Kloster Falkenhagen: Erst kam das Feuer, dann die Pest

Lügde-Falkenhagen. In einer Zeit rastloser Betriebsamkeit empfinden viele Menschen Klöster als Oasen der Ruhe. Die klösterliche Abgeschiedenheit ermöglicht es, das eigene Lebenstempo zu entschleunigen und der Seele Zeit zu lassen, zu sich selbst zurückzukehren. Soweit, so ruhig. Die meisten Menschen dürften das Wort Kloster mit dem katholischen Glauben in Verbindung bringen. Und oft hören Klöster auf Frauennamen: St. Hildegard oder Maria Laach. Indes: Es geht auch anders. Wo? In Falkenhagen, einem Lügder Ortsteil kurz vor Niedersachen, am Fuße des Köterbergs.

Dort steht eine Klosterkirche evangelischer Natur. Einer, der seinen Arbeitsplatz inmitten der alten Gemäuer hat, ist Pfarrer Dietmar Leweke. Seine postalische Adresse gleicht dem Amtssitz: Kloster Falkenhagen 7. Leweke zählt für die LZ gleich mal auf, für welchen geografischen Raum Falkenhagen 7 zuständig ist: Hummersen, Köterberg, Niese, Rischenau, Biesterfeld, Hünkergrund, Sabbenhausen, Wörderfeld, Elbrinxen, Ratsiek und Henkenbrink. In manchen Dörfern würde er die konfessionelle Struktur zwischen Katholiken und Protestanten auf 50:50 tippen. In Niese beispielsweise.

Elbrinxen übrigens hat selbst eine steinalte Kirche, aber das Dorf fusionierte mit Falkenhagen rein kirchenrechtlich 2021. Erwähnenswert in der Weite des Landstrichs ist zudem, dass es in Lügdes Kernstadt oder Sabbenhausen ebenfalls katholische Kirchen gibt. Gleiches gilt für Falkenhagen selbst, und zwar gefühlte 100 Meter Luftlinie von der Klosterkirche entfernt. So viel Religion - und mittlerweile immer weniger Gläubige.

Schulden wie Hundehaare Blütezeit des ganzen Klosterlebens in Falkenhagen soll, so Leweke, um das Jahr 1500 gewesen sein. &bdquo;Im August 1479 brannten die gerade fertig gestellten Wirtschaftsgebäude ab. Und im Sommer 1484 starben 29 Mönche an der Pest. Trotzdem war das Kloster wenige Jahre später wirtschaftlich autark.“

Die Auswirkungen der Reformation gingen natürlich auch an Falkenhagen nicht spurlos vorbei. In der Geschichte finden sich Aussagen wie: Graf Bernhard VIII. zur Lippe wollte das Kloster auflösen, der Paderborner Bischof Rembert von Kerssenbrock leistete Widerstand. Und doch ging es ans &bdquo;Eingemachte“. 1596 war das Kloster nicht mehr zu halten - Schulden wie Haare auf dem Hund hatte man damals. Mönche mussten das Kloster später verlassen.

Heute ist die Klosterkirche Falkenhagen ein Ort der Gottesdienste für Pfarrer Leweke, der direkt nebenan seine Wohnung mit seiner Frau Reinhild hat. Trifft man sich sonntags nicht in Falkenhagen, ist Elbrinxen das Ziel. Unterm Strich, so der Pfarrer, der vor zehn Jahren von Augustdorf ans andere Ende von Lippe wechselte, stehen auf dem Papier rund 2200 Gemeindeglieder, verteilt auf die genannten Orte und Höfe.

Überall Denkmalschutz Die Fusion mit Elbrinxen sei schon ob des Verteilungsschlüssels für Pfarrstellen alternativlos gewesen. &bdquo;Wir haben uns dafür Zeit gelassen und deshalb hat es am Ende auch funktioniert“, sagt Leweke. Im Pfarrhaus ist im Erdgeschoss übrigens Raum für Gemeindearbeit und der Arbeitsplatz von Silke Wienke. Auch Küster Udo Böhm gehört in dem Komplex quasi zum Inventar.

Ansonsten verfügt das Anwesen noch über ein Kötterhaus, in dem Jugendarbeit angeboten wird. Das steht 100 Meter hinter der Kirche und ist ein Fachwerkgebäude. Der Denkmalschutz guckt also fast überall um die Ecke. Und obwohl Falkenhagen eine Vergangenheit in Kutte nachweisen kann, gehört heute alles rein rechtlich zur evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Elbrinxen-Falkenhagen und somit zur Lippischen Landeskirche - dort liegen also die Entscheidungswege beim Verteilen der Kirchensteuer und bei den Unterhaltungsmaßnahmen am Gemäuer.

Weniger Taufen als Sterbefälle Leweke: &bdquo;Wir haben seit 20 Jahren weniger Taufen als Sterbefälle. Es ist also logisch, dass die Zahl unserer Gemeindemitglieder zurückgeht. Unabhängig von den Kirchenaustritten. Früher sind definitiv mehr Kinder geboren worden.“ Die Fläche rund um Falkenhagen macht das Gemeindeleben zudem nicht einfacher. &bdquo;Ich muss wie beispielsweise die Konfirmanden nahezu immer fahren, um von A nach B zu kommen. Diese Herausforderung haben Stadtgemeinden in Salzuflen, Lemgo oder Detmold natürlich nicht in dem Maße.“

Mit dem Rad von Niese nach Sabbenhausen sei fast undenkbar; vor 70 Jahren aber wohl üblich. Leweke: &bdquo;Damals kamen Menschen sogar mit dem Schlitten zum Gottesdienst.“Der Job des Pfarrer indes ist vergleichbar mit dem in einer städtischen Gegend: Besuche bei Geburtstagen, Trauungen, Beerdigungen, Taufen, Vorgespräche oder mal ein Open-Air-Gottesdienst. In diesem Sommer geht Leweke wieder mit seinem Kirch-Café auf Rädern on Tour. &bdquo;Mit dem Waffeleisen in einen Ort, beispielsweise zum Glockenturm nach Sabbenhausen oder nach Rischenau in den Park.“

Ungewiss sind also ganz andere Dinge. Was? Wie wird die Klosterkirche mit dem Gebäude-Ensemble rund um den Denkmalschutz mit den Anforderungen für den modernen Klimaschutz umgehen? Photovoltaik auf dem Dach? Eine Ölheizung tauschen? Beleuchtung und Anstrich? Diese Fragestellungen dürften in den kommenden Jahren mindestens so spannend sein wie die Kernfrage, wie sich Kirchengemeinden im Zeitalter der Säkularisierung, also der &bdquo;Verweltlichung“, künftig aufstellen können.

Kloster mit Geschichte Das Dormitorium ehemaligen Zisterzienserinnenklosters aus dem Jahr 1509 gilt als das älteste datierte Fachwerkhaus Lippes. Die Gründung dürfte um 1231 gewesen sein (Kirchort Burghagen). 1631 verbrachte der bedeutende Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld Zeit in Falkenhagen. Die Kanzel stammt aus dem Jahr 1895, die Orgel ist verhältnismäßig neu, sie hat erst 40 Jahre der Kirchenmusik gedient. Die Kirchengemeinde selbst hat zwei Posaunenchöre und einen Kirchenchor, um die Kirchenmusik kümmert sich Svenja Rissiek.

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