Wahlkampf in Bielefeld: AfD-Einladung sorgt für Proteste am Gymnasium Bethel

Bielefeld. Protest am Montagmorgen am Gymnasium Bethel. Die Schülervertretung der Oberstufe hatte die Oberbürgermeisterkandidaten von Grünen, SPD, FDP, CDU und Linken zur Podiumsdiskussion eingeladen. Und auch Florian Sander von der AfD. Dagegen demonstrierten etwa 40 Vertreter des Bielefelder Bündnisses gegen Rechts.

Auch einige Eltern hatten sich im Vorfeld kritisch an die Schulleitung gewandt, &bdquo;große Bedenken bis hin zu Empörung“ darüber geäußert, dass auch der Kandidat der AfD mit eingeladen ist. Die Schule könne viele der geäußerten Bedenken nachvollziehen, habe diese intensiv innerschulisch diskutiert und sich die Entscheidungen nicht leicht gemacht, so Schulleiter Andreas Gather.

Die Schülerinnen und Schüler seien sehr gut vorbereitet, die Veranstaltung werde von erfahrenen Lehrkräften begleitet und schulisch nachbereitet. Es gehöre auch dazu, zu lernen, mit extrem(istisch)en Positionen umzugehen. Zudem solle man annehmen, dass die Oberbürgermeisterkandidaten der fünf weiteren Parteien &bdquo;in der Lage sind, AfD-Positionen von Herrn Dr. Sander gut zu begegnen“.

Eltern sehen AfD-Gast in Bielefeld kritisch Eltern sehen das anders. Toleranz, Respekt, Weltoffenheit und Demokratieerziehung: Eine Schule solle ein Ort der Wertevermittlung sein. Aber &bdquo;in einer ernst zu nehmenden Demokratie gibt es klare Grenzen, wo Menschenfeindlichkeit, Nationalismus und antiliberale Ideologien beginnen“. Diese Grenzen überschreite Sander nachweislich.

Das Bündnis gegen Rechts hatte sich im Vorfeld der Kommunalwahl mit einem Schreiben an alle Bielefelder Schulen gewandt. Mit der &bdquo;dringenden Bitte, der AfD kein Podium zu bieten“. Die Vorgaben vom Schulministerium sind da weniger konkret. Besonders wichtig sei aber eine gute Vor- und Nachbereitung, heißt es in einem Erlass.

Bestens vorbereitet hatten Schüler des Gymnasiums Bethel ihre Veranstaltung. Jugend, Freizeit, Klima, Bildung, Verkehr, Sicherheit, Wohnen: Im Vorfeld hatten Mitschüler zu verschiedenen Themengebieten Fragen eingereicht. Die stellten die Moderatoren, Schülersprecher Jonas Elsner und Mattis Krössin (beide 17), jetzt Christiana Bauer (CDU), Ingo Nürnberger (SPD), Dominic Hallau (Grüne), Jasmin Wahl-Schwentker (FDP), Onur Ocak (Linke) und Florian Sander (AfD).

Würden Sie nachts nach dem Feiern über den Kesselbrink laufen? Nicht unterbrechen, Beiträge maximal 60 Sekunden, keine Beleidigungen: Zu Beginn stellten die 17-Jährigen selbstbewusst klare Regeln auf, die sie konsequent durchsetzten. Und sie machen zusammen mit SV- und Vertrauenslehrerin Pia Sohl klar, dass sich die Schule selbstverständlich klar von diskriminierenden Inhalten abgrenze, als &bdquo;Schule ohne Rassismus, mit Courage“ für Toleranz stehe und eine &bdquo;sachliche Auseinandersetzung zu kommunalpolitischen Themen“ erwarte.

Wie sie Bielefeld für junge Menschen attraktiver machen, die Verkehrssituation verbessern, die Zahl der Obdachlosen verringern wollen und wie sie zu Konzepten zum Schutz von queeren Schülern und Schülerinnen stehen, wollten die Jugendlichen von den OB-Kandidaten wissen.

Würden Sie nachts nach dem Feiern über den Kesselbrink laufen? Soll die Hauptschule wieder eingeführt, Bielefeld bis 2030 klimaneutral werden und Kinder- und Jugendliche ein festes Stimmrecht im Stadtrat bekommen? Im Speedcheck, einer Art lokalem Wahl-O-Mat, hatten sie zudem &bdquo;Ja oder Nein“-Fragen vorbereitet. Im Schlussplädoyer bekamen die Politikerinnen und Politiker noch einmal die Möglichkeit, zusammenzufassen, warum die Jugendlichen sie am 14. September wählen sollten.

Onur Ocak (Linke) setzt auf mehr Gerechtigkeit für alle, bei Bildung, Klimaschutz und bezahlbarem Wohnraum. Dominic Hallau (Grüne) will &bdquo;ein Bielefeld, das auch in Zukunft noch funktioniert und für die Klimakrise gewappnet ist“. Bezahlbarer Wohnraum für junge Leute, kostenlose Freizeitangebote und Zusammenhalt der Stadtgesellschaft: Darauf setzt Ingo Nürnberger. Sicherheit, Verkehr, Kinder- und Jugendschutz: &bdquo;Es gibt viel zu tun und es ist Zeit, dass sich etwas ändert“, sagt Christiana Bauer (CDU).

Bielefelder Seniorenrat hat Podiumsdiskussion abgesagt Bielefeld, sei eine tolle Stadt, liege aber in vielen Rankings hinten, so Jasmin Wahl-Schwentker (FDP). Ihr Anliegen sei, dass sich &bdquo;das große Potenzial“ wieder entfalten könne. Für Florian Sander (AfD) steht das Thema Sicherheit an erster Stelle. &bdquo;Und verschiedene Formen der Mobilität zuzulassen.“

Nicht alle aus der Schülerschaft stehen hinter der Veranstaltung. &bdquo;Keine Bühne den Faschisten“ ist auf einem Banner zu lesen, das eine Gruppe vor dem Gebäude &bdquo;E“, in dem die Diskussion stattfindet, auf den Boden geklebt hat. &bdquo;Wir finden es nicht ok, dass jemand wie Herr Sander eingeladen wurde“, sagte eine Schülerin aus der Q1. Bei Minderjährigen sei &bdquo;eine klare Haltung noch nicht gefestigt genug“.

Ignorieren sei nicht die Lösung, in der Diskussion könnten Positionen entkräftet werden, sagten wiederum auch Eltern. Im Netz seien die Jugendlichen den Themen viel ungeschützter ausgeliefert, in der Schule sei eine gute Vor- und Nachbereitung gegeben.

Bei der von Altstadtkaufleuten und Radio Bielefeld Anfang Juni organisierten OB-Kandidatendebatte kam es, wie berichtet, nach 35 Minuten zum Eklat. Sander brachte das kommunale Integrationszentrum als Kürzungsvorschlag für den klammen städtischen Haushalt ins Gespräch, eine Kandidatin verließ daraufhin die Bühne. Auch der Seniorenrat hatte eine Podiumsdiskussion geplant und den AfD-Kandidaten mit eingeladen. Nachdem das Bündnis gegen Rechts seinen Protest mit 150 bis 2000 Teilnehmern angekündigt hatte, wurde die Veranstaltung abgesagt.

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