Gütersloh vor Millionenpublikum im TV: Schulden rasanter gewachsen als nirgendwo sonst

Gütersloh. Einen solch prominenten Sendeplatz bekommt Gütersloh selten. Kaum waren Gong und Fanfaren der &bdquo;Tagesthemen“ verklungen, schon ging der Schwenk nach Gütersloh. Die kleine Großstadt in Westfalen, sie hielt stellvertretend für die Finanznot der Kommunen her – und sie machte klar, dass auch die frisch verkündeten Millionen aus dem Infrastrukturpaket des Landes an dieser Not wenig ändern werden.

Aus dem Paket entfallen 192,4 Millionen Euro auf die 13 Kommunen im Kreis, davon 39,7 auf Gütersloh. Klingt viel, ist es aber nicht. Zum einen, weil sich die Mittelvergabe über einen Zeitraum von zwölf Jahren erstreckt, zum anderen, weil das laut Kämmerer Heinz-Dieter Wette bei Weitem nicht reicht.

Zitat in den ARD-Tagesthemen: &bdquo;Der Eindruck, der von Bund und Land vermittelt wird, jetzt kommen blühende Landschaften, und wir können sämtliche Investitionsrückstände damit nun finanzieren, stimmt in der Realität so nicht, zumindest nicht für Gütersloh.“ Das Problem sei: Bund und Land bürden den Kommunen Aufgaben und Standards auf, &bdquo;die nicht mit einer auskömmlichen Finanzierung einhergehen“.

Darum entschied sich das Fernsehteam für Gütersloh Rund zwei Millionen Menschen schalten im Schnitt die Tagesthemen ein. Sie hörten in der Anmoderation von Ingo Zamperoni, der Bericht zeige am Beispiel Gütersloh, &bdquo;wie selbst eigentlich gut aufgestellte Gemeinden plötzlich finanziell stark unter Druck geraten“. Drei Minuten dauerte der Bericht, vergleichsweise lang für einen Fernsehbeitrag. Zu sehen waren Heinz-Dieter Wette und Sozialdezernent Henning Matthes, wie sie den Erweiterungsbau der Grundschule Kattenstroth betreten, zu sehen waren Luftaufnahmen der Fußgängerzone und des Miele-Werkes.

In ihrem Beitrag berichtet die Reporterin, die Mittel des Investitionspaketes aus dem Sondervermögen verschaffe Gütersloh wie auch anderen Kommunen &bdquo;nur eine kleine Erleichterung“. Beim Gang durch die Grundschule Kattenstroth sagt sie, Gütersloh habe allein in den Schulausbau zuletzt eine Viertelmilliarde investiert. Die Kamera schwenkte auf eine Klassenzimmerwand, wo früher eine grüne Kreidetafel hing und nun ein digitales Board. Knapp 7.000 Board Euro koste ein solches Board, hinzu kämen Software- und Betriebskosten, und in zehn Jahren müsse es schon wieder ersetzt werden.

&bdquo;Man muss die Relationen im Blick behalten“, sagt der Kämmerer &bdquo;Gütersloh“, sagte Wette in die Kamera, &bdquo;ist insofern eine Ausnahme, dass wir aus einer guten Situation kommen, aber perspektivisch in den Finanzkollaps hinein laufen.“ 200 Millionen Euro Schulden habe die Stadt in den vergangenen drei Jahren angehäuft. Im Gespräch erläutert Wette am Donnerstag, dass dieser Anstieg in der Tat vor allem auf den Schulausbau zurückzuführen ist - Grundschulen, Gesamtschule, Stiftisches Gymnasium.

Die Stadt wolle nicht undankbar sein, so Wette &bdquo;wir freuen uns über jeden Euro“. Allerdings sei die Sonderzahlung realistisch betrachtet kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. &bdquo;Man muss die Relationen im Blick behalten. Bei geplanten 80 Millionen Euro Gesamtinvestition im kommenden Jahr sind die jährlich 3,3 Millionen Euro aus dem Strukturfonds nicht besonders viel.“

Ihn störe die Erwartungshaltung, die mit dem Paket geschürt werde. &bdquo;Manch einer glaubt vielleicht, jetzt kriegen wir jedes Schlagloch gestopft, aber so ist es nicht.“ Allein der Ausbau der Janusz-Korczak-Schule werde vermutlich irgendwo bei 15 bis 20 Millionen Euro liegen. An dem strukturellen Problem, dass die Kommunen unterfinanziert sind, ändere sich durch die Einmalzahlung aus dem Sondervermögen nichts.

Gütersloher Landtagsabgeordnete verteidigt das Paket Die Gütersloher Landtagsabgeordnete Wibke Brems, Fraktionschefin der Grünen im Landtag, verteidigt das Paket. &bdquo;192,4 Millionen Euro, das ist eine wirklich gute Nachricht für den Kreis Gütersloh. Das bringt uns mehr Handlungsspielraum für die Gestaltung unserer Kommunen. Dieses Geld kann gezielt in Schulen und Kitas, Straßen und Radwege oder zur energetischen Sanierung von Gebäuden eingesetzt werden, damit es direkt vor Ort bei den Bürgern ankommt“ so Brems in einer Pressemitteilung.

&bdquo;Mit diesem Investitionspaket können dringend notwendige Investitionen nachgeholt werden, die in den vergangenen Jahrzehnten nicht erfolgt sind. Es schafft Planungssicherheit und wird für spürbare Verbesserungen für uns alle im Alltag sorgen.“

Die Verteilung der Mittel richtet sich nach Einwohnerzahl, Fläche und Schlüsselzuweisungen. Im Kreis Gütersloh bekommen die Kommunen folgende Beträge: Gütersloh 39,7 Millionen Euro, Rheda-Wiedenbrück 19,5, Rietberg 13,2, Harsewinkel 11,4, Schloß Holte-Stukenbrock 10,9, Verl 10,8, Versmold 99,7, Halle 9,2, Steinhagen 8,5, Herzebrock-Clarholz 7,7, Werther 4,7, Borgholzhausen 4,5, Langenberg 3,8. Auch die Kreisverwaltung Gütersloh bekommt Geld: 38,5 Millionen Euro.

Die Tagesthemen vom Mittwoch, 22. Oktober, finden Sie hier zum Nachsehen.

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