Biolandwirtschaft in Schlangen: Der "Waldgarten Emkental" als Machbarkeits-Studie

Schlangen. Der "Waldgarten Emkental" von Sylvia Ostmann und Bernd Fiege ist zwar benannt nach einer Fläche am Hasselweg, die Teil des Emkentals ist. Er besteht aber mit den 1800 Quadratmetern hinter ihrem Haus in der Lindenstraße inzwischen aus vier Flächen von insgesamt acht Hektar, auf denen das Paar Bioland-zertifizierte Landwirtschaft im Nebenerwerb betreibt. Es pflanzt Obst und Gemüse in Permakultur, hält Hühner und betreibt eine Schafzucht.

"Eigentlich ist das für unsere kleine Gesamtfläche in seiner Vielfältigkeit unrentabel", sagt Fiege. "Wir machen, was wir für richtig halten, probieren aus, verbrauchen viele Produkte selbst und verkaufen den Überschuss." Er selbst versteht den Waldgarten als Experimentallabor und gleichzeitig als Beleg, was in der ökologischen Landwirtschaft mit Hilfe von Kreislaufwirtschaft möglich ist. "Eigentlich kaufen wir nur Saatgut, Futter für die Hühner und Mineralfutter für die Schafe dazu", sagt die gelernte Landwirtin Ostmann. Alles andere komme von den eigenen Flächen. "Jenseits allen Idealismus, sehen wir schon zu, dass sich die Landwirtschaft selbst trägt, es uns gut geht und wir kein Geld hineinstecken müssen", sagt Fiege.

Pelzschafe als Zweinutzungsrasse Bei den Schafen setzt das Paar auf gotländische Pelzschafe als Zweinutzungsrasse aus Schweden. Von den 40 Tieren lässt sich sowohl das Fleisch als auch die Wolle gut verkaufen. Außerdem sind sie unempfindlich gegenüber der ganzjährigen Freilandhaltung. "Wir würden gerne bei den Hühnern auch auf eine Zweinutzungsrasse umstellen, aber dann müssten unsere Eier doppelt so teuer sein", sagt Fiege. Denn Hühner, deren Fleisch sich auch verkaufen lässt, picken doppelt so viele Körner. Die derzeitige hybride Rasse ist von der Zucht her aufs Eierlegen optimiert. "Unsere lassen sich nur als Suppenhuhn verkaufen", sagt Ostmann schmunzelnd.

Ob man seinen Betrieb bio-zertifizieren lasse, müsse man sich genau überlegen, sagt Fiege. Das mache vieles sehr aufwendig. "Wenn ich neue Obstbäume für unsere Streuobstwiese brauche, muss ich die bei einer Bio-Baumschule kaufen. Unser Lieferant ist in Hessen." Und wenn Schafe geschlachtet würden, packe er drei bis vier in seinen Citroën Berlingo und fahre sie zum Bio-Schlachter nach Schloß Holte-Stukenbrock. "Ob das den langen Weg für die Tiere und den Spritverbrauch rechtfertigt, kann man sich durchaus fragen." Im Nahbereich nutzen Fiege und Ostmann für Auslieferungen und Besorgungen überwiegend ihr elektro-unterstütztes Lastenrad, um den ökologischen Fußabdruck zu verringern.

Abnehmer durch persönlichen Kontakt Werbung für die eigenen Bio-Produkte macht das Paar nur auf Instagram und über seine Homepage. Abnehmer für Eier und Fleisch in Schlangen und Bielefeld - wo Fiege als Lehrer am Oberstufen-Kolleg arbeitet - haben sie über das Internet und den persönlichen Kontakt gefunden. Außerdem bietet das Paar neben den erwähnten Suppenhühnern Felle, Strickwolle, getrocknete Kräuter, Essig, Tomaten, Gurken und auch Spargel an. "Gemüse haben wir leider nicht kontinuierlich genug, um beispielsweise Gemüsekisten anbieten zu können", sagt Fiege.

Wie ein Bauerngarten ist das Grundstück hinter dem Wohnhaus vor dreißig Jahren angelegt worden. Fiege und Ostmann formen den Garten wenig, sondern reagieren eher auf die Wünsche der Natur und unterstützen hier und da ein wenig. Auf dem sandigen Senneboden wächst Spargel besonders gut. In einem etwas tiefer liegenden, vorne und hinten offenen, Gewächshaus gedeihen Tomaten prächtig. Eine Mauer speichert die Sonnenwärme und gibt sie an die Pflanzen ab. Außerdem ist der Garten Ziehstube für viele Pflanzen und Bäume, die später auf den anderen Flächen eingepflanzt werden.

Die Streuobstwiese auf der am Hasselweg liegenden Fläche sieht für das ungeübte Auge auf den ersten Blick nicht bewirtschaftet aus. Bunte Blumen und Aronia-Büsche wachsen zwischen mehr als 50 alten Apfelsorten. Halbkreisförmige Trockenmauern aus vom Grundstück aufgesammelten Kalksteinen bieten Kleintieren und Pflanzen Lebensraum, weil sie als Sonnenfallen fungieren. Daneben weiden die Schafe. Außerdem wächst hier etwas Gemüse und Getreide und Ackergras als Futter für die Schafe. Hecken mit Wildobst begrenzen die 4,5 Hektar nach außen.

Pflügen ist tabu Auf 3000 Quadratmetern in der Langetalstraße wächst noch mehr Gemüse und in einer Scheune findet das Winterfutter für die Schafe Platz. Außerdem steht dort der Hühnerwagen. "Den habe ich gemeinsam mit meinem Schwager auf ein altes Mercedes-Fahrgestell gebaut", erzählt Fiege schmunzelnd. Mit einem 35-PS-Traktor Baujahr 1985 bewirtschaftet das Schlänger Paar sein Gelände. Pflügen ist allerdings tabu. "Dadurch geht die Ton-Humus-Struktur des Bodens kaputt", erklärt Fiege. "Ich lasse es lieber etwas verkrauten und nutze nur Kreiselegge und Grubber."

Wie Landwirtschaft unter diesen Voraussetzungen auch aussehen kann, sieht man auf dem Grundstück am Bohmsweg. Vor einer Weide fällt ein Streifen mit starkem Distelbewuchs auf. "Darunter sind Kartoffeln", sagt Fiege. Nebenan wird konventionelle Landwirtschaft betrieben. Mit großem Gerät zieht ein Landwirt akkurate Ackerfurchen. Ihm wären Fieges Flächen wohl viel zu unordentlich und verwildert. "Die meisten halten mich für einen Spinner", bekennt Fiege. "Dabei müssten es viel mehr so machen, wie wir."

Es gehe ihm darum, etwas gegen "ausgeräumte" Landschaften zu tun. Die Flurbereinigung zurückzunehmen. Der Natur mit Wildobst-Hecken etwas zurückzugeben. Pflanzengemeinschaften zu nutzen, wie Obstbäume und Ölweiden. Letztere sammelten Stickstoff und gäben ihn über die Wurzeln an die Obstbäume ab. Eine nachhaltige Nutzung und letztendlich ein Beitrag zum Klimaschutz. "Das müssen ganz viele machen. Indem wir Bäume gepflanzt haben erreichen wir für unsere Flächen Wind- und Erosionsschutz, Schatten, Ertrag, Futter für die Tiere, Verbesserung der Böden und der Wasserhaltefähigkeit und zuletzt auch für die anderen Aufrauen der Landschaft und damit eine Vermehrung von Niederschlägen."

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