Wegen USA-Aufenthalt: CDU und SPD wollen stellvertretenden Bürgermeister abwählen

Schlangen. "Virtueller Handschlag zum 90. Geburtstag?", haben die Schlänger Fraktionen von CDU und SPD eine gemeinsame Pressemitteilung betitelt. Es geht um Maximilian Scholz, der sich derzeit in Iowa in den USA befindet. Im Rahmen des Parlamentarischen Patenschafts-Programms (PPP) nimmt er ein einjähriges Stipendium des CDU-Bundestagsabgeordneten Christian Haase (Wahlkreis Höxter - Lippe II) als Juniorbotschafter wahr. Beide Schlänger Fraktionen sehen für eine rein digitale Ausübung des Bürgermeisteramtes während dieser Zeit aber weder rechtliche noch tatsächliche Grundlagen. Sie möchten daher ein Abwahlverfahren einleiten.

Hausbesuche seien schwierig, hatte die PARTEI, für die Scholz im Rat sitzt, in ihrer damaligen Pressemitteilung geschrieben, aber man feile gerade an digitalen Formaten, wie sich etwa für Jugendliche und junge Erwachsene aus der Sennegemeinde ein Erfahrungsaustausch aufbauen lasse. Auch über digitale Geburtstagsgrüße über Facebook oder Instagram wolle Scholz mit Bürgermeister Marcus Püster sprechen. &bdquo;Bestimmt ein interessantes Novum in Ostwestfalen-Lippe“, schrieb Scholz mit einem Augenzwinkern.

Abwahlverfahren als Retourkutsche? Ob CDU und SPD dieses Augenzwinkern sauer aufgestoßen ist? Oder ist das Abwahlverfahren eine späte Retourkutsche auf Scholz' Wahl zum zweiten stellvertretenden Bürgermeister, bei der die PARTEI die anderen Parteien vorgeführt hatte? Denn auch wenn in der Gemeindeordnung NRW die Wahl der stellvertretenden Bürgermeisters vorgesehen ist, gibt es seit je her ein ungeschriebenes Gesetz, dass die stärkste Fraktion den ersten und die zweitstärkste den zweiten Stellvertreter stellt. Das wird über Wahllisten erreicht, über die abgestimmt wird. Auf dem Listenvorschlag der CDU hatten vor zwei Jahren entsprechend Reinhard Richter (CDU) als ersten Stellvertreter und Anke Steinmeier (SPD) als zweite Stellvertreterin gestanden. Die PARTEI hatte, für alle überraschend, eine zweite Liste vorgeschlagen, auf der Maximilian Scholz als erster Stellvertreter und Anke Steinmeier (SPD) als zweite Stellvertreterin standen.

Zwar gewann damals die Liste der CDU mit Reinhard Richter an der Spitze, doch laut Gemeindeordnung wird dann derjenige an erster Stelle der Verlierer-Liste zweiter Stellvertreter, also Maximilian Scholz. Das hatte die Gemeindeverwaltung nach dem Studium des Gesetzestextes bestätigen müssen. "Dass die so eine Sache von vor zwei Jahren noch nicht verdaut haben", wundert sich Scholz, als ihn die LZ in den USA erreicht. "Ich kann ja nichts dafür, dass sie die Gemeindeordnung nicht richtig lesen."

Zweidrittel-Mehrheit für Abwahl nötig "Die FRAKTION sieht dem Ansinnen von CDU und SPD, Maximilian Scholz als zweiten stellvertretenden Bürgermeister abwählen zu wollen, gelassen entgegen", schreibt die PARTEI in einer Pressemitteilung. Schließlich benötigten CDU und SPD für Scholz' Abwahl eine Zweidrittel-Mehrheit im Rat und dieser sei sehr beliebt bei der Bevölkerung und auch parteiübergreifend im Rat.

Menschlich sind Bürgermeister Markus Püster und Maximilian Scholz offenbar gegenseitig voneinander enttäuscht. In mehreren Gesprächen habe sich Scholz uneinsichtig erklärt und gesagt, ein Rücktritt komme nicht in Betracht, heißt es in der Pressemitteilung von CDU und SPD. Von Scholz' USA-Aufenthalt habe er erst offiziell etwas mitbekommen, als der schon weg gewesen sei, sagt Püster. "Beim letzten Treffen für die Abstimmung der Termine für die Bürgermeister war angeblich noch unsicher, ob es überhaupt klappen würde, bei der Ratssitzung am 4. August kam auch keine Information und am 8. August kam dann eine E-Mail: Ich bin dann mal weg", erinnert sich Püster. "Bürgermeister Marcus Püster hat mir genau einmal einen Rücktritt vom Amt nahegelegt, und zwar per WhatsApp, als ich bereits in den USA war", heißt es hingegen in der Pressemitteilung der PARTEI.

Aufwandsentschädigung für Ratsarbeit Und während CDU und SPD in ihrer Pressemitteilung anmerken, dass Scholz sich weiterhin seine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 345 Euro für seine Arbeit als Ratsmitglied und auch Sitzungsgelder überweisen lasse, stellt dieser in seiner Pressemitteilung klar, dass er mit dem Tag seines Abflugs zumindest keine Entschädigung für das Amt des zweiten stellvertretenden Bürgermeisters mehr bekomme.

Für die PARTEI ist das Abwahlverfahren eine "Komödie", die vom eigenen Scheitern von CDU und SPD ablenken solle. "Wir haben eigentlich ganz andere Baustellen in der Gemeinde", sagt Scholz. "Die PARTEI will immer, dass wir die Welt verändern", sagt Bürgermeister Püster. "Jetzt bin ich stattdessen halt auf Geburtstagen unterwegs." Denn man habe sich die Veranstaltungen immer gerecht zu dritt aufgeteilt. Nun stünden nur noch zwei Personen dafür zur Verfügung und weil Scholz seinen Posten nicht räumen wolle, könne kein Ersatz für ihn gewählt werde. "Ich konnte meine Termine als zweiter Stellvertreter an zwei Händen abzählen", widerspricht Scholz. "Nicht einmal durfte ich zur einer Jahreshauptversammlung gehen." Die PARTEI schlägt vor, für die verbleibenden zehn Monate von Scholz' Abwesenheit einfach einen dritten stellvertretenden Bürgermeister zu wählen. Den hätten schließlich viele Kommunen.

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