Vom Scharfrichter zum Pavillon-Boss: Reinhold Mennecke ist wieder da

Schieder-Schwalenberg. Wer glaubt, vor zehn Jahren sei Reinhold Mennecke auf Nimmerwiedersehen aus dem lippischen Südosten in die Schweiz verschwunden, der irrt: Eine der schillerndsten Figuren der lippischen Gastroszene ist wieder da. Der knapp 65-Jährige hat in Schieder den alten Caspari-Pavillon an der Pyrmonter Straße gekauft und betreibt dort seit einem Monat eine Currybude. Ein Besuch.

Zitronengelb leuchtet der Pavillon, der früher mal ein Lebensmittelgeschäft, dann einen Blumenladen und bis vor einigen Jahren die Dependance eines Beerdigungsinstituts beherbergt hat. &bdquo;Pavillon-Boss" steht auf dem Schild am Eingang. Typisch Mennecke. Anscheinend ganz der Alte, nur der ehemals blonde gezwirbelte Schnauzbart ist ein bisschen weißer geworden.

Schwups, ist sein Markenzeichen hinter der Maske verborgen, denn selbst ein Mennecke, der ja Regeln &bdquo;gern mal etwas lockerer" auslegt, wie seine Frau Marina sagt, hält sich an die Corona-Schutzverordnung. In gebührendem Abstand bittet er den Gast hinein, vorbei an einem Tresen im Look eines rotweißen VW-Bullis inklusive Front mit Aufklebern aus aller Welt. Darüber nimmt ein schwebendes Brett das Design wieder auf. &bdquo;Das ist ein altes Surfbrett aus Lügde", plaudert Mennecke.

&bdquo;Das ist Bauschaum, das werden mal die Wolken" Seine Spezialität: Möglichst günstig Effekte erzielen, von der alten Fake-Kommode und dem ramponierten pompösen Goldrahmen mit Spiegel im Vorraum der Toilette bis hin zur blau gepinselten WC-Decke, die das Schönwetterhimmeldekor des Klodeckels wieder aufgreift. Was hängt denn da runter? – &bdquo;Das ist Bauschaum, das werden mal die Wolken." An Einfällen mangelt es dem Schiederaner wahrlich nicht. &bdquo;Reinholds Kopf ist immer voller Ideen", wird seine Frau später sagen.

Vorbei an einer alten Musikbox geht es in den winzigen Gastraum. Ein Stilbruch: Vermittelt der vordere Bereich American-Diner-Atmosphäre, überwölbt hier ein Metallpavillon mit Stoffdach den gesamten Raum über diversen Tischgrüppchen. Reinhold Mennecke lässt sich breitbeinig auf einen Stuhl sinken, ordert zwei Kaffee und erzählt.

Wie er zwei Jahre lang nach der Schließung des Scharfrichters &bdquo;Häuser gekauft und saniert" habe. Wie geht das, wenn man eigentlich insolvent ist? – &bdquo;Da gibt es Mittel und Wege", wirft er ein und berichtet, wie er danach dem Tipp eines guten Freundes gefolgt und in die Schweiz gegangen sei. Neun Jahre ist er dort geblieben, habe in Immobilien und Versicherungen gemacht. &bdquo;Das war die schönste Zeit meines Lebens", betont er. Warum hat er sie beendet? – &bdquo;Wir hatten immer vor, unseren Lebensabend hier zu verbringen. Immerhin gehört mir das schönste Haus in Schieder. Das war vermietet und wurde jetzt frei, deswegen sind wir wieder hier."

&bdquo;Ich wollte immer schon eine Currywurstbude aufmachen" Der Pavillon, in dem er als Kind Süßigkeiten bei Caspari gekauft habe, habe es ihm angetan. &bdquo;Und ich wollte immer schon eine Currywurstbude aufmachen", ergänzt Marina Mennecke. Die gebürtige Berlinerin will hier Original-Currywurst aus ihrer Heimatstadt anbieten, &bdquo;ohne Pelle".

An diesem Nachmittag ist nicht viel zu tun hinter der Theke, und außerdem kümmert sich um die Fritten Angestellter Günther de los Santos. &bdquo;Wir lassen den Betrieb zwei Jahre laufen, und dann kann er ihn übernehmen", entwirft Marina Mennecke, die einst die Geschäftsstelle der Lippischen Landes-Brandversicherung in Blomberg geleitet hat, den Plan.

