Jeden Sonntag Möbel kaufen: Porta kämpft für tägliche Ladenöffnung

Porta Westfalica. Die Schließung ihrer Märkte hat die Porta-Gruppe hart getroffen. Wie stark sich die Corona-Krise tatsächlich in den Zahlen des sechstgrößten deutschen Möbelhändlers niederschlagen wird, sei derzeit noch nicht absehbar, sagt Jürgen Gerdes. Er führt die Geschäfte der Holding gemeinsam mit Birgit Gärtner und Achim Fahrenkamp als Vertretern der Eigentümerfamilien. Zwar gab es im Onlinegeschäft ein rasantes Wachstum, die Einbußen im stationären Handel habe das aber bei Weitem nicht ausgleichen können, sagt Fahrenkamp.

Der ehemalige Post-Vorstand Gerdes ist vor eineinhalb Jahren zur Porta-Gruppe gekommen und hatte sich unter anderem die Stärkung des Onlinegeschäfts auf die Fahnen geschrieben. In diesem Bereich sei das Unternehmen einen großen Schritt vorangekommen, sagt er. &bdquo;Wir sind aber noch nicht da, wo wir hinwollen." Welchen Anteil der digitale Vertriebskanal am Gesamtumsatz der Gruppe ausmacht, verrät Gerdes nicht. In der Branche soll er insgesamt bei zehn bis 13 Prozent liegen.

Die Idee: Öffnung an jedem Sonntag in 2020 Doch es ist ein ganz anderes Thema, das das Führungstrio derzeit besonders bewegt: die Sonntagsöffnung. Die verkaufsoffenen Sonntage sind seit Jahren immer wieder ein Zankapfel zwischen dem Handel auf der einen sowie den Kirchen und vor allem den Gewerkschaften auf der anderen Seite. In der Folge der Corona-Krise bekommt das Thema jetzt aber einen ganz neuen Dreh.

Es geht nicht mehr um vereinzelte Ausnahmeregelungen, sondern ums Grundsätzliche. &bdquo;Wir können nicht verstehen, warum wir nicht sonntags von 13 bis 18 Uhr öffnen dürfen", sagt Gerdes. &bdquo;Wir reden über das Jahr 2020." Auch Birgit Gärtner treibt das Thema schon lange um. Sie verweist auch auf die Stimmung unter den Mitarbeitern, die an diesen Tagen besonders gut verdienen. &bdquo;Unsere Mitarbeiter wollen sogar gerne am verkaufsoffenen Sonntag arbeiten." Der Tag sei als Arbeitstag beliebt.

Es gibt ein historisches Vorbild Natürlich geht es auch darum, zumindest einen Teil des in der Krise eingebüßten Umsatzes zu kompensieren, um nicht auf Staatshilfe angewiesen zu sein. Porta habe das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent aufgestockt und das komplette Urlaubsgeld bezahlt, damit die Mitarbeiter möglichst nicht in Schwierigkeiten geraten, sagt Gerdes. Die Unternehmensführung sei dankbar für und stolz auf die Leistung der Mitarbeiter. &bdquo;Jetzt müssen wir unsere Liquidität aber wieder aufladen." Und dafür müsse das Unternehmen die Gelegenheit haben, Geschäfte zu machen – auch an Sonntagen. Dafür gibt es sogar ein historisches Beispiel: Nach dem Elbe-Hochwasser 2002 durften die Geschäfte in Sachsen-Anhalt und Sachsen sonntags öffnen. &bdquo;Wir erleben jetzt die schwerste Krise seit 1930", sagt Gerdes. Bewegung in der Sonntags-Frage gebe es dennoch nur in einer Form: &bdquo;Wir drehen uns im Kreis."

Die Folgen dieser Politik lassen sich zum Beispiel in den Niederlanden beobachten. Das Outlet-Center in Roermond, kurz hinter der deutschen Grenze, hat nur am ersten Weihnachtstag und an Neujahr geschlossen. &bdquo;Sonntags ist da der Parkplatz voll – und 80 Prozent der Autos kommen aus Deutschland", sagt Birgit Gärtner. Das Geld bleibt also dort, ebenso die Steuern. Das gilt auch für den größten Gewinner der Krise: den Onlinehändler Amazon.

So soll es nach der Krise weiter gehen Im Gespräch blickt das Führungstrio trotz Krise vor allem in die Zukunft. Seit einigen Wochen zeigt sich das auch schon im komplett überarbeiteten Markenauftritt der Gruppe: neues Logo, frische Farben und dazu ein für ein ostwestfälisches Familienunternehmen durchaus freches Video mit wackelnden und einem schließlich zusammenbrechenden Bett. Die Botschaft: Wer jetzt ein Neues kauft, bekommt in neun Monaten das Babybett gratis dazu. Im Internet ist der Spot mit wenigen Ausnahmen sehr positiv aufgenommen worden. Und auch für Birgit Gärtner steht der neue Ansatz nicht im Widerspruch mit der westfälischen Tradition des Hauses. &bdquo;Man kann auch frech und trotzdem bodenständig sein", sagt sie. Und Gerdes ergänzt: &bdquo;Als Westfale ist man alles, aber nicht langweilig."

Der optische Umbau der Marke Porta war zwar schon länger geplant, die Umsetzung wurde dann aber vorgezogen. &bdquo;Die Krise ist der perfekte Zeitpunkt dafür", sagt Gerdes. Niemand habe damit gerechnet, entsprechend groß sei die Aufmerksamkeit. Die Idee und die Entwicklung der neuen Markenausrichtung erfolgte durch die Holding-Geschäftsführung, begleitet von einer Agentur. Sie fassen die Idee dahinter in einem neuen Slogan zusammen: &bdquo;Stolzer Vermittler von erfolgreichen Mensch-Möbel-Beziehungen. Seit 1965." Der Multicolor-Ansatz, also das Fehlen einer bestimmenden Farbe, versteht das Unternehmen als deutliches Bekenntnis in der Diversity-Debatte. &bdquo;Jeder Mensch – Mitarbeiter oder Kunde – ist uns gleich wichtig", sagt Gerdes.

Für die Zukunft kann sich Gerdes auch einen weiteren Ausbau des Online-Geschäfts über Kooperationen mit kleineren Möbelhändlern vorstellen. Eine eigene Plattform sei erst ab einer bestimmten Größe sinnvoll, die andere nicht hätten. So sei es zum Beispiel denkbar, mit Händlern aus Süddeutschland zusammenzuarbeiten, mit denen Porta im stationären Handel in keinem Konkurrenzverhältnis stehe. Achim Fahrenkamp geht noch einen Schritt weiter und schließt auch Beteiligungen oder sogar Übernahmen nicht aus. Die Botschaft ist deutlich: Von der Krise wollen sich die drei nicht einschüchtern lassen.

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