Fahrschüler in OWL warten monatelang auf Prüfungstermine

Bielefeld/Herford. Das Geld ist zurückgelegt, die Fahrschule ausgesucht. Und trotzdem darf Leonie Beermann (Name geändert) nicht lernen, wie man Auto fährt. Denn um Praxisstunden nehmen zu können, fehlt ihr die Zulassung zur Theorieprüfung. Vor 18 Wochen beantragte sie diese gemeinsam mit ihrer Mutter bei der Fahrerlaubnisbehörde in Bielefeld. Bislang vergeblich.

Beermann ist kein Einzelfall. In ganz OWL warten Anwärter aus unterschiedlichsten Gründen auf ihren Führerschein. Das hat auch Auswirkungen auf Nahverkehr und Logistik.

"Das ist doch völlig absurd" In Leonie Beermanns Fall hakt es an der Abschrift der Kartei der Fahrerlaubnis ihrer Mutter. Die müsste vom zuständigen Amt in deren Geburtsort zugestellt werden. Das ist bislang aber nicht passiert. Der gültige Führerschein hingegen, sofort verfügbar, reicht nicht aus für die Bewilligung. Und ohne Bewilligung keine Praxisstunden. &bdquo;Das ist doch völlig absurd."

Auf Anfrage teilt die Fahrerlaubnisbehörde Bielefeld mit, die durchschnittliche Bearbeitungszeit für die Zulassung liege bei acht bis zwölf Wochen. &bdquo;Teilweise, weil Unterlagen oder Atteste fehlen. Wir sind aber dran, die Bearbeitungszeit zu verkürzen."

Aileen Bendig, Mitarbeiterin in der Herforder Fahrschule Knollmann, kennt das Problem. &bdquo;Das läuft in Bielefeld derzeit am schlechtesten, das kriegen wir von Fahrschülern immer wieder berichtet." Weitaus gravierender aber sind in ihren Augen die verzögerten Termine für theoretische und praktische Prüfungen. &bdquo;Für die Theorie gibt es zu wenig Termine. Und für die Praxis zu wenige Prüfer. Aktuell kriegen wir höchstens die Hälfte der von uns angefragten Termine von TÜV bewilligt."

Nur die Hälfte aller Prüfungstermine in Herford bewilligt Für die Theorieprüfungen gibt es in Herford pro Tag rund 20 Prüfungsplätze – für alle Fahrschulen der Stadt. In Bielefeld sind es rund 40 Plätze. &bdquo;Ich stelle mir immer eine Atomuhr und reserviere für uns in der Sekunde, in der die Termine freigeschaltet werden", sagt Bendig. &bdquo;Das machen natürlich alle so – in der Regel sind die Termine nach zehn bis zwölf Sekunden weg. Und Kollegen, die nicht vor dem Computer sitzen können, weil sie gerade Fahrunterricht geben, haben das Nachsehen."

Bendigs Schätzung nach könnten gut doppelt so viele Fahrschüler früher den Führerschein machen, als es derzeit der Fall ist. &bdquo;Das ist für junge Leute und auch ihre Eltern natürlich sehr ärgerlich", sagt Harald Pohlmann, Inhaber der Fahrschule Zöllner mit Standorten in Berlin, Bielefeld, Detmold, Lemgo, Minden und Hannover. &bdquo;Wer auf Nummer sicher gehen will und das Erlernte frisch halten, der schiebt dann eigentlich unnötige Fahrstunden bis zum verzögerten Prüfungstermin ein. Das geht natürlich ins Geld." Wovon die Fahrschulen ja eigentlich profitieren. &bdquo;Könnte man meinen", sagt Pohlmann und lacht. &bdquo;Aber das rechnet sich für uns nicht. Und entschädigt auch nicht für den organisatorischen Aufwand, den das ständige Verschieben der Prüfungstermine bedeutet."

Das eigentliche Problem sieht Pohlmann aber woanders. &bdquo;Wir bilden hier ja auch Berufskraftfahrer für Bus und Lkw aus. Das sind Menschen, die händeringend gesucht werden – und nicht im Beruf starten können, weil ihnen die Prüfung fehlt. Und die müssen dann ja auch weiter Arbeitslosengeld beziehen, obwohl das gar nicht nötig wäre."

Auch Aileen Bendig von der Fahrschule Knollmann kennt das Problem. &bdquo;Wir haben hier schon oft Menschen gehabt, die zum Beispiel einen Bildungsgutschein beantragt haben, der nach zwölf Wochen immer noch nicht bewilligt war. Die sind dann im Fall der Schulung für einen kleinen Lkw aber schon nach vier Wochen fertig – und können die Prüfung nicht machen ohne Antrag."

Fahrschulen wollen Monopol des TÜV abschaffen Schuld an den verzögerten Praxisprüfungen ist in Pohlmanns Augen der TÜV. &bdquo;Die kriegen es einfach nicht hin, genügend Personal einzustellen oder für die Fahrprüfungen einzusetzen. Die werden lieber für Aufgaben eingesetzt, mit denen der TÜV im Wettbewerb mit anderen Anbietern steht, wie der Hauptuntersuchung. Bei den Fahrprüfungen hat man nach wie vor das Monopol. Das abzuschaffen, wäre in den Augen der Fahrschulen die sinnvollste Maßnahme, um den Missstand zu beheben. Das steht ja auch im Koalitionsvertrag der Regierung."

Der TÜV beurteilt die Lage anders: &bdquo;Natürlich trifft die Pandemie – wie alle anderen Unternehmen und Wirtschaftsbereiche – auch TÜV Nord und wirkt sich auf die Einsatzzeiten unserer Prüferinnen und Prüfer aus", teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. &bdquo;Corona macht sich aber ebenso bei Fahrschulen bemerkbar. So müssen zugesagte Fahrerlaubnisprüfungen (FE) krankheitsbedingt des Öfteren ebenfalls abgesagt werden, da entweder die Fahrschulen oder Prüflinge Krankheitsfälle zu beklagen haben." Frei gewordene Termine würden dann nur in Ausnahmefällen von den Fahrschulen wieder neu besetzt.

Ein weiterer Grund für die Verzögerungen seien die verlängerten Prüfzeiten, die seit Anfang 2021 55 statt 45 Minuten pro Prüfung betragen. &bdquo;Hinzu kommt, dass der Bedarf an praktischen Fahrprüfungen im zweiten Halbjahr 2022 gegenüber dem ersten Halbjahr unerwartet spürbar angestiegen ist." Man sei bemüht, diesen Umständen mit Samstagsdiensten, verschobenen Urlauben, Reaktivierung von Ruheständlern und dem Einsatz von Mitarbeitern aus anderen Bereichen zu begegnen.

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