Schieder-Schwalenberg. Viola Koch versteht es nicht. Seit einigen Monaten versucht sie, ihren Friseursalon in der Schwalenberger Innenstadt zur Übernahme zu verkaufen – bislang jedoch ohne Erfolg. Der Salon laufe gut, der Kundenstamm bestehe aus einer treuen Stammkundschaft. Anfragen habe es bereits gegeben, doch zum Vertragsabschluss sei es noch nicht gekommen. Wenn sich kein Nachfolger findet, müssen die Kunden künftig weitere Wege auf sich nehmen. Denn dann verliert Schwalenberg den einzigen Friseursalon.
Anfang des Jahres hat Viola Koch den Beschluss gefasst, den Friseursalon zu verkaufen. Aus gesundheitlichen Gründen sei sie nicht mehr in der Lage, den Salon alleine zu führen. Gerüchte, dass das Geschäft finanziell nicht gut laufe, weist sie klar zurück. Versuche, einen Friseur zur Unterstützung einzustellen, seien in den vergangenen Jahren vergebens gewesen. "Keiner möchte mehr Friseur werden", sagt Koch und nennt als Grund unter anderem die geringe Bezahlung. Sie sehe hier die Politik in der Pflicht, gegenzusteuern, bevor das Handwerk ausstirbt.
Immer mehr Männer möchten Friseur werden
Die Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld stellt derweil einen leicht rückläufigen Trend fest. Im Jahr 2022 habe es im Kreis Lippe 47 Personen gegeben, die eine Ausbildung zum Friseur begonnen haben – im Jahr 2018 waren es noch 55. Auffällig sei, dass die Anzahl junger Männer im Friseur-Handwerk angestiegen sei (von fünf Auszubildenden im Jahr 2017 auf 16 Auszubildende im Ausbildungsjahr 2022). "Neben der demografischen Entwicklung ist vor allem der allgemeine Trend zum Studium ausschlaggebend dafür, dass weniger junge Menschen eine Ausbildung im Friseur-Handwerk beginnen. Hier braucht es eine Bildungswende, die stärker als zuvor die Chancen der handwerklichen Ausbildung in den Fokus rückt", sagt Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld.
Um diesem Trend entgegenzuwirken, müsse wieder mehr gesellschaftliche Wertschätzung für den Friseurberuf vermittelt werden. "Gerade während der Corona-Pandemie hat das Bewusstsein für die Relevanz des Friseur-Handwerks bei vielen Menschen zugenommen. Es wurde deutlich, dass ein Besuch im Friseursalon wichtig ist für das Wohlbefinden und die Zufriedenheit vieler Menschen. Diese gesellschaftliche Anerkennung ist wichtig, damit auch künftig junge Menschen für eine Karriere in diesem spannenden und vielseitigen Beruf begeistert werden können", sagt Prager.
Die Zahl der neu eingetragenen Friseurbetriebe bleibe unterdessen auf stabilem Niveau, die Anzahl der Friseursalons insgesamt sei jedoch ebenfalls leicht rückläufig. Während es im Jahr 2018 noch 342 Betriebe im Kreis Lippe gegeben habe, seien es derzeit noch 326. Als Grund nennt Dr. Jens Prager die Energiepreisexplosion, hohe Steuern und Abgaben sowie ein Konsumrückgang in breiten Teilen der Bevölkerung.
Bürgermeister Bierwirth hilft bei der Suche
Viola Koch mache der Friseurberuf nach wie vor großen Spaß. Dennoch sei es an der Zeit, dieses Kapitel abzuschließen und sich jetzt auf die Gesundheit zu fokussieren. Die Kunden reagieren sehr verständnisvoll auf die Entscheidung, sagt sie. "Obwohl manche beim letzten Besuch schon Tränen in den Augen hatten." Es seien schöne Jahre gewesen, immer sehr familiär, manche Kunden seien auch einfach mal auf einen Kaffee vorbeigekommen.
Sogar Schieder-Schwalenbergs Bürgermeister Jörg Bierwirth hat sich zwischenzeitlich in die Suche nach einem Nachfolger eingeschaltet. In seinem Blog hat er sich direkt an die Friseure aus der Region gewandt: "Falls hier Friseure oder Friseurinnen mitlesen, die mit dem Gedanken spielen, sich selbständig zu machen, dann sollten die sich bei mir melden." Und weiter: "Was gibt es eigentlich Schöneres, als in der schönsten Stadt des Lipperlandes die Haare schön zu machen?" Laut Viola Koch hat jedoch auch dieser Aufruf nicht zum Erfolg geführt.
Für die Friseurin steht dennoch fest: "Am Freitag, 17. November, wird mein letzter Arbeitstag im Salon sein." Sie blickt nach vorne, empfindet aber große Dankbarkeit für ihre treuen Kunden, die über die Jahre immer wieder zu ihr gekommen seien.