Als es im „Alten Krug“ Helpup noch wild zuging

Oerlinghausen. Er ist wohl der älteste noch existierende Gasthof weit und breit – der &bdquo;Alte Krug“ in Helpup. Jetzt feiert er seinen 425. Geburtstag. Der Schankgenehmigung, die der Graf zur Lippe am 31. Juli 1596 ausstellte, gingen aber jahrelange Rechtsbrüche und Bestrafungen voraus. Denn ständig hatte der Schankwirt, der Müller zum Vogelsang, der in Wellentrup auch eine Mühle betrieb, in seinem Kotten an der Straße von Lage nach Bielefeld illegal Bier und Branntwein an die Fuhrleute ausgeschenkt.

Noch im März 1596 – das zeigen alte Gerichtsprotokolle – hatte er sich wieder einmal eine saftige Strafe von 20 Talern für unerlaubten Schnapsausschank eingehandelt. Das war kein Pappenstiel, denn zu jener Zeit kostete ein junges Fohlen um die sieben Taler. Aber der lippische Hof zeigte sich gnädig, und der Müller zum Vogelsang konnte das Geld in Raten bezahlen.

Aus Müller zum Vogelsang wurde Krüger zum Vogelsang

Aufs Neue schrieb er an die gräfliche Verwaltung in Detmold, man möge ihm offiziell die Genehmigung zu einer Krugwirtschaft erteilten. Er begründete seinen Antrag damit, dass die nächstgelegenen Krüge in Lage &bdquo;Krug zum Brinke“ (Brinkkrug), in &bdquo;Orlinchusen“ und in Hillegossen weit genug entfernt lägen und keinen wirtschaftlichen Schaden hätten. Endlich willigte der lippische Hof ein, und der Müller bekam seine langersehnte Schankerlaubnis. Seine neue Berufsbezeichnung lautete Krüger zum Vogelsang.

Nun aber nahm das Geschäft richtig Fahrt auf. Die günstige Lage an der Durchgangsstraße bescherte ihm viele durchreisende Gäste, die auf einen Schnaps oder ein Bier in seine Gaststube kamen. Außerdem bot er einen zusätzlichen Service an: Mit seinen Pferden leistete er den Fuhrleuten Vorspanndienste. Denn der damalige Weg war steil, ausgefahren und steinig, und die Pferde hatten Mühe, die Wagen bis zum Krug zu ziehen.

Wie aus einem Ruf ein Name wurde

Zur Unterstützung riefen die Fuhrleute den Krüger zum Vogelsang mit seinen Pferden mit dem Ruf &bdquo;Help-up“ herbei. Der Krüger spannte dann seine Pferde mit vor die Wagen, und es ging leichter den Berg hinauf. Im Laufe der Zeit bürgerte sich der Ruf &bdquo;Helpup“ so ein, dass der Krüger nur noch mit diesem Namen begrüßt und angesprochen wurde.

Im Jahre 1640, noch während des Dreißigjährigen Krieges, taucht erstmals der Familienname Helpup in einer Gerichtsakte offiziell auf. Eher unrühmlich, denn wieder einmal hatte es in dieser wilden Zeit eine heftige Schlägerei in der Schankwirtschaft gegeben. Johan Helpup, der Krugbesitzer, verklagte den neuen Müller zum Vogelsang, er habe ihn nicht nur mit der &bdquo;Barten“ (Axt) zwei Mal verwundet, sondern auch noch seinen Sohn &bdquo;schwarz und blutig“ geschlagen. Außerdem habe er sein Vieh aus dem Stall getrieben.

Immer wieder gab es in der Folgezeit Klagen, weil es in Helpups Krug an der Landstraße zu heilloser Zecherei, Prügeleien und sogar &bdquo;fleischlicher Unzucht“ gekommen sei. Die gräflichen Anweisungen und sogar die drastische Erhöhung der Schnaps- und Biersteuer fruchteten nicht.

Die Kirche schaltete sich ein und verbot ihrerseits &bdquo;alles Schwelgen, Fressen und Saufen“ und auch alle &bdquo;Unkeuschheit, Hurerei und dergleichen Schanden, wodurch das Land mit unehelichen Kindern angefüllt wird.“ Aber allmählich kehrte wieder Ruhe ein. Es ging aufwärts, und der Krug erlebte eine gute Phase mit einem regen Schankbetrieb.

Auf der Deele tobten die betrunkenen Soldaten

Eine schlimme Zeit begann allerdings, als während des Siebenjährigen Krieges von 1756 bis 1763 französische Truppen im Bereich des heutigen Helpup lagerten. Der Wirt musste ständig Plünderungen und &bdquo;Drangsalierungen“ erleiden, sein Vieh wurde entwendet und auf seiner Deele tobten die betrunkenen Soldaten.

Der allgemeine Sittenverfall setzte sich auch nach dem Krieg weiter fort. Der lippische Graf verhängte drakonische Strafen, weil bei vielen die Liebe zum Alkohol offenbar stärker war als Angst vor Bestrafung. So drohte er 1767 den Helpuper Anwohnern und Gästen des Kruges einen Aufenthalt bei &bdquo;Wasser und Brod“ im Gefängnis oder einen ganzen Sonntag am Schandpfahl an, wenn sich die Zustände in der Gastwirtschaft nicht änderten.

Doch die Lebensbedingungen im ganzen Land wie auch in Helpup verbesserten sich deutlich zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Der Helpuper Krüger kam allmählich zu Wohlstand und es gelang ihm, sein Geschäft auszuweiten. Um 1830 begann er mit dem Neubau eines großen Fachwerkgebäudes. Der Alte Krug in seiner heutigen Form entstand.

Wirt legte den Krug wie eine moderne Raststätte an

Denn weitblickend legte der Wirt den Krug bereits wie eine moderne Raststätte an. Mit zwei großen Deelentoren zur Ost- und zur Westseite. Damalige Kaufleute und Fuhrleute konnten so bequem mit ihren Fuhrwerken auf die Deele fahren und ihre Pferde, die Wagen und auch die Waren sicher im Haus unterbringen.

Durch eine Luke im Dachboden ließ sich auch das Futter für die Tiere schnell von oben herab schaffen. In den Balken des Torbogens sind noch heute die Erbauer des neuen Alten Kruges beschrieben: &bdquo;Anno 1829 ließen diesen Bau anfangen: Friedrich August Helpup und Frau Hania Althofs aus Kachtenhausen“.

Der Sohn der Eheleute, Karl August Helpup, der 1821 geboren wurde, war der letzte Wirt, der den Namen Helpup trug. Dessen Tochter, Juliane Emilie Helpup, heiratete 1878 Franz Hermann Waldhecker aus Patthorst bei Halle. Durch diese Einheirat änderte sich der Name des Besitzers vom Alten Krug in Waldhecker.

Bärbel Waldhecker führte in den 60er Jahren in der 13. Generation die Geschäfte des Traditionsgasthofs. Sie heiratete im Jahre 1971 August Rettig, der in einer sehr lesenswerten Chronik die Entwicklung des Alten Krugs beschreibt. Beide leiteten Gasthof und Restaurant für Jahrzehnte und übergaben dann 2013 an die nächste Generation: Tochter Barbara und Falk Schwarzenberger.

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