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Weltreise trotz Corona: Bielefelder Familie erfüllt sich ihren Traum

Ivonne Michel

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„Ganz aus dem Häuschen" ist das Motto der besonderen Reise von Familie Kühnen. Am Uvita Strand in Costa Rica springen Joachim (51), Alexandra (46), Emil (14) Lieselotte (11) und Fred (9, v.l.) einfach mal vor Freude in die Luft. - © Kühnen
„Ganz aus dem Häuschen" ist das Motto der besonderen Reise von Familie Kühnen. Am Uvita Strand in Costa Rica springen Joachim (51), Alexandra (46), Emil (14) Lieselotte (11) und Fred (9, v.l.) einfach mal vor Freude in die Luft. (© Kühnen)

Bielefeld. Riesenrutsche auf dem Wasserfall, bei 30 Grad am traumhaften Sandstrand, Lernen zwischen Kolibris und Klammeraffen unter Palmen: Die Fotos, die Familie Kühnen aus Costa Rica schickt, machen wirklich neidisch. Wer würde da aktuell nicht gerne tauschen? „Wir wollten einfach mal wirklich Zeit haben für uns als Familie, das war unsere Hauptmotivation", sagen Alexandra (46) und Joachim (51). Gemeinsam mit den drei Kindern mal ganz andere Erfahrungen zu machen, über den Tellerrand zu schauen, sich auf Land und Leute in der Fremde einzulassen und sich inspirieren zu lassen, so die Idee. Seit Oktober sind die fünf jetzt auf Costa Rica, im Januar soll’s nach Mexico gehen, im Frühjahr dann noch durch Europa.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wenn nicht jetzt, wann dann? Emil, der älteste Sohn ist 14. „Vielleicht hätte er im nächsten Jahr schon keine Lust mehr gehabt", sagen die Eltern. Zwar habe Corona den ursprünglichen Pläne Richtung Asien und Neuseeland zu reisen, einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber das Ziel sei gar nicht das Entscheidende gewesen. Sondern der Wunsch, einmal ganz auszusteigen aus dem sonst sehr straffen, durchgetakteten, durch die Berufstätigkeit der Eltern und den Schulalltag der Kinder bestimmten und verplanten Alltag. Sich Zeit zu gönnen jenseits des Hamsterrads.

Fred hat am Strand eine Babyschildkröte entdeckt. - © Kühnen
Fred hat am Strand eine Babyschildkröte entdeckt. (© Kühnen)

Die Doppelbelastung im Lockdown sei auch für sie, wie für so viele Familien, der totale Wahnsinn gewesen. Vor etwa zweieinhalb Jahren, noch vor Corona, habe sich die Idee aber bereits schon konkretisiert. Alexandra, die an der Bielefelder Universität arbeitet, und Joachim, Lehrer am Gymnasium in Löhne, beantragten ein Sabbatjahr. „Zum Glück ist so etwas bei uns gut möglich", sagen beide. Auch die Schulen der Kinder zogen mit und ermöglichten die Freistellungen.

Riesenspaß in der Natur: Emil rutscht einen Wasserfall runter. - © Kühnen
Riesenspaß in der Natur: Emil rutscht einen Wasserfall runter. (© Kühnen)

Entschleunigtes Reisen mit kleinem Gepäck

Entschleunigtes Reisen mit kleinem Gepäck, sich auf das Wesentliche zu reduzieren und zu konzentrieren, offen sein für neue Entdeckungen und Erfahrungen: darum gehe es. Da habe Costa Rica mit seiner Artenvielfalt und unberührten Natur einfach unglaublich viel zu bieten. Brüllaffen, Kolibris, Faultiere, Ameisenbären, Blattschneideameisen, Tukane, Aras, Delfine und viele andere Tiere seien ihnen schon begegnet. „Man lernt hier einfach ganz viel auf eine ganz andere Art, muss sich einfach nur umschauen", sagt Alexandra. Faszinierend sei auch die Warmherzigkeit der Menschen. „Als die Kinder kürzlich krank waren, wurde sofort Hilfe angeboten", berichtet Joachim. Es sei überhaupt kein Problem gewesen, etwas länger als geplant im Hostel, das sie nur begrenzt gemietet hatten, zu bleiben. Viele Familien seien mit jüngeren Kindern unterwegs, nutzten die Elternzeit. „Aber uns war es wichtig, dass unsere Kinder das bewusst miterleben können", sagt Alexandra.

