Es gibt wieder mehr Auszubildende als Studierende - so sieht es in OWL aus

Bielefeld/Detmold. Junge Menschen, die vor der Berufswahl stehen, entscheiden sich wieder häufiger für eine duale Ausbildung anstatt eines Studiums. Das geht aus Zahlen hervor, die der Statistikbetrieb des Landes, IT NRW, vorlegt. Demnach schlossen im Jahr 2022 insgesamt 105.870 Personen einen neuen Ausbildungsvertrag ab, während 103.305 Personen ein Studium im Land begannen. Ein Bild, das sich auch in Ostwestfalen-Lippe erhärten lässt.

Dazu sagt Jörg Deibert, Sprecher der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld: "Dieser erfreuliche Trend hat im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen bilden die Unternehmen, die zum Großteil händeringend nach Fachkräften suchen, wieder verstärkt ihren eigenen Nachwuchs an Beschäftigten aus. Zum anderen erkennen die jungen Menschen wieder stärker den Wert einer Ausbildung, die viel beruflichen Praxisbezug bietet."

Deibert weist zudem darauf hin, dass junge Menschen nach der Ausbildung durch Weiterbildungen und mit Abschlüssen der höheren Berufsbildung wie Industriemeisterin oder -meister einen zum Studium gleichwertigen Abschluss erreichen können. Bereits 2021 hatte die Zahl der neuen Azubis laut der Statistik höher gelegen als die der Studienanfängerinnen und -anfänger. 105.198 Ausbildungsanfänger standen demnach 103.699 Studierenden im ersten Hochschulsemester gegenüber.

Von 2013 bis 2020 mehr Studierende als Auszubildende In den Jahren von 2013 bis 2020 hatte es dagegen jeweils mehr Studienanfänger als neue duale Auszubildende gegeben. "Die größte Differenz zugunsten der Hochschuleinschreibungen wurde im Jahr 2014 verzeichnet, als auf 115.419 neue Auszubildende 127.175 Studierende im ersten Hochschulsemester kamen", berichtet IT NRW.

"Ich würde mir wünschen, dass diese Entwicklung darauf zurückzuführen ist, dass Schüler, Eltern und Lehrer zu der Erkenntnis gekommen sind, dass eine duale Ausbildung auch ein toller Start in den Beruf sein kann", sagt Michael Wennemann, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung bei der IHK Lippe zu Detmold, im Gespräch mit dieser Redaktion. Beide Wege ins Berufsleben hätten ihre Berechtigung, so Wennemann. Doch in den vergangenen Jahren sei mitunter der Eindruck entstanden, "dass viele eine duale Ausbildung überhaupt nicht in Betracht ziehen".

Wenn sich dieser Trend nun umkehre, sei dies sehr schön, so Wennemann. Er berichtet für den Bereich der IHK Lippe aktuell von einem Plus von 24 Prozent bei den eingetragenen neuen Ausbildungsverträgen. "Das bedeutet, dass viele Betriebe auch Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen." Die Entwicklung sei "für alle Beteiligten ein tolles Zeichen". Ausbildungen zum Mechatroniker, zum Elektroniker und zum Werkzeugmacher seien in Lippe wieder stark gefragt.

Auch Handwerk verzeichnet positiven Trend Auch das Handwerk kann den Trend zur dualen Ausbildung bestätigen. So sagt Marwin Schadwill, Leiter Ausbildungsberatung, Lehrlingsrolle und Fachkräftesicherung der Handwerkskammer OWL: &bdquo;In den letzten Jahren sind die Ausbildungszahlen im ostwestfälisch-lippischen Handwerk kontinuierlich angestiegen." Zum offiziellen Stichtag 30. September 2022 seien mehr als 3.900 Ausbildungsverträge im OWL-Handwerk abgeschlossen worden. "Das entspricht einem Plus von knapp 4 Prozent gegenüber dem ohnehin schon starken Ausbildungsjahr 2021."

Insgesamt seien knapp 11.000 Menschen im OWL-Handwerk als Auszubildende beschäftigt. "Über 20 Prozent der Handwerksbetriebe in OWL bilden aus", unterstreicht Schadwill. Überzeugungskraft habe auch das Argument, dass sich durch handwerkliche Berufe die Klimawende gestalten lasse. Im letzten Jahr hätten gut 21 Prozent derjenigen, die eine Ausbildung im OWL-Handwerk begonnen hätten, Abitur. In der Stadt Bielefeld seien es fast 25 Prozent gewesen. "Sie haben erkannt, dass sich im Handwerk gute Karrierechancen bieten, beispielsweise als Fachkraft in gehobener Position oder als Unternehmerin oder Unternehmer nach dem Erwerb des Meistertitels", betont Schadwill.

Deutschland brauche gut ausgebildete Handwerkerinnen und Handwerker, um die anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Dafür sei es wichtig, immer wieder die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung hervorzuheben, so der Ausbildungsexperte.

Nahles für frühere Berufsvorbereitung Unterdessen mahnt die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, an, dass die Berufsvorbereitung und Berufsorientierung in den Schulen früher beginnen müsse. &bdquo;Da würde ich mir mehr Verbindlichkeit in den Lehrplänen der Länder wünschen“, sagte sie. Für das aktuelle Ausbildungsjahr gebe es immer noch genügend Möglichkeiten der Vermittlung eines Ausbildungsplatzes. Die Zahl der unbesetzten Lehrstellen liege derzeit immer noch bei fast 230.000.

&bdquo;Wer keinen Berufsabschluss hat, wird es auch künftig schwerer haben, eine Stelle zu finden“, betonte Nahles. Insgesamt sei derzeit knapp 250.000 unter 25-Jährige arbeitslos gemeldet. &bdquo;Das dürfen wir uns als Gesellschaft nicht leisten, zumal viele Unternehmen händeringend junge Menschen suchen“, so die Chefin der Arbeitsagentur.

Bei den Arbeitsagenturen in Ostwestfalen-Lippe gab es eigenen Angaben zufolge im Juli noch 5.170 unbesetzte Ausbildungsstellen. Die Agentur für Arbeit Bielefeld weist allerdings darauf hin, dass nicht alle Ausbildungsplätze über die Arbeitsagenturen vermittelt werden. 2022 wurden in OWL laut IT NRW die folgenden Zahlen von Ausbildungsverträgen abgeschlossen: Stadt Bielefeld: 2.388, Kreis Gütersloh: 2.772, Kreis Herford: 1.605, Kreis Höxter: 843, Kreis Lippe: 2.022, Kreis Minden-Lübbecke: 2.226, Kreis Paderborn: 2.181.

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