Mehrere Tierschutz-Skandale in OWL aufgedeckt – wieso trifft es die Region?

Bielefeld. Tierrechtsaktivistern haben in den vergangenen Jahren mehrere massive Verstöße gegen den Tierschutz in landwirtschaftlichen Betrieben in OWL dokumentiert. Dass es häufig die Region trifft, liegt vor allem an der hohen Anzahl an solchen Betrieben.

Vier Tierschutzorganisationen – darunter SOKO Tierschutz und das Deutsche Tierschutzbüro – prangern bundesweit immer wieder Tierschutz-Skandale an, unter anderem mit Fotoaufnahmen der Zustände. Insgesamt waren das mehr als 160 Fälle seit 2016. Mit allein mehr als 40 Fällen ist NRW besonders betroffen, der größte Teil davon in OWL oder dem Münsterland. "In NRW stehen sehr viele Mastanlagen", erklärt Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Tierschutzbüros. Peifer betont: "Bei den Fällen handelt es sich um die bekannt gewordenen. Das ist nur die Spitze des Eisberges." Er schätzt die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher.

Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), kritisiert Aussagen wie diese. "Damit wird die gesamte Landwirtschaft unter Generalverdacht gestellt", sagt er und spricht bei Tierschutz-Verstößen von Einzelfällen. "Bei uns spielt Tierschutz grundsätzlich eine große Rolle", sagt er weiter. Künftig wolle man das Tierwohl zudem weiter erhöhen. Eine Erklärung, weshalb solche Verstöße vergleichsweise oft im Raum Ostwestfalen-Lippe aufgedeckt wurden, hat er indes nicht. Generell sind hier sowie im Münsterland viele Mastbetriebe angesiedelt.

Diese Verstöße dokumentierten die Tierschützer in OWL seit Oktober 2017:

Oktober 2017: Blutige Wunden in Schweinehaltung Aus einer als mittlerer Betrieb beschriebenen Mastanlage für Schweine im Kreis Minden-Lübbecke veröffentlichten Tierschützer Ende 2017 Fotos von Schweinen, die unter anderem blutige Wunden, abgebissene Ringelschwänze oder massive Schwellungen am Körper hatten. Laut dem Verein Tierretter handelte es sich bei dem Betrieb um einen Westfleisch-Zulieferer.

Oktober 2017: Betrieb doppelt kontrolliert Aufnahmen des Vereins Tierretter aus einem Betrieb im Kreis Höxter zeigen Schweine, die in ihrem Kot leben sollen. Anfang 2022 haben die Aktivisten laut eigenen Angaben erneut in dem Betrieb gefilmt. Die Zustände seien unverändert.

Oktober 2017: Kein Wasser für Schweine? Der Verein Tierretter berichtet von Tieren in einem Betrieb im Kreis Paderborn mit entzündeten Augen und abgebissenen Schwänzen. Zudem soll in einigen Buchten die Nippeltränken abgedreht worden sein - die Tiere sollen so kein Wasser bekommen haben.

Oktober 2017: Truhe mit toten Ferkeln Paderborn Der Verein Tierretter veröffentlichte Bilder von verletzten Tieren in einem Betrieb im Kreis Paderborn. Zudem zeigen die Fotos eine Kühltruhe, in der sich tote Ferkel stapeln.

Oktober 2018: Tierschutz-Skandal mit Folgen nach OWL 2018 wurde ein bundesweit bekannter Tierschutz-Skandal in einem Schlachtbetrieb in Bad Iburg (nahe Osnabrück) bekannt. Der Fall hatte auch Auswirkungen nach OWL. Denn ein Viehhändler aus dem Kreis Gütersloh lieferte dem niedersächsischen Schlachtbetrieb mehrfach nicht transportfähige Rinder, die unter anderem mit Gewalt abgeladen wurden. Die Verantwortlichen der Gütersloher Firma mussten eine Geldstrafe zahlen.

Oktober 2018: Mumifizierte Puten im Mastbetrieb Laut Aktivisten des Vereins Tierretter wurden in einem Betrieb im Kreis Gütersloh kranke Vögel nicht tierärztlich versorgt. Zum Teil sollen tote Tiere in der Halle gelegen haben, manche davon seien bereits mumifiziert gewesen. Manche Vögel seien aufgrund der Mast kaum dazu in der Lage gewesen aufzustehen.

Juli 2020: Gerichtsverfahren wegen Schweinehaltung abgewendet Fotos, die in einem konventionellen Landwirtschaftsbetrieb im Kreis Gütersloh aufgenommen worden sein sollen, zeigen offenbar Schweine mit unbehandelten Verletzungen, wie blutig gebissene Schwänze und Ohren. Die Zustände der Haltung sollen insgesamt schlecht gewesen sein. Laut Deutschem Tierschutzbüro lieferte der Landwirt Tiere an Tönnies. Der Betreiber wendete ein Gerichtsverfahren durch die Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 600 Euro ab.

Mai 2021: Enten an die Wand geschlagen Im Kreis Gütersloh soll laut Deutschem Tierschutzbüro ein Mitarbeiter eines Entenmastbetriebs kranke Enten gegen eine Wand geschleudert haben, um sie zu töten. Ein anderes, ebenfalls krankes Tier soll mit einer Mistgabel erschlagen worden sein. Zwischen den Enten sollen auch tote Tiere gelegen haben, offenbar schon mehrere Tage. Die Person, die beim Töten der Ente gefilmt wurde, wendete eine Gerichtsverhandlung gegen eine Zahlung von 360 Euro an den Tierschutzverein Bielefeld ab.

September 2022: Ermittlungen wegen Schweinehaltung Das Deutsche Tierschutzbüro veröffentlichte Fotos und Videos aus einer Schweinemastanlage im Kreis Lippe, die ebenfalls an Westfleisch geliefert haben soll. Auf den Aufnahmen sind Tiere mit blutig gebissenen Ohren zu sehen, manche Tiere konnten kaum mehr laufen - offenbar wegen Verletzungen oder Krankheit. Im Gang der Stallung lag ein totes Schwein. Die Staatsanwaltschaft Detmold ermittelte gegen den Landwirt, stellte die Ermittlungen aber ein. Das Deutsche Tierschutzbüro legte dagegen Beschwerde ein.

September 2022: Ermittlungen in Paderborner Schweinemast eingestellt Das Deutsche Tierschutzbüro berichtet von Schweinen mit teils großen Nabelbrüchen, andere Tiere sollen blutig gebissene Ohren gehabt haben - offenbar ohne ärztliche Behandlung. Zudem soll es viele kranke, sterbende und tote Ferkel gegeben haben. In einer Nacht sollen die Muttertiere im engen Kastenstand keinen Zugang zu Trinkwasser und Beschäftigungsmaterial gehabt haben. Die Staatsanwaltschaft Paderborn hat das Verfahren Anfang des Jahres eingestellt.

September 2022: Schweine fast blind Das Deutsche Tierschutzbüro veröffentlichte Fotos aus einem Mastbetrieb im Kreis Höxter, auf denen viele Schweine entzündete Augen hatten. Einige Tiere sollen kaum etwas gesehen haben. In der Luft sollen Messgeräte einen deutlich zu hohen Ammoniakgehalt nachgewiesen haben. Grund dafür sollen Ausscheidungen der Tiere sein. Bereits 2017 sollen Aktivisten und das Veterinäramt die Zustände festgestellt haben. Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Paderborn wurde eingestellt.

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