Schimmel-Streit zwischen Mietern und Vermieter in Schieder-Schwalenberg eskaliert

Schieder-Schwalenberg. &bdquo;Das ist kein Leben mehr“, sagt Corinna Richter und blickt auf den großen Briefstapel vor sich auf dem Küchentisch. Seit anderthalb Jahren lebt die 56-Jährige mit ihrem Lebensgefährten Andreas Kästner (66) in einer Mietwohnung in Schieder-Schwalenberg. Fast genauso lange führt das Paar einen Streit mit ihrem Vermieter, weil es in fast allen Räumen nachweislich schimmelt. Doch um das eigentliche Problem scheint es längst nicht mehr zu gehen.

Die Situation ist längst eskaliert, allein die prall gefüllten Aktenordner des Paares verdeutlichen das. Den letzten großen Packen Briefe soll ihnen der Vermieter kurz vor Weihnachten per Einschreiben geschickt haben. Teilweise sind die Schreiben mit etlichen Nadeln zu getackert. Ein Geschenk vom Vermieter, da ist sich das Paar sicher. Der streitet alles ab, gibt im Telefonat dazu an, das Paar habe die Briefe selbst zusammengeheftet, um sie nicht lesen zu müssen.

Die getackerten Briefe sind ein Sinnbild für das, was sich über Monate aufgestaut hat. &bdquo;Ich kann seit Wochen nicht mehr arbeiten“, sagt Corinna Richter, die erst vor Kurzem bei Amazon in Horn-Bad Meinberg angefangen hat und um ihren Job fürchtet. Ihr Partner ist Rentner, arbeitet gelegentlich in einem Supermarkt, um mal rauszukommen. &bdquo;Man schafft es gar nicht mehr, abzuschalten. Da ist immer dieser kleine Mann im Ohr, der einen quält“, sagt Kästner.

Lange Liste an Vorwürfen Das Paar fühlt sich von ihrem Vermieter terrorisiert. Mehr als zehn Klagen hat dieser inzwischen gegen seine Mieter beim Amtsgericht Blomberg eingereicht, er selbst spricht gar von 17. Los ging das Drama im Oktober 2023, als die Mieter nach einem halben Jahr Schimmel entdeckten und meldeten. Die Drei-Zimmer-Wohnung ist inzwischen voll davon. 715 Euro zahlt das Paar eigenen Angaben nach für die 67 Quadratmeter warm.

Damals schrieb der Vermieter, das Paar sei wegen falschen Lüftens &bdquo;schadensersatzpflichtig“ und müsse alle Wände abschleifen lassen. &bdquo;Wir haben die Welt nicht mehr verstanden“, sagt Richter. Der &bdquo;merkwürdige Brief“ sollte nur der Anfang einer Klageflut gewesen sein. Mal geht es um die Waschmaschine im Keller, dann um einen Schuhschrank im Flur, unrechtmäßig geparkte Autos vor der Garage oder mutmaßliche Morddrohungen dem Vermieter gegenüber. Die Liste ist lang.

Die Briefe hat das Paar alle fein säuberlich abgeheftet. Darin beleidigt der Vermieter seine Mieter als Betrüger und Serienstraftäter. Dem Gericht schlägt er in einem der Schreiben vor, von dem Paar eine &bdquo;Haarprobe samt Wurzeln“ untersuchen zu lassen, um zu prüfen, &bdquo;ob sie vielleicht unter Drogen stünden“.

&bdquo;Er erzählt rum, dass wir unter Betreuung gestellt gehören, das macht sprachlos“, sagt Corinna Richter und wirkt fassungslos. Als der Vermieter die Anschuldigungen unter den gesamten Mietparteien verbreitet habe, sei es dem Paar zu bunt geworden. Im Sommer 2024 beantragte es per einstweiliger Verfügung eine Art Kontaktverbot. Das Amtsgericht Blomberg ordnet daraufhin unter Androhung von Zwangsgeld per Beschluss an, der Vermieter dürfe das Paar nicht mehr beleidigen oder falsche Tatsachen behaupten.

