Ehemaliger AfD-Chef aus Bielefeld mischt bei "Reichsbürgern" mit

Bielefeld. Der frühere Chef der Bielefelder AfD mischt offenbar unter sogenannten Reichsbürgern mit. Das zeigen Recherchen dieser Redaktion. Demnach hat er an mehreren Treffen des "Vaterländischen Hilfsdienstes (VHD)" teilgenommen. Mittlerweile scheint er jedoch gemerkt zu haben, was es mit der Gruppe auf sich hat.

Bei dem VHD handelt es sich um eine Reichsbürger-Gruppe, die im Grunde an den Fortbestand des Kaiserreichs glaubt – zudem befinde sich das Reich im Kriegszustand. Der Verfassungsschutz beobachtet die Gruppe und nennt deren Ziele "extremistisch und verfassungsfeindlich". Gegenüber dieser Redaktion urteilte der Nachrichtendienst aus NRW vor einigen Monaten zudem: "Einige Akteure der Reichsbürgerszene propagieren Gewalt als legitimes Mittel der Auseinandersetzung. Besonders problematisch sind die in der Szene verbreitete Waffenaffinität sowie die Bereitschaft, Gewaltdelikte zu begehen. Diese grundsätzliche Einschätzung gilt auch für Anhänger des VHD."

Der VHD ist bundesweit aktiv, organisiert sich in Ortsgruppen, sogenannten "Armeekorpsbezirken". Ostwestfalen-Lippe, das Münsterland und das Ruhrgebiet gehören zum Bezirk 7 – ein durchaus aktiver Bezirk.

Mehrere Treffen im Raum OWL Regelmäßig finden in der Region Treffen statt, häufig im Raum Ostwestfalen. So versammelten sich zum Beispiel vor einigen Wochen mehr als 20 Personen im Raum Bielefeld. "Thema war die Geschichte zum Weltkrieg und genauer, daß das Deutsche Reich sich keine Kriegsschuld zum Ausbruch des Krieges 1914 vorzuwerfen hat", schreiben die Reichsbürger in einer Mitteilung. Gut einen Monat später besuchte eine Gruppe aus zwei Dutzend Anhängern – sowie zwei Kindern – das Residenzschloss in Detmold (Kreis Lippe).

Fotos und Videos, die dieser Redaktion vorliegen, zeigen: An beiden Treffen nahm der ehemalige Chef der Bielefelder AfD teil, der 2017 auch für die Partei zur Landtagswahl antrat. Andere Bilder legen eine Teilnahme an weiteren Treffen nahe.

Der Mann verließ die Partei Anfang 2021. Den Ex-Vorsitzenden störte offenbar, dass viele Mitglieder anderer Parteien zur AfD kämen, um Karriere zu machen. Seitdem hatte er sich aus der Politik zurückgezogen – zuvor war er langjähriges Mitglied der AfD, wohl sogar eines der ersten in Bielefeld.

Das sagt der Ex-Politiker Hat er nun bei den Reichsbürgern ein neues politisches Zuhause gefunden? Diese Redaktion erreichte den ehemaligen AfD-Vorsitzenden. Er spricht von Informationsveranstaltungen des VHD, an denen er teilgenommen habe. "Zwei, drei Treffen", sagt er. Mitgenommen habe ihn ein Freund. Die anderen Personen, die an dem Treffen teilgenommen haben, seien "harmlose Menschen", versichert er. "Da hat keiner mit einer Waffe oder so rumgespielt."

Er sehe beim VHD aber "keinen Sinn". "Das sind Träumereien, die da verbreitet werden." Und dennoch spricht er plötzlich von Standpunkten, "die stimmig sind" – Standpunkte, wie sie im Reichsbürger-Milieu vertreten werden. So meint er, dass das Deutsche Kaiserreich nicht untergegangen sei, wie das Bundesverfassungsgericht angeblich ebenfalls geurteilt habe. Zum Teil seien auch noch Regeln des Reiches gültig. Er sieht Reichsbürger generell als harmlos an. "Bei 20.000 Personen gibt es aber bestimmt auch den ein oder anderen Idioten dazwischen."

Politiker distanziert sich An Treffen wolle der Ex-AfD-Vorsitzende nicht weiter teilnehmen, sagt er. Er habe kein weiteres Interesse daran. Er beteuert: Dass der VHD vom Verfassungsschutz beobachtet wird, sei ihm zudem nicht bekannt gewesen. Nachdem ihm dies im Gespräch mit dieser Redaktion bekannt geworden ist, sei er umgehend aus allen Chatgruppen ausgetreten.

Zuletzt sind sogenannte Reichsbürger, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen, wieder in den Fokus geraten. Bei mehreren Razzien wurden 25 Anhänger der Ideologie verhaftet. Sie planten einen Umsturz der Bundesregierung, sollen auch vor Gewalt nicht zurückgeschreckt haben. Laut Berichten haben mehrere der Beteiligten eine Vergangenheit bei der AfD.

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