Pflegeverhältnis im Missbrauchsfall Lügde ging am Gesetz vorbei

Düsseldorf. Das Pflegeverhältnis zwischen dem Haupttäter im Fall des Kindesmissbrauchs von Lügde, Andreas V., und seinem Pflegekind, einem kleinen Mädchen, ist vom Landkreis Hameln-Pyrmont offenbar am Gesetz vorbei installiert worden. Und der eigentlich zuständige Kreis Lippe hat das Pflegeverhältnis nicht unterbunden, obwohl er davon wusste. Das ist besonders fatal, weil dieses Pflegeverhältnis, wie später herauskam, das kleine Mädchen zu einem der Hauptopfer des Pädokriminellen machte.

Laut Gesetz jedenfalls wäre das Jugendamt Lippe für die Genehmigung des Pflegeverhältnisses zuständig gewesen, hat diese Genehmigung aber nie erteilt. Und hätte sie auch nie erteilt, wie Karl-Eitel John, Fachbereichsleiter für die Bereiche Jugend, Kinder und Familie beim Kreis Lippe, vor dem Düsseldorfer Untersuchungsausschuss Lügde aussagte. &bdquo;Schon allein wegen der völlig ungeeigneten Wohnverhältnisse auf dem Campingplatz und der fehlenden wirtschaftlichen Grundlage für ein solches Verhältnis bei Andreas V., fügte John (67), der dem Jugendamt in Lippe seit zwölf Jahren vorsteht, hinzu.

Nach jetzigem Erkenntnisstand ist jedenfalls davon ausgehen, dass das Jugendamt des niedersächsischen Kreises Hameln-Pyrmont das Pflegeverhältnis am Kreis Lippe vorbei installiert hat. Im Sozialgesetzbuch VIII aber ist im Paragrafen 87a eindeutig festgelegt, dass für die Genehmigung eines Pflegeverhältnisses der Kreis zuständig ist, in dem die Pflegeeltern ansässig sind.

Warum das Hamelner Amt so handelte, bleibt unklar Im Fall von Andreas V., der seinen Wohnsitz auf dem Campingplatz in Lippe hatte, aber hat offenbar das Jugendamt Hameln-Pyrmont das Pflegeverhältnis ohne Kenntnis des Kreises Lippe installiert. Warum die Hamelner Behörde nicht nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches handelte und ob sie vielleicht glaubte, die bräuchte eine solche Genehmigung nicht, weil die Mutter den Wunsch geäußert hatte, ihr Kind solle bei Andreas V. aufwachsen, und warum sie das Pflegeverhältnis dem Kreis Lippe nicht wenigstens mitteilte, bleibt unklar – auch weil die Mitarbeiter der niedersächsischen Behörde sich nach wie vor weigern, vor dem Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags auszusagen. Übrigens auch der damalige Leiter des Jugendamtes Hameln, Andreas Kopp, der über seinen Anwalt Jens Ebert (Holzminden) dem Ausschuss erst vor wenigen Tagen mitteilen ließ, dass er von seinem &bdquo;umfänglichen Auskunftsverweigerungsrecht" Gebrauch machen werde.

Jedenfalls erfuhr der Kreis Lippe wohl nur zufällig von dem &bdquo;offiziellen" Pflegeverhältnis, weil die Polizei es in einer Information an die Blomberger Außenstelle des Jugendamtes Lippe im April 2017 erwähnte. John ließ die Frage, warum das Jugendamt Lippe nicht gegen das Pflegeverhältnis vorgegangen sei, als es davon erfuhr, letztlich unbeantwortet. Er sagte lediglich, seine Mitarbeiter seien offenbar davon ausgegangen, dass die Hamelner Behörde die Verhältnisse auf dem Campingplatz im Blick gehabt habe.

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