Leerstand: Stadt kauft wichtige Immobilie in der Lemgoer Innenstadt

Lemgo. Ein Objekt in bester Lage, doch niemand will es haben: Seit knapp 20 Jahren steht Boedekers Scheune am Lippegarten leer. Brauhaus, Markthalle, Nachbarschaftscafé: Es gab viele Ideen für die Immobilie, doch alle sind gescheitert. Jetzt hat die Stadt Scheune samt Vor- und Anbau gekauft - als Zwischenerwerb, um sie weiterzuverkaufen. Eine durchaus umstrittene Entscheidung.

Für Carsten Steinmeier (Fraktionschef CDU/Aufbruch C) zumindest ist klar: Es war die falsche Entscheidung und so habe sich die CDU dann auch gegen den Kauf gestemmt, war aber in geheimer Abstimmung im vergangenen Jahr gescheitert. Mit knapper Stimmenmehrheit hatte sich letztlich der Antrag von SPD und Grünen in der nicht-öffentlichen Sitzung durchgesetzt: Kauf der unter Denkmalschutz stehenden Immobilie. Das weitergehende Konzept der Verwaltung, als Stadt selbst als Investor einzusteigen, fand keine Mehrheit. Das war der Politik dann doch zu riskant.

Konzept vorgeben Im vergangenen Jahr kaufte die Stadt die Immobilie von der Besitzerin in Süddeutschland und musste dafür laut LZ-Informationen 388.000 Euro löhnen. Gutachten zur Immobilie liegen bereits vor, jetzt arbeitet die Stadt an einer Konzeptausschreibung, um das Objekt bestmöglich zu vermarkten. Dabei habe sie auch auf Fördermittel des Landes zurückgreifen können, wie Bürgermeister Markus Baier auf Nachfrage erklärt. Die stünden für die Kosten zur Verfügung, die bis zum Wiederverkauf anfallen, wie etwa Notarkosten oder auch Sicherungsmaßnahmen.

Doch was kann die Stadt besser machen als die Immobilienbesitzerin, schließlich ist das Haus seit Jahren erfolglos auf dem Markt? Zumindest könne die Stadt durch die sogenannte Konzeptausschreibung Ideen und Vorgaben für die weitere Entwicklung geben, so der Bürgermeister. Vieles könne er sich vor Ort vorstellen, und sicherlich sei es sinnvoll, im Sinne der Investoren nicht zu viele Vorgaben zu geben.

Boedekers Scheune samt Vorhaus steht fast komplett unter Denkmalschutz. Nicht betroffen davon ist hingegen der kleine Flachdach-Anbau (Hausnummer 129) aus den 1970er Jahren. Hier, so die Überlegung, könnte es zum Beispiel einen Neubau geben, Gespräche mit der vormaligen Besitzerin aber seien in der Vergangenheit gescheitert.

Grundstück von Wert Die Gefahr, auf der Immobilie sitzen zu bleiben, wie sie die CDU sieht, hält der Bürgermeister für überschaubar, schließlich sei die Lage am Lippegarten sehr attraktiv. &bdquo;Durchaus ein Liebhaberobjekt. Doch ich bin da zuversichtlich.“

Das sieht auch Alexander Baer ganz ähnlich. Der Fraktionschef der SPD spricht von einem strategisch wichtigen Objekt in der Innenstadt. Es sei wichtig, auf die weitere Gestaltung gerade an diesem zentralen Ort einzuwirken, auch um für noch mehr Frequenz in der Innenstadt zu sorgen. Medizinisches Versorgungszentrum, eine Nutzung für Schule oder Verwaltung, zählt er nur einige der Möglichkeiten auf.

Über Jahre hat der Landtagsabgeordnete als Immobilienmakler gearbeitet. &bdquo;Der Bodenrichtwert ist so hoch (Anm. der Red.: 770 Euro pro Quadratmeter) , dass es vom Wert her für einen Investor interessant ist, das Objekt zu kaufen“, ist Baer überzeugt und ja, &bdquo;die Chancen überwiegen. Als Makler hätte ich mir durchaus zugetraut, das Objekt gut zu verkaufen“.

Auch Dr. Burkhard Pohl (Fraktionschef der Grünen) hält es für wichtig, dass die Stadt als &bdquo;Herrin des Verfahrens“ auf die weitere Entwicklung dieses &bdquo;wichtigen Bausteins“ in der Innenstadt Einfluss nimmt. &bdquo;Wir müssen da endlich weiterkommen“, verweist Pohl auf die vielen Gutachten und im Sande verlaufenden Ideen und hätte sich schon in den vergangenen Jahren mehr Initiative von der Stadt gewünscht.

Auch ehemalige Commerzbank einbeziehen Eine sinnvolle Planung sei nötig, auch unter Einbeziehung des gegenüberliegenden ehemaligen Commerzbank-Gebäudes. Dr. Pohl fände eine kulturelle oder gastronomische Nutzung spannend. Wolfgang Sieweke (Bürger für Lemgo) könnte sich hingegen Wohnbebauung oder auch bei einer einfacheren Lösung die Scheune als Veranstaltungsraum vorstellen. Wichtig für Sieweke: &bdquo;Die Stadt sollte denkmalpflegerische Kompromissbereitschaft zeigen, um eine wirtschaftliche Nutzung zu ermöglichen.“

Und das weitere Vorgehen: Derzeit werde mit der Denkmalbehörde noch austariert, was vor Ort möglich ist, so Bürgermeister Markus Baier. In Folge könnte dann ab Frühjahr/Sommer die Vermarktung mit Ausschreibung im moderierten Verfahren starten. Altbau-Experten, die sich mit Denkmälern auskennen, sieht er ebenso wie die Fraktionschefs als mögliche Käufer - und von denen hat Lemgo ja einige zu bieten.

Viele Ideen um Boedekers Scheune Die Boedeker-Scheune an der Leggestraße steht samt angegliedertem Wohnhaus (Mittelstraße 127) in großen Teilen unter Denkmalschutz. Das Ensemble am Lippegarten wurde im 15. Jahrhundert gebaut, das Vorderhaus Ende des 18. Jahrhunderts ist fast völlig erneuert. Im 19. Jahrhundert dienten Haus und Scheune als Färberei und wurden auch landwirtschaftlich genutzt.

Der nicht unter Denkmalschutz stehende Anbau (Mittelstraße 129) kam in den 1970er Jahren hinzu. Anbau und Vorderhaus wurden zuletzt als Geschäftsräume genutzt, stehen mittlerweile aber schon lange leer, die Scheune selbst wurde 2007 zuletzt für ein Mehrgenerationen-Café genutzt. Seitdem gab es viele Ideen: Markthalle, Gastronomie, Einzug der Stadtbücherei waren dabei Thema, 2013 schien ein Projektentwickler gar den Durchbruch zu bringen. Brau- und Steakhaus wollte er dort umsetzen, doch auch dieses Projekt scheiterte. Im vergangenen Jahr hat das Objekt doch den Besitzer gewechselt. Die Stadt hat es von der in Süddeutschland lebenden Besitzerin gekauft.

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