Leichter lernen unter Palmen: im Hostel in Cascada Verde. - © Kühnen
Leichter lernen unter Palmen: im Hostel in Cascada Verde. (© Kühnen)

Aber es sei nicht alles nur rosig, der Familienalltag gehe weiter. Auseinandersetzungen, wie zuhause, gehörten dazu. Und Verpflichtungen, wie Kochen oder Wäsche waschen. Für Emil, seine Schwester Lieselotte (11) und Bruder Fred (9) geht die Schule weiter. Das sei dank des coronabedingten digitalen Schwungs jetzt deutlich einfacher geworden. Alle Schulbücher hätten sie als ebooks dabei. Mitschüler und ihre Eltern unterstützen als Buddys, damit die drei auf dem Laufenden bleiben. Das funktioniere wirklich gut.

Lieselotte am Strand im Nationalpark „Manuel Antonio". - © Kühnen
Lieselotte am Strand im Nationalpark „Manuel Antonio". (© Kühnen)

Vieles lernten sie jetzt aber anders als sonst. Für Fred stand jetzt das Thema Uhrzeit an. „Als wir länger im Auto unterwegs waren, war er unsere Zeitansage – und hatte es nach zwei Tagen drauf", berichtet Alexandra. Englisch mache einfach mehr Spaß, wenn man es wirklich nutzen könne, um sich beispielsweise mit den Gastgebern der Hostels vor Ort zu verständigen. Das sei sehr motivierend. Nicht viel dabeizuhaben, mache zudem sehr kreativ. „Wir haben tolle Dinge aus Treibholz gebastelt oder uns jetzt gemeinsam einen besonderen Adventskalender gebastelt", berichtet Joachim.

Was fehlt, sind die Freunde

Zwar halten sie per Internet Kontakt zu ihren Freundinnen und Freunden. Aber sie fehlen schon, sagen die Kinder. Fred vermisst tatsächlich auch die Schule. Er findet es besonders gut, so viel in der Natur zu sein und schon so viele tolle Tiere gesehen zu haben. Emil findet das Traveller-Schooling, wie seine Mama das besondere Lernen in freier Zeiteinteilung und ohne Klassenarbeiten nennt, total gut. Aktuell vermisst Lieselotte auch ein bisschen die vorweihnachtliche Stimmung in Deutschland. „Unter Palmen ist es doch ein bisschen schwer, in Weihnachtsstimmung zu kommen", sagt sie.

Total gut findet sie, dass sie „einerseits so viel unternehmen und auch richtige Abenteurer erleben", wie beispielsweise, einen riesigen Wasserfall herunter zu rutschen. Oder unerwartet beim Strandspaziergang ganz plötzlich Babyschildkröten auf ihrem Weg ins Meer zu entdecken und beobachten zu können. Und andererseits dann aber auch länger an einem Ort zu bleiben und Zeit zum Ausruhen zu haben.

Reisen unter einem guten Stern

Corona sei auch in Costa Rica präsent. Dadurch würden sie auch Kontakte mit anderen in Hostels oder Restaurants anders empfinden. „Aber der Großteil des Lebens findet draußen statt", berichten die Kühnens. Zudem liege die Inzidenz aktuell gerade mal bei 16, und die Menschen seien sehr diszipliniert, Maske gehöre im Alltag dazu. Wie’s dann im kommenden Jahr mit ihrer Weltreise weitergeht, was dann tatsächlich möglich ist, müssten sie kurzfristig schauen. Vertrauen und Hoffnung reisten auf jeden Fall immer mit. „Reisen unter einem guten Stern", das sei ein gutes Lebensmotto.

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