Neue Borkenkäferplage droht - was bedeutet das für die Wälder in OWL?

Bielefeld. Wer durch die Wälder in Ostwestfalen-Lippe geht, sieht sie überall: Flächen, in denen kaum ein Baum mehr steht. Der Borkenkäfer hat die Bestände vernichtet. Eine Großkalamität nennen Fachleute dies. Doch nun droht die Zerstörung weiterzugehen. Denn Experten warnen vor einer neuen Borkenkäferplage. "Wir müssen mit Erschrecken feststellen, dass der Befall weitergeht", sagt Holger-Karsten Raguse, Chef des Regionalforstamts OWL, auf Anfrage dieser Redaktion.

Damit bestätigt der Fachmann Angaben des Julius-Kühn-Instituts für Waldschutz (JKI) mit Sitz in Quedlinburg, das im Dezember des vergangenen Jahres neu gegründet wurde und Strategien erarbeiten soll, wie der Wald in Deutschland resistenter für die Herausforderungen in Zeiten des Klimawandels wird. "Wie auch in den Vorjahren war es zu warm und trocken", erklärt JKI-Chef Henrik Hartmann. Das sei eine erneute Gefahr für Fichten, langfristig seien auch andere Baumarten durch den Klimawandel in Gefahr.

"Es gibt keinen Grund zur Entwarnung", sagt Michael Blaschke, Sprecher des Landesbetriebs Wald und Holz NRW, mit Blick auf die hiesigen Wälder. "Über die Hälfte der Fichten in NRW sind bereits dem Borkenkäfer und der Dürre zum Opfer gefallen." Zwar hätten die verbliebenen Fichten durch den feuchten Winter gute Voraussetzungen für ein gutes Wachstum. Sie könnten Harz bilden und sich gegen eindringende Borkenkäfer so wehren.

"Borkenkäfer haben vom milden Winter profitiert" Aber: "Viele Borkenkäfer haben den Winter überlebt. Sie haben von den milden Wintertemperaturen profitiert", so Blaschke. Der Borkenkäferbefall liege aber immer noch deutlich über dem normalen Borkenkäferbefall der Jahre vor der Kalamität, die mit dem Sturm Friederike 2018 begonnen habe. "Das Drama geht am Boden wieder los", beobachtet Raguse. Das seien keine guten Aussichten für den alten und mittelalten Fichtenbestand.

Baumarten wie Buchen, Ahorn, Esche oder Eiche seien ebenfalls belastet. Vor dem Sturm Friederike hätten sich auf der rund 80.000 Hektar großen Waldfläche des Regionalforstamts OWL rund 20 Prozent Fichten befunden; heute seien es nur noch fünf Prozent. Die Strategie der Forstfachleute sei es, nun nicht gegen die Natur anzuarbeiten, indem man flächendeckend aufforste, sondern mit Initialanpflanzungen eine Entwicklung hin zu einem klimaresistenteren Wald zu erreichen.

"Es braucht einen langen Atem", beschreibt Raguse diesen Prozess. Eine sogenannte Vorwaldentwicklung gehe man etwa mit der Anpflanzung von Birken oder Ebereschen an, damit keine Verwilderung durch Brombeeren oder Adlerfarn entstehe. Zudem sei auch eine intensive Jagd nötig, damit die Wildschwein-Population nicht explodiere und Wildverbiss sich in Grenzen halte.

"Wichtig ist, den Spaß am Wald zu erhalten" Durch die langen Lebenszyklen seien derzeit Entscheidungen zu treffen, die bis zu 150 Jahre Bestand haben werden, so Raguse. Zum Konzept gehöre es auch, Experimente mit Baumarten zu machen, die aus anderen Ländern stammen, etwa der Litauenzeder. Hierbei führe man durchaus auch eine Auseinandersetzung mit der Naturschutzszene.

"Der Klimawandel zeigt sich und ist da", fasst Raguse die Situation zusammen. Deshalb sei eine aktive Steuerung und Pflege der Baumbestände wichtig; auch eine Holznutzung sei weiterhin gewünscht, da sie nachhaltigen Zielen diene. Bei dem Prozess der Verjüngung der Pflanzenkulturen stehe man in engem Austausch mit den privaten Waldbesitzern. "Wichtig ist, den Spaß am Wald nicht zu verlieren", sagt Raguse. Immerhin sind fast 60 Prozent der Waldflächen des Regionalforstamts OWL in Privatbesitz.

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