Aber was ist mit der Rente? – &bdquo;Geklebt habe ich nicht, aber wir haben vorgesorgt", sagt er gleichmütig. Vielleicht kommt er ja auch noch ganz groß raus, mit seiner neuesten Erfindung sei er schon für die Fernsehshow &bdquo;Höhle der Löwen" gecastet worden.

Denn derzeit steckt in dem Kopf mit der hohen Stirn die &bdquo;Kofferschlange". Eine Art Thera-Band wie aus dem Gymnastikbereich mit je einem Kunststoffgriff an jeder Seite. Griff und Band lassen sich zur Schlaufe verhaken, und damit könne man den Kampf mit dem Gepäck am Flughafen gewinnen, &bdquo;wenn man eigentlich viel mehr Hände braucht als zwei, weil man noch das Handgepäck und die Jacke festhalten muss."

Er habe das Patent schon, und selbst ein Produzent sei bereits gefunden, sagt Reinhold Mennecke, bevor er den Prototyp wieder ins die kleine Hülle faltet.

&bdquo;Fast so dick wie ein Bauantrag" Doch zurück zur Frittenschmiede. Die Genehmigung für eine Nutzungsänderung des Pavillons, den er einer Erbengemeinschaft abgekauft habe, sei ein Riesen-Verwaltungsakt gewesen: &bdquo;Fast so dick wie ein Bauantrag" sei der Antrag gewesen. Und das erzählt einer, der auch schon mal die Behörden ausgetrickst hat, &bdquo;aber das ist 30 Jahre her und längst verjährt", sagt er mit einem Augenzwinkern.

Dass es hier in Schieder Schwierigkeiten mit dem Umfeld geben könnte, offenbart ein Rundgang zum Schluss: Zum Grundstück des kleinen Gebäudes gehört nämlich nur ein guter halber Meter ringsum, größtenteils umschlossen vom Nachbargrundstück.

Die Nachbarn, eine alteingesessene Schiederaner Familie, sind nicht gerade begeistert: &bdquo;Jetzt wohne ich 55 Jahre in diesem Haus, und den Frittengeruch brauche ich nicht ständig", sagt Gusti Hampe. &bdquo;Aber man will ja auch nicht sofort Streit haben." Das sei doch nur ganz am Anfang gewesen, jetzt habe er ein besseres Abluftrohr installiert, meint Mennecke. Am Dienstag hat sich als Amtshilfe ein Mitarbeiter des Kreises Lippe das Ganze vor Ort angeschaut. Eine Entscheidung steht noch aus.

Die Projekte des Mannes mit dem markanten Bart Das LZ-Archiv ist voller Berichte über Menneckes &bdquo;Heldentaten": Lange hat er die Kultkneipe Scharfrichter in Blomberg und die &bdquo;kleinste Kneipe der Welt" betrieben und öfter Ärger mit dem Bauamt bekommen, etwa wegen ungenehmigter Maßnahmen wie dem Bau eines Vordachs. Die Giebelwand des Scharfrichters hat er mal mit Stoff verhängt und sich so Stress mit seinem Mieter eingehandelt. Jahrelang hat Blomberg versucht, den Eisenbahnwaggon loszuwerden, in dem Mennecke am ehemaligen Bahnhof eine Erlebnisgastronomie einrichten wollte. Streit gab es auch um den Erlös der Benefizaktion, als er der Nationalmannschaft Unterschriften abluchste. Der Besitzerwechsel beim zwangsversteigerten Scharfrichter steht immer noch aus.

Vom Scharfrichter zum Pavillon-Boss: Reinhold Mennecke ist wieder da

Das LZ-Wahlmobil kommt heute nach Schwalenberg

Brakelsieker haben einen begehbaren Adventskalender

Schieder-Schwalenberg rüstet sich gegen mögliche Starkregen

Update: S5 fällt erneut aus - Gleise zwischen Schieder und Hannover kurzfristig gesperrt

Krimi-Autoren lesen zugunsten der Schwalenberger Künstlerklause

Glashütte: Reumütiger Einbrecher wollte nie jemanden verletzen

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus