Die Geschichte der alten Herlingsburg in Glashütte

Schieder-Schwalenberg/Glashütte. Es gab Zeiten, da wurden die Touristen busseweise angekarrt. Sie blieben meist zwei Wochen, Erholungssuchende aus der Großstadt, die die Idylle in Glashütte, zwischen Teutoburger Wald und Weserbergland, zu schätzen wussten. Der Schiedersee galt damals noch nicht als Anziehungspunkt, der Blick von der &bdquo;Herlingsburg" glitt hinunter auf die Felder und hinauf auf die Wälder. Reinhold Schröder, der das Hotel mehr als 30 Jahre lang betrieb, kann sich an diese Zeiten noch gut erinnern.

Schröder stammte aus dem Nachbardorf, er heiratete 1954 in den Betrieb ein. Damals hieß die Gastwirtschaft &bdquo;Tiemann", nach seinem Schwiegervater Heinrich Tiemann: &bdquo;Der war Bäcker und belieferte die umliegenden Dörfer, bis Lothe und Rischenau, mit dem Pferdewagen", erzählt Schröder. In Glashütte betrieb er eine Bäckerei mit Kolonialwarenhandel, eine Gastwirtschaft mit kleiner Gaststube und neun Betten. Schröder und seine Frau errichteten auf dieser Basis später das Hotel &bdquo;Herlingsburg" inklusive Gästehaus mit insgesamt 80 Betten.

Benannt nach einer Burg im nahen Waldgebiet Der Name ist angelehnt an die ehemalige Wall- und Fliehburg im nahen Waldgebiet. &bdquo;Jedes Zimmer bekam sein eigens Bad – und als die Toiletten angeliefert wurden, fragten sich die Glashütter: Was will der bloß mit den vielen Lokussen?", erinnert sich der inzwischen 92-Jährige lachend. Schröder gelang es, Kontakte nach Berlin zu knüpfen, von wo regelmäßig Gäste ins Südostlippische reisten. Sein Betrieb erhielt den Status eines Kneipp-Hotels, nachdem er einen 120 Quadratmeter-Anbau errichtet hatte, in dem Anwendungen wie Massagen und ähnliches durchgeführt wurden. Auch eine ärztliche Betreuung der Gäste musste nachgewiesen werden: &bdquo;Und dann konnte ich direkt mit den Krankenkassen abrechnen."

Dank Kneipp-Status boomte der Kurbetrieb Der Kneipp-Status wurde letztlich auch Schieder mit Glashütte verliehen, der Kurbetrieb boomte. Es gab Tretbecken, Brunnenhalle und Trinkhalle. Die Touristen schätzten das gute Wasser, abgefüllt in der Quelle bei Nessenberg und in Fässern angeliefert. Und die Kurkonzerte, zweimal pro Woche. Die &bdquo;Herlingsburg" war Anlaufpunkt für viele: &bdquo;Das lief über Mund zu Mund Reklame – wir waren das Jahr über zu 90 Prozent ausgebucht", erzählt Schröder. Auch viele Tagesgäste habe er gehabt, aus der Nähe, aber auch von fern: &bdquo;Busse mit 50 Personen zum Mittagessen." Zur Blütezeit habe er zehn Angestellte und drei Aushilfen gehabt, allein vier Mitarbeiter seien im Service gewesen: &bdquo;Und in der Küche gab es 22 elektrische Kochplatten."

Schröder und seine Frau blieben kinderlos. Er engagierte sich auch in der Kommunalpolitik, für die FDP. &bdquo;Wir haben nur gearbeitet und gebaut. Aber es hat Spaß gemacht, weil wir Erfolg hatten", sagt er. Die Tugenden hatte er von seinem Vater übernommen: &bdquo;Ich habe immer nur das gemacht, was ich auch bezahlen konnte." So errichtete er ein großzügiges Eigenheim vis-à-vis der &bdquo;Herlingsburg", ein weiteres Einfamilienhaus und in der Nachbarschaft ein Haus mit vier Ferienwohnungen: &bdquo;Unsere Altersvorsorge", wie er sagt.

Verpachtet seit dem Jahr 1983 1983 entschieden sich die Schröders, das Hotel zu verpachten. 15 Jahre betrieb die Familie Przybylski die Gastronomie, anschließend kaufte sie den Komplex und baute weiterhin um und an, unter anderem eine neue Terrasse und einen Fahrstuhl im Gästehaus. Aus familiären Gründen musste Eigentümerin Kornelia Przybylski das Geschäft schließlich aufgeben, nach mehreren Pächterwechseln steht das Haus nun seit 2014 leer.

Reinhold Schröders Frau verstarb vor einigen Jahren. In einer Wohnung seines Eigenheimes lebt Ingeborg Bönnighausen, die 1951 als junges Mädchen von Vahlbruch nach Glashütte kam, um dort, wie sie schmunzelnd erzählt, nur ein Jahr in der Gastwirtschaft zu arbeiten. Fast 70 Jahre sind inzwischen vergangen. Mit Reinhold Schröder verbindet sie die Erinnerung an eine arbeitsreiche, aber zugleich auch wundervolle Zeit in der &bdquo;Herlingsburg", an gemeinsame Betriebsfeiern und Ausflüge.

Die Entwicklung sehen die beiden inzwischen nüchtern, auch wenn sie das Hotel von ihrem Heim aus jeden Tag im Blick haben: &bdquo;Am Anfang war das schon schwer, aber mittlerweile bin ich drüber hinweg", sagt Schröder. Nur wenn es um den Tourismus in Schieder-Schwalenberg geht, kann er sich noch ereifern. Denn daraus, davon ist der 92-Jährige überzeugt, könnte man weitaus mehr machen.

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