Vermieter ist Justiz hinlänglich bekannt Außerdem heißt es in dem Gerichtsbeschluss, der Vermieter dürfe mit dem Paar weder telefonieren noch &bdquo;mündlichen Kontakt“ aufnehmen, wenn dieser nicht für das bestehende Mietverhältnis erforderlich sei. Die Briefe des Vermieters haben dennoch nie aufgehört - und das obwohl er dem Beschluss nach bei einem Verstoß 250.000 Euro zahlen muss. Corinna Richter: &bdquo;Wir fühlen uns völlig machtlos.“

Denn auch als das Paar den Vermieter wegen Stalking und Beleidigung im Februar 2024 anzeigt, läuft der Versuch ins Leere. Die Staatsanwaltschaft Detmold teilt dem Paar im Sommer mit, das Verfahren eingestellt zu haben. Der Grund: Es sei wegen eines fachärztlichen Gutachtens nicht auszuschließen, dass der Beschuldigte unfähig war, &bdquo;das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“

Der Vermieter, der mehrere Objekte in Lippe und OWL besitzt, ist für die Detmolder Justiz kein Unbekannter. Fast fortlaufend scheint der Mann die hiesigen Ermittlungsbehörden zu beschäftigen - teilweise schon seit Jahren. Ende Dezember 2015 soll der Lipper Bankmitarbeiter beleidigt und in einem Fall versucht haben, einen der Mitarbeiter zur Zahlung von 250.000 Euro zu erpressen. Laut Landgerichtssprecher Dr. Wormuth erging damals ein Strafbefehl und der Vermieter musste letztendlich 1350 Euro zahlen. Damals wurde dem Mann allerdings eine verminderte Schuldfähigkeit attestiert, heißt es.

Weil der Vermieter die zuständige Amtsrichterin aus Blomberg, die die aktuelle einstweilige Verfügung erlassen hatte, in Briefen eine &bdquo;Serien-Kriminelle“ nennt und ihr vorwirft, mit den Mietern unter einer Decke zu stecken, erstattete das dienstvorgesetzte Landgericht Detmold gegen den Vermieter ebenfalls Strafanzeige. Die Ermittlungen dazu laufen noch, heißt es.

Jüngster Prozess liegt erst eine Woche zurück Der Vermieter selbst fühlt sich nach wie vor im Recht. &bdquo;Wenn jemand etwas macht, was mir nicht passt, dann kriegt er auch eine Klage“, sagt der Mann. Seine Mieter hätten im konkreten Fall sein Eigentum beschädigt, davon ist der Vermieter überzeugt. Er gehe davon aus, alles Klagen zu gewinnen.

Blombergs Amtsgerichtsdirektor Viktor Friesen hat in dieser Woche erst einen Prozess zwischen dem betroffenen Vermieter und einem anderen Mieter seines Miethauses verhandelt. Da geht es ebenfalls um mutmaßlichen Schimmelfall in der Wohnung. Ein Urteil dazu soll im Februar verkündet werden, heißt es vom Amtsgericht.

Auch der Fall des Paares ist dem Amtsgerichtsdirektor bekannt. Differenzen zwischen Vertragspartnern kämen häufig vor, meint Friesen. &bdquo;Keiner hat den Anspruch darauf, dass der Gegenüber nett zu einem ist.“ Allerdings müsse man sich auch nicht beleidigen lassen. Es sei jedoch abzuwägen, ob die Grenze zum strafbaren Handeln überschritten wird.

Streit noch lange nicht beendet Im konkreten Fall hätte das Ehepaar noch keinen Verstoß gegen die einstweilige Verfügung gemeldet, sagt Friesen. Außerdem soll das Paar die Frist verstreichen haben lassen, mit der der Vermieter eine Hauptsachenklage erzwingen wollte. Es sei daher davon auszugehen, dass das Gericht die einstweilige Verfügung auf Antrag des Vermieters demnächst aufhebt.

Der Streit wäre damit noch lange nicht beendet. Einfach ausziehen, das sei für das Paar gerade keine Option. &bdquo;Wir wissen einfach nicht, wohin“, sagt Corinna Richter - ein Hund und drei Katzen müssen mit. Der Schimmel habe zudem ihr ganzes Mobiliar zerstört. Der Kampf mit dem Vermieter geht daher weiter.

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