigentlichen Ausbildung gebe es &bdquo;sehr gutes Feedback“ vom Ausbildungszentrum der Bauindustrie in Oberhausen, wo die fünf Männer zurzeit mit anderen Lehrlingen die beruflichen Grundlagen wie das Mauern, das richtige Anrühren von Mörtel und den Umgang mit Werkzeug lernen.

Die Ausbildung dauert drei Jahre und ist in Blöcke aufgeteilt. Zum Aufenthalt in Oberhausen, wo die Azubis unter der Woche auch wohnen, kommen die Blöcke in der Berufsschule in Gelsenkirchen und die Zeit im Betrieb. An den Stationen im Ruhrgebiet haben die Azubis ein &bdquo;Internatsleben“ mit diversen Freizeitmöglichkeiten, sagt Leonie Röpke, in Lemgo hat das Unternehmen für sie ein Haus im Blumenviertel gekauft. Und ein Sommerfest organisiert, von dem Patrick Ofori Andoh und Emmanuel Bilson, derzeit in Lemgo, bei einer Unterbrechung der Arbeit an der Werkbank berichten. Nachbarn und Kollegen waren da, erzählt Patrick Ofori Andoh, und sogar Bürgermeister Markus Baier habe vorbeigeschaut.

Neue Freunde hätten sie gewonnen, neue Erfahrungen gemacht. &bdquo;Die Ausbildung ist ein bisschen anders als in Ghana. Dort macht man alles in derselben Schule, hier ist man an verschiedenen Orten.“ Tatsächlich haben alle fünf afrikanischen Azubis in ihrer Heimat bereits eine Ausbildung absolviert und gearbeitet. Emmanuel Bilson arbeitete für verschiedene Firmen im Schiffbau, Patrick Ofori Andoh ist Hydraulikspezialist. Deshalb – und das gehört auch zur Wahrheit – wäre es ihnen lieber gewesen, die Ausbildung würde für sie schneller gehen. Aber vielleicht bleibt Raum, noch mehr Sicherheit in der Sprache zu gewinnen. Denn obwohl es mit dem Deutschen gut läuft: Fachvokabular ist immer eine Herausforderung.

Richtig oder falsch? Dass sie es ernst meinen mit dem Beruf, haben sie schon gezeigt, als sie noch in Ghana einen achtmonatigen Deutschkurs bis zum Niveau B1 absolviert haben. Im Februar 2025 ging’s dann nach Deutschland, es folgten Praktika in verschiedenen Lemgoer Firmen – vom Bauernhof Wehmeier bis zu Kramp & Kramp.

Und das Leben in Deutschland? Ja, es seien viele Regeln, die es in Deutschland zu beachten gebe, und dabei geht es nicht nur um die Mülltrennung, sondern beispielsweise auch ums Autofahren. &bdquo;Man muss immer überlegen: richtig oder falsch?“, erzählt Patrick Ofori Andoh, ist sich mit Emmanuel Bilson aber einig: &bdquo;Ich finde das gut.“ Denn es sei ja sinnvoll, dass nicht jeder überall so schnell mit dem Auto durch die Gegend fahren dürfe, wie er wolle.

Erwartungsgemäß finden die Männer, dass es beim Wetter Luft nach oben gebe. Doch an den Regen und die Kälte könne man sich ebenfalls gewöhnen. Überhaupt hätten sie bislang überwiegend gute Erfahrungen mit der Gastfreundschaft der Menschen in Deutschland gemacht. Vielleicht lindert es den Schmerz, von Freunden und der Familie in der Heimat getrennt zu sein. Übrigens hat nicht nur die M-Group als Ziel die Übernahme – die Ghanaer haben ebenfalls das Ziel, in Deutschland zu bleiben.

Beide beschäftigen sich intensiv mit ihrer neuen Heimat. Patrick Ofori Andoh hat sich mit der Zeitungslandschaft in Deutschland befasst: &bdquo;Ich habe festgestellt, dass es hier viele regionale Zeitungen gibt.“ Wie die LZ. Ist nach Dortmund gereist, hat dort eine Brauerei besichtigt. Für Emmanuel Bilson war der Neuanfang in OWL sogar ein Glückstreffer. Denn seine ebenfalls aus Ghana stammende Freundin, erzählt er, studiere in Paderborn. In seiner Freizeit ist er deshalb meistens in der Paderstadt zu finden. Er lächelt: &bdquo;Es ist gut, dass ich auch hier bin.“

Influencer beeindruckt Nicht nur bei der Auslandshandelskammer in Ghanas Hauptstadt Accra hat das Vorhaben Gehör gefunden. Im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekts reisten fünf ausgewählte Influencer nach Deutschland. Ihr Ziel war es, jungen Ghanaerinnen und Ghanaern Perspektiven für eine Lehre in Deutschland zu zeigen.

Digitalexperte Edward Asare, einer der Reiseteilnehmer, zeigte sich gegenüber der LZ beeindruckt: &bdquo;Das Projekt ist inspirierend. Es schafft echte Wege für junge Ghanaer, Fuß zu fassen und zur Stärkung der deutschen Wirtschaft beizutragen.“ Die Atmosphäre und das von Möller organisierte Umfeld hätten ihn positiv beeindruckt: &bdquo;Man spürte die große Sorgfalt, mit der alles organisiert wurde – ein Zeichen für Partnerschaft.“

Auch Reisejournalist und Produzent Kofi Dotse betont die gesellschaftliche Relevanz: &bdquo;In Ghana fehlt oft die Anerkennung für handwerkliche Berufe. Es ist ermutigend zu sehen, wie Deutschland diese Talente willkommen heißt.“ Die Verbindung zwischen jungen Fachkräften und Firmen sei ein Signal für nachhaltige Entwicklung.

An Lemgo lobten beide die &bdquo;offene, zukunftsgewandte Atmosphäre“ (Asare). Dotse: &bdquo;Ich mag Lemgo – ein idealer Ort für junge Menschen.“

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