Für immer behindert: Wildtier nach acht Jahren aus Bielefelder Wohnung geholt

Bielefeld. Frühjahr 2024: Die Tierschützer des Tierheims Bielefeld holen ein kleines Häufchen Elster aus der Wohnung eines verstorbenen Bielefelders. Zerrupft und kahl, dazu uralt und seit 15 Jahren im Haus gehalten. Ein artgerechtes Vogelleben hätte wohl anders ausgesehen. Nun gibt es einen zweiten Fall: Acht Jahre verbrachte ein weiterer Rabenvogel in einem Haus.

Nils taufte seinerzeit das Tierheim-Team die kleine, steinalte Elster. Und die ist jetzt, ein halbes Jahr später, kaum wiederzuerkennen. Die Federn glänzen, Nils würde auch als Dreijähriger durchgehen.

Nach wie vor lebt die Elster im Bielefelder Tierheim. &bdquo;Nils geht es inzwischen sehr gut“, berichtet Anjuli Barber, Leiterin der Wildvogelstation auf dem Tierheim-Gelände an der Kampstraße. &bdquo;Er hat inzwischen einmal durchgemausert, also die Federn einmal erneuert, und sieht endlich wieder wie eine schöne Elster aus.“

Nils nimmt seinen Job als diebische Elster sehr ernst

Nils sei richtig aufgetaut und nehme seinen Job als diebische Elster sehr ernst. &bdquo;In letzter Zeit verschwinden häufig gewisse Gegenstände, die Nils entwendet und in eines seiner zahlreichen Lager eingebunkert hat.“

Dohle Dieter lebte auch viele Jahre mit einem Menschen zusammen

Inzwischen habe Nils einen Freund bekommen, &bdquo;dem dasselbe Schicksal widerfahren war“, so Anjuli Barber. Im Tierheim taufte man die Dohle &bdquo;Dieter Dohlen“, was dem Tier gegenüber nicht ganz fair scheint. &bdquo;Der Vogel lebte geschätzt rund acht Jahre bei einem Herrn zu Hause, bis dieser verstarb. Nun haben wir also zwei fehlgeprägte Rabenvögel, die die Station auf den Kopf stellen.“

Das Problem: Je nach Grad der Fehlprägung ist es sehr schwer bis unmöglich, diese rückgängig zu machen. Ein endgültig fehlgeprägtes Tier kann nicht mehr in die Natur zurückgeführt werden. &bdquo;Diese Tiere teilen das Schicksal behinderter Tiere, da sie in ihrem Verhalten behindert sind. Das Leben in Gefangenschaft oder eine Euthanasie sind oft die einzigen Möglichkeiten“, heißt es bei der Wildtierhilfe Wien.

Deshalb wird auch für die beiden Bielefelder Vögel ein Zuhause gesucht. &bdquo;Wir sind nach wie vor auf der Suche nach einer passenden Endstelle für die beiden.“ Wer sich mit der Haltung von Rabenvögeln auskennt und Interesse hat, sich um die beiden Frechdachse zu kümmern, kann sich unter Tel. 05205 98430 melden.

Anrufe von besorgten Bielefeldern wegen Wildgänsen

Aktuell erreichen das Tierheim immer wieder Anrufe besorgter Bürger, die Gänse mit sogenannten Kippflügeln entdecken. &bdquo;Die Menschen fürchten dann, dass bei den Tieren ein Flügel gebrochen oder aber Teile der Flügel abgegangen sind“, sagt Anjuli Barber.

Kippflügel seien eine Fehlbildung, die durch Mangel- oder Fehlernährung im Wachstum zustande kommt. &bdquo;Dabei bilden sich durch eine unnatürliche und zu energie- und proteinreiche Nahrung die Federn schneller als die Knochen und Muskulatur und das Gewicht der Federn verursacht dann eine Fehlstellung, die das Tier, wenn es einmal ausgewachsen ist, flugunfähig machen.“

Behandelt werden könne eine solche Fehlstellung, wenn überhaupt, nur in einem ganz frühen Stadium. &bdquo;Schöner aber wäre es natürlich, solche Fehlstellungen komplett zu verhindern, indem den Tieren erst gar nicht das falsche Futter gefüttert wird, denn sie benötigen kein Brot, Haferflocken oder andere menschliche Lebensmittel, sondern einfach nur Gräser, Wildkräuter und ein paar Insekten, die sie aber auch selber draußen finden.“

Kippflügel sehen schlimm aus – Vögel kommen aber zurecht

&bdquo;Tiere mit einem Kippflügel sehen immer sehr schlimm aus, kommen aber zumeist sehr gut zurecht. Leider können sie nicht, wie andere Gänse, den Vogelzug Richtung Süden antreten und daher sollten diese Tiere an einem Gewässer wohnen, an dem sie ganzjährig Sozialkontakte pflegen können undan dem es genug zu fressen und auch im Winter offenes Wasser gibt.“

In Bielefeld gebe es leider einige Stellen, an denen Kippflügel immer wieder auftreten: Im Bürgerpark, am Ölteich in Heepen und auf dem Obersee gebe es einige Tiere. &bdquo;Es ist mir daher ein Anliegen, noch mal darauf hinzuweisen, dass die Fütterung von Tieren an und in Gewässern mehr Schaden anrichtet, als dass es den Tieren hilft.“

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