Tierschutz: So werden Katzen in Lüerdissen gerettet

Lemgo-Lüerdissen. Ganz scheu aber neugierig und wahrscheinlich auch hungrig beobachtet die Katze unter einem Gebüsch sitzend die Szene: Daniela Klöpperpieper und Sonja Allington vom Verein "Unsere Hände für viele Pfoten" befüllen gerade die Näpfe mit frischem Katzenfutter, die sie anschließend an einem Futterplatz, etwas versteckt hinter einer Hecke, abstellen. Dann heißt es warten. Die Katze mit dem schönen Schildpattmuster wartet noch etwas, bis die zwei Frauen sich weiter entfernt haben. Dann - ganz plötzlich - läuft sie schnell zu den Näpfen und gesellt sich zu einer jüngeren hellen Katze, die bereits frisst.

"Die beiden wollen wir demnächst einfangen und kastrieren lassen", sagt Daniela Klöpperpieper. Täglich kommen die Tierschützer des Vereins an diese Stelle in Lüerdissen, um die Katzen zu füttern. Denn gerade hier gibt es laut dem Verein viele wild lebende und unkastrierte Katzen. "Sie wissen schon, dass wir kommen und teilweise warten sie bereits", führt Sonja Allington aus. Bislang hätten sie jedoch nur einen Bruchteil zu Gesicht bekommen. "Wir vermuten, dass sich hier noch viel mehr aufhalten", berichtet Klöpperpieper.

Trübe Augen und Madenbefall Anfang Juli seien in dem kleinen Ort die ersten Kitten gesichtet worden. Daraufhin sei mit Erlaubnis der Grundstücksbesitzer die Futterstelle eingerichtet worden, eine von mehreren im Kreis. In dieser Zeit hätten die Ehrenamtlichen schon viel Leid gesehen. Alle eingefangenen Katzen würden zunächst tierärztlich untersucht. Die, bei denen es möglich wäre, würden kastriert. Einige hätten jedoch auch erlöst werden müssen. Die Tierschützerinnen zeigen Fotos, auf denen das ganze Elend sichtbar wird. Kleine kranke Katzenbabys mit trüben und verschmierten Augen. Teilweise sind sie von Maden befallen. Dann gibt es wieder Fälle, in denen Tiere gerettet werden können, wie die drei kürzlich gesicherten Kitten, die auf einer Pflegestelle untergekommen sind .

Insgesamt sei die Situation derzeit besonders schlimm. Die Tierheime vermelden Aufnahmestopps, Vereine und Pflegestellen seien ebenfalls am Limit. "Die in ganz OWL ausufernden Katzenpopulationen werden von allen Tierschutzorganisationen beklagt", teilt Marianne Rautenberg, Vorsitzende des Vereins "Unsere Hände für viele Pfoten" mit. Inzwischen gebe es nicht mehr nur die Frühjahrs- und Herbstkätzchen - teilweise käme eine Katze inzwischen auf bis zu vier Würfe pro Jahr.

Katzen müssen kastriert werden Dabei gibt es im Kreis Lippe seit knapp einem Jahr eine Kastrationspflicht. Das bedeutet, dass Halter von Freigängerkatzen ihre Tiere kastrieren und kennzeichnen lassen müssen, reine Wohnungskatzen ausgenommen, ansonsten kann ein Bußgeld (bis zu 1000 Euro) verhängt werden. Die "Verordnung zum Schutz freilebender Katzen im Kreis Lippe" wurde auf den Weg gebracht, um der seit Jahren bestehenden "Katzenschwemme" Herr zu werden, heißt es dazu vom Kreis.

Die Tierschützer monieren jedoch, dass vonseiten der Behörden zu wenig gegen das Problem unternommen würde. So gebe es vom Ordnungsamt der Stadt Lemgo beispielsweise keine Unterstützung. Die Stadt teilt dazu mit, dass das Ordnungsamt nicht für die Durchsetzung der Kastrationspflicht zuständig sei, das sei Sache des Kreises. Von einem Problem speziell in Lüerdissen sei nichts bekannt, wild lebende Katzen gebe es im Stadtgebiet aber an mehreren Stellen.

