Kreis Lippe/Düsseldorf. Der NRW-Innenminister Herbert Reul spricht immer wieder von einem „Polizeiversagen", „Desaster" und will sogar eine Beteiligung von Beamten an den Lügder Missbrauchsfällen nicht ausschließen. Dies brachte ihm viel Kritik ein – vor allem unter den rund 370 lippischen Polizeibeamten. Nun stellt sich Reul am kommenden Donnerstag, 28. März, auf einer Personalversammlung den Fragen der lippischen Beamten in Detmold.
„Wenn der Innenminister davon redet, dass seine Oma das besser gekonnt hätte, kommt das bei den Kollegen nicht gut an", sagt Michael Kling, stellvertretender Vorsitzender der Polizeigewerkschaft (GdP) in OWL. Reul habe, trotz aller berechtigter Kritik, es soweit gebracht, dass die Beamten Hassmails erhielten und sich bei Verkehrskontrollen immer wieder „blöde Sprüche" anhören müssten. „Das Krisenmanagement des Innenministers sollte nicht nur darin bestehen, Polizisten an den Pranger zu stellen", sagt Kling, der als Dienstgruppenleiter in Detmold arbeitet. Missstände müssten natürlich benannt werden, aber viele Beamte machten einen guten Job und die fühlten sich nun zurecht angegriffen, fügt Kling hinzu. Deshalb freue er sich, dass Reul endlich vorbeikomme, um mit den Beamten vor Ort zu sprechen. „Wir haben im Vorfeld Fragen gesammelt, die dem Minister hinter verschlossener Tür gestellt werden.
Es wird ein interessanter Austausch", prophezeit Kling. Dann werde man auch über die Aussagen des LKA-Sonderermittlers Ingo Wünsch sprechen, der eine Kette des Versagens in der Kreispolizeibehörde Lippe skizziert hatte – er warf den Lippern Führungsversagen vor, bei Durchsuchungen seien Lehrsätze der „kriminalistischen Grundschule"verletzt worden und generell sei die Austausch unter den Abteilungen zu gering. „Mit dem letzten Punkt hat er sogar recht", sagt GdP-Mann Kling. Die Gewerkschaft fordere schon lange, dass die Beamten rotierten, in anderen Abteilungen hospitierten und an Fortbildungen teilnehmen sollten. „Aber der Personalmangel, hat dies bisher nicht zugelassen", sagt Kling. Innenminister Reul hatte in der Vergangenheit den Vorwürfen widersprochen, dass die lippische Polizei personell ausgeblutet sei. „Wenn ich die Tür zu einem Asservatenraum offen lasse, hat das nichts mit Personalmangel zu tun", hatte Reul beispielsweise geäußert.
Der Minister will auch unnachgiebig gegen Polizeibeamte vorgehen, die wegen der Nutzung von kinderpornografischen Aufnahmen auffällig geworden sind. Vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals in Lügde wurden bisher 18 Fälle in NRW bekannt – nur ein Polizist ist immer noch im Dienst – und arbeitet in Lippe. „Jemand, der wegen einer solchen Tat verurteilt ist, kann kein Polizist mehr sein", sagte Reul der Zeitung „Die Welt". Dies sei für ihn unvorstellbar, und für die anderen anständigen Beamten auch – mit so jemanden wolle doch niemand mehr Streife fahren. Reul betonte, notfalls auch geltendes Recht zu verschärfen: „Wenn wir mit den bestehenden disziplinarrechtlichen Regelungen nicht auskommen, müssen wir uns etwas einfallen lassen."Auch über diesen Fall werde die GdP mit Reul sprechen, so Kling.
Auf einem Campingplatz in Lügde sollen über Jahre mindestens 35 Kinder missbraucht und dabei gefilmt worden sein. Drei Verdächtige sitzen in Haft. Im Zuge der Ermittlungen verschwanden 155 CDs und DVDs, die in der Wohnung des Hauptverdächtigen gefunden worden waren, aus der Kreispolizeibehörde in Detmold. Die Staatsanwalt ermittelt wegen Diebstahls.