Lemgo. Silja Gajtukiew will Hoffnung geben, in schwersten Zeiten, wenn Verzweiflung und Angst manchmal kaum noch zu ertragen sind. Sie selbst hat diese Zeiten durchgemacht und sich gesehnt nach einem Stück Trost und Zuversicht. Und ein bisschen davon hofft sie, anderen zu geben und hat dafür den Verein „mitHerz“ gegründet. Und dafür setzt sie auf ein besonderes Objekt: einen Stuhl, elegant und einfach zugleich, in Pink und mit Herz. Zusammen mit ihrem Mann Timur von Kwik designmoebel will sie ihn für den guten Zweck verkaufen. An das Eiscafé Venezia etwa, wo einer der ersten pinken Stühle steht, ebenso wie im Restaurant „meg“, in der Bäckerei Güttge oder auch im Korwes Reisebüro. „Ihr seid nicht allein“ „Überall dort, wo Menschen zusammenkommen, soll er ein sichtbares pinkes Zeichen sein: Ihr seid nicht allein“, erzählt die 37-Jährige. 200 Euro von jedem verkauften Stuhl gehen an den Verein und damit an die Krebspatienten. Schon bald, so hofft die Lemgoerin, werden die Stühle auch in Arztpraxen und Kliniken ihre Trost bringende Botschaft verkünden. Und das ist nötig, wie sie aus eigener Erfahrung weiß. Vor gut fünf Jahren wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert. 32 Jahre war die junge Mutter damals alt, die Kinder gerade ein und zwei Jahre. Eine Welt brach zusammen, erinnert sie sich an die Zeit, als alles ins Wanken geriet, die sicher geglaubte Zukunft in Trümmern schien. 16 Chemotherapie-Zyklen musste sie durchstehen, ihre langen Haare fielen aus, sie konnte kaum noch Nahrung aufnehmen, sich an manchen Tagen nur mühsam auf den Beinen halten, erinnert sie sich an schlimme Wochen und Monate - und das Erlebte verdunkelt noch heute ihren Blick. „Jeder Tag ein Kampf“ Noch immer ist da die Angst zu sehen, die sie damals fest umklammert hielt. „Es war wie im Film“, sagt sie, muss innehalten und schlucken. „Tag für Tag habe ich mich durchgequält und gekämpft.“ Ohne Ehemann Timur, ohne Familie und Freunde hätte sie es kaum geschafft. Und sie hat erfahren, wie wichtig Hilfe ist. Im Haushalt, mit den Kindern, bei Arztterminen und bei den vielen Absprachen mit Krankenkassen und Ämtern. Um die Haushaltshilfe etwa musste sie kämpfen, immer wieder mit der Krankenkasse diskutieren - und das zu einem Zeitpunkt, an dem sie selbst kaum noch die Kraft hatte, den Tag zu überstehen. „Du kannst nicht mehr und dann diese Bürokratie, immer wieder neue Anträge und unzählige Telefonate“, erinnert sie sich zurück - um die Kostenübernahme für Medikamente, für die Haushaltshilfe, für die Reha . . . „Oft dachte ich, ich schaffe das nicht mehr.“ Mittlerweile geht es ihr wieder gut, sie hat zu ihrem Optimismus zurückgefunden; und die Kraft will sie nutzen, um anderen Krebspatienten zu helfen. Schnelle Hilfe, wann und wo sie nötig ist Dafür hat sie vor gut einem Jahr mit Ehemann den pinken Stuhl mit Herz als Spendenprojekt initiiert und im April den Verein gegründet. Acht aktive Mitglieder sind sie mittlerweile im Verein „mitHerz“, „und fast alle haben mit dem Krebs eigene Erfahrungen gemacht“, erklärt Silja Gajtukiew den besonderen Zugang dieser Menschen. „Wir wissen, was die Diagnose bedeutet und wollen schnelle und unbürokratische Hilfe bieten.“ Dann etwa, wenn schnell ein Fahrdienst nötig ist, wenn die Kinder betreut werden müssen, wenn finanzielle Hilfe nötig ist oder es Diskussionen mit den Krankenkassen gibt. Denn nicht immer bekommen die Erkrankten die Unterstützung, die sie brauchen. Silja Gajtukiew erinnert sich noch gut, als es um die Reha mit der Familie ging. Für den Kleinsten war keine Betreuung vorgesehen, damit sollte der Mann mit dem Jüngsten zu Hause bleiben. „Dabei ist es gerade in solch einer Krise wichtig, dass die ganze Familie endlich zusammen ist.“ Oder bei der Perücken-Auswahl: Auch sie hat ihre langen schönen Haare während der Chemotherapie verloren, war fast nur noch mit Mütze unterwegs. „Andere brauchen eine Perücke und dann vielleicht eben das Modell, das die Krankenkasse nicht zahlen will. Da wollen wir unterstützen“, sagt sie und könnte unzählige weitere Beispiele nennen, „ganz wichtig, auf Wunsch können wir auch zu Arztterminen begleiten“. Stuhl in Arztpraxen Mit ihrem Verein „,mitHerz“ will sie Krebspatienten vor allem in Lemgo und Umgebung helfen. Und dafür setzt sie nicht nur auf den pinken Stuhl mit Herz, sondern will in den kommenden Wochen verstärkt auf potenzielle Sponsoren zugehen, Ärzte und Kliniken ansprechen und Flyer und Mitgliedsanträge verteilen. Der TBV Lemgo und auch die Sparkasse sind schon dabei, ebenso wie die Agenturen linea-weiss und „ähm“, die sich unentgeltlich engagieren. Und vielleicht, so blickt Silja Gajtukiew optimistisch in die Zukunft, werde es bald in vielen Praxen und Kliniken als Zeichen der Hoffnung auch einen pinken Herzstuhl geben. Wer Hilfe nach der Krebsdiagnose braucht, sollte den Kontakt über die Homepage zum Verein suchen. Und wer dem Verein „mitHerz“ Geld spenden möchte, sich als Mitglied engagieren will oder auch an einem Stuhl interessiert ist, ist dort ebenfalls richtig - um in schweren Zeiten ein pinkes Zeichen der Zuversicht zu setzen. Weitere Infos gibt es auf https://stuhlmitherz.de/