Aus der Pressestelle des Kreises heißt es: "Regelmäßig werden vermeintliche Verstöße gegen die Katzenschutzverordnung gemeldet. Jedem dieser Fälle wird nachgegangen." Das Problem: Angebliche Verstöße könnten in vielen Fällen nicht nachgewiesen werden oder sie seien nicht konkret genug. Sechs Tierschutzvereine, die sich aktiv dafür engagieren frei lebende Katzen kastrieren zu lassen, würden zudem vom Kreis jährlich mit 3000 Euro unterstützt.

Leichtfertig angeschaffte Tiere In Lüerdissen versuchen die Tierschützer indes, weitere Katzen einzufangen. Sie hätten ein Grundstück ausgemacht, auf dem sich besonders viele Katzen aufhielten, da sie hier Futter fänden. Das Gelände dürften sie jedoch nicht betreten. Das Veterinäramt sei verständigt worden. Zu konkreten Fällen äußert sich dieses aus Datenschutzgründen jedoch nicht, erklärt Patrick Bockwinkel, Pressesprecher des Kreises Lippe.

Abschließend appelliert der Kreis an die Verantwortung, die jeder übernimmt, der sich ein Tier anschafft. Um dem Problem nachhaltig entgegenzutreten, "kommt es aber auch auf die Mitmenschen und die grundsätzliche Haltung zu (Haus)Tieren an: Dass es derzeit eine noch nicht dagewesene Überpopulation an Katzen gibt, ist wahrscheinlich auch darauf zurückzuführen, dass sich viele in der Corona-Zeit zu leichtfertig ein Haustier angeschafft haben." Keinesfalls dürften diese Tiere einfach ausgesetzt werden.

Infos zur Kastrationspflicht Erhält das Veterinäramt des Kreises Lippe Hinweise auf Verstöße gegen die geltende Kastrations- und Kennzeichnungspflicht würden Vor-Ort-Ermittlungen durchgeführt und das Gespräch mit den betroffenen beziehungsweise beschuldigten Personen gesucht, heißt es aus der Pressestelle des Kreises. Halterinnen und Halter würden über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Katzen aufgeklärt und es werde ihnen Info-Material zur Verfügung gestellt. "Wenn ein Verstoß vorliegt, fordert das Veterinäramt die Halterinnen und Halter des Tieres dazu auf, ihrer Kennzeichnungs- und Kastrationspflicht nachzukommen und in der Folge entsprechende Nachweise vorzulegen", heißt es. Werde dem nicht nachgekommen, kann ein Bußgeld, bis zu 1000 Euro, verhängt werden. Dies sei bislang aber noch nicht geschehen. Darüber hinaus habe das Veterinäramt auch die Möglichkeit, die Tiere kastrieren und kennzeichnen zu lassen und die Kosten den Halterinnen und Haltern in Rechnung zu stellen. Die Ordnungsbehörden der Städte und Gemeinden seien dagegen für &bdquo;Fundkatzen“ zuständig.

Tierschutz: So werden Katzen in Lüerdissen gerettet

Kastrationspflicht für Katzen in Lippe: Ein Schritt gegen die Überpopulation?

Katzen-Kastration: Lemgo warnt vor bis zu 1000 Euro Strafe

Tierschutz-Ära endet: Vereinsgründerin Marianne Rautenberg gibt in Lage Vorsitz ab

Katze kastrieren lassen - ist das unbedingt nötig?

Warum diese kleinen Katzenkinder aus Bad Salzuflen großes Glück hatten

Waschbär-Junges in Lemgo getötet: Lippische Tierschützer erstatten Anzeige

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €