Kritik an geplanter Grundschule in Paderborn: Werden homosexuelle Lehrer diskriminiert?

Paderborn. In zwei Jahren sollen nach dem Wunsch des Christlichen Schulvereins (CSV) Paderborn die ersten Kinder auf die neue August-Hermann-Francke-Grundschule gehen können.

Dass Paderborn am Ort des Martin-Luther-Gemeindezentrums eine evangelische Bekenntnisschule bekommen soll, hat nun manche Lokalpolitiker überrascht und Fragen nach sich gezogen. Zudem kritisiert die grüne Ratsfraktion den Schulträger.

Konkret geht es ihr um &bdquo;die Haltung zu Homosexualität“, wie die grüne Ratsfrau Birgitta Schröder im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Konversion sagte. Sie behauptete, dass keine homosexuellen Lehrer eingestellt würden und dies bei Vorstellungsgesprächen zum Thema gemacht würde, was &bdquo;klar gegen das Diskriminierungsverbot“ verstöße.

Christlicher Schulverein Paderborn reagiert auf Diskriminierungsvorwurf Was sagt der CSV Paderborn zu diesem Vorwurf? Geschäftsführer Eduard Butt verfolgte die Ausschusssitzung am Mittwochabend. Gegenüber der Redaktion sagt er, dass die Grünen den Schulträger verwechselten und sich auf den Christlichen Schulverein Lippe bezögen. Dieser betreibt mehrere August-Hermann-Francke-Schulen im Kreis Lippe. Gleichgeschlechtliche Liebe passt dort für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht in den Lebenslauf.

Gegenüber der Lippischen Landes-Zeitung ist der Lipper Verein im vergangenen Jahr offen damit umgegangen, dass keine homosexuellen Lehrkräfte eingestellt werden. &bdquo;Wir wissen, dass das eine Kontroverse ist und wir damit nicht den Mainstream vertreten“, sagte der Lipper Geschäftsführer Peter Dück damals. Aber: &bdquo;Ein Veganer-Verein würde auch keinen Mitarbeiter einstellen, der Grillmeister ist und das Grillen liebt.“

Es handle sich um zwei verschiedene, autarke Vereine, betont Eduard Butt heute. Man arbeite aber zusammen. Und beide Vereine beziehen sich auf die Glaubensgrundlagen der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD). Dieses Netzwerk evangelikaler Christen sieht die Ehe als eine &bdquo;lebenslängliche Treue- und Liebesgemeinschaft zwischen einer Frau und einem Mann, die öffentlich-rechtlich geschlossen wird“, wie es in einem Thesenpapier heißt.

Geplante Paderborner Grundschule genießt eine Privatschulfreiheit Der Christliche Schulverein Paderborn führt neben zwei Kitas und einem Familienzentrum bereits eine Schule – die August-Hermann-Francke-Gesamtschule Schlangen. Dortige Bewerber müssen dem &bdquo;Bekenntnis der evangelischen Allianz“ zustimmen. Gleiches ist für die geplante Grundschule in Paderborn zu erwarten. &bdquo;Es ist für uns wichtig, dass wir Kolleginnen und Kollegen haben, die sich dem Bekenntnis verpflichten“, sagt Butt. Auf die Frage, ob homosexuelle Lehrkräfte an der Grundschule abgelehnt werden, antwortet er ausweichend. Ihm zufolge widerspreche eine gleichgeschlechtliche Ehe dem Bekenntnis und grundsätzlich handle es sich bei der Grundschule um einen Tendenzbetrieb.

Schulen wie die des Vereins genießen eine verfassungsrechtlich garantierte Privatschulfreiheit. Daher sei &bdquo;die staatliche Aufsicht über Schulen in freier Trägerschaft eingeschränkt“, teilt das NRW-Schulministerium auf Nachfrage mit. Den sogenannten Ersatzschulen werde eine &bdquo;volle Personalhoheit“ garantiert. &bdquo;Dennoch gilt selbstverständlich auch für Ersatzschulen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Eine Lehrerin oder ein Lehrer kann also nach dem AGG beispielsweise dagegen vorgehen, wenn die sexuelle Orientierung der ausschlaggebende Grund war, dass sie oder er in einem Auswahlverfahren abgelehnt wurde“, heißt es aus dem Schulministerium.

In Paderborn gibt es noch vier weitere, allgemeinbildende Privatschulen: die drei Michaelsschulen des Erzbistums sowie die Lummerlandschule. Mit dem Erzbistum ist daher ein weiterer christlicher Träger vertreten, der jedoch bei Beschäftigten wie Lehrkräften anders als der Verein agiert. Das Erzbistum hat in der Vergangenheit betont, dass bei ihm eine Grundordnung gelte, nach der der &bdquo;Kernbereich der privaten Lebensgestaltung“ &bdquo;keinen rechtlichen Bewertungen“ unterliege und sich dem &bdquo;Zugriff des Dienstgebers“ entziehe. &bdquo;Diese rechtlich unantastbare Zone erfasst insbesondere das Beziehungsleben und die Intimsphäre“, so das Erzbistum.

Im Jahr 2027 will die Grundschule mit zunächst 150 Kindern starten Genehmigte Ersatzschulen haben in NRW einen Anspruch auf öffentliche Zuschüsse. Butt gibt für die geplante Grundschule Zuschüsse in Höhe von 87 Prozent an. Noch ist die Paderborner August-Hermann-Francke-Grundschule aber nicht genehmigt. Unter anderem wenn baurechtlich alles in trockenen Tüchern ist – so soll etwa eine neue Sporthalle entstehen –, will der CSV zum Jahresende einen Antrag auf Schulgenehmigung bei der Bezirksregierung Detmold stellen. Aus Erfahrung rechnet Butt mit einem Prüfverfahren, das bis Herbst 2026 abgeschlossen ist.

Das Verfahren sei zwar natürlich offen, aber er zeigt sich optimistisch, dass der Zeitplan des Vereins aufgeht. Eine Schulleiterin steht bereits fest, ebenso erste Mitglieder eines Kollegiums. Im Jahr 2027 will der Verein die August-Hermann-Francke-Grundschule eröffnen. Zunächst mit 150 Kindern in drei ersten Klassen, zwei zweiten Klassen und einer dritten Klasse. Später sollen rund 300 Kinder dort zur Schule gehen können. Seitdem die Pläne vor wenigen Tagen öffentlich wurden und in der Folge eine Internetseite online ging, seien schon erste Bewerbungen für Schulplätze eingegangen, sagt Butt.

Die Grundschule spräche Eltern an, die sich eine Schule mit einem klaren christlichen Leitbild wünschten. Zudem habe die Schule einen musikpädagogischen Schwerpunkt und setze sich für eine Erziehung im Bereich Kunst und Kultur ein. &bdquo;Wir sehen das als Dreiklang, der sich ergänzt“, so Butt. Ihm zufolge richte sich das Schulangebot an Kinder über den Stadtteil und das Stadtgebiet hinaus.

Entscheidung im Paderborner Bauausschuss wurde vertagt Irritiert sei er über die Diskussion gewesen, die sich am Mittwochabend im Ausschuss ergab. Dort sollte es eigentlich um die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Umnutzung des Martin-Luther-Gemeindezentrums gehen. Es kamen aber auch schulpolitische Fragen auf. Etwa ob eine weitere Grundschule in der Paderborner Schullandschaft überhaupt notwendig sei. Oder wie es mit der Verkehrssituation aussähe. Seitens der Verwaltung hieß es, dass die geplante Nutzung mit dem Schulverwaltungs- und Sportamt abgestimmt sei und eine Beratung im Schulausschuss als nicht notwendig angesehen wurde.

Ebenjenen Beratungsbedarf sahen jedoch Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen, SPD, Linke, FDP und Für Paderborn. Eine baurechtliche Entscheidung wurde daher vertagt. CSV-Geschäftsführer Eduard Butt hat daraufhin am Donnerstag die Ratsfraktionen zu direkten Gesprächen, in denen offene Fragen geklärt werden sollen, eingeladen.

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