NRW-Städte warnen vor der tiefsten Finanzkrise der Nachkriegszeit

Düsseldorf. Zum Halbjahr 2025 beträgt das Defizit aller NRW–Kommunen knapp sechs Milliarden Euro. Er sehe die Dramatik, dass gerade mehr oder weniger &bdquo;alle Kommunen in NRW ungebremst gegen eine Wand fahren“, sagt Martin Murrack. &bdquo;Das wird in den nächsten Jahren nicht schön.“ Der Kämmerer von Duisburg war als einer von mehreren Kommunalvertretern zu einer Expertenanhörung im Landtag. Und die hatte es in sich.

Dass die Finanznot alle Landesteile erreicht hat, zeigte sich an den Ausführungen von Markus Tempelmann. Der Kämmerer von Paderborn sei kürzlich während einer Tagung mit Vertretern aus ganz Deutschland gefragt worden, ob die Welt finanziell in Paderborn nicht noch in Ordnung sei. &bdquo;Nein, um Gottes willen“, antwortete Tempelmann. &bdquo;Wir haben gewaltige Defizite.“ So schiebe Paderborn in den nächsten Jahren ein Minus von 55 bis 70 Millionen Euro vor sich her – das seien 10 bis 15 Prozent des Haushaltsvolumens.

Welche Folgen die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen hat, zeigt sich anschaulich am Beispiel von Bottrop. Während die Stadt sich vor einigen Jahren konsolidiert hatte und 2022 und 2023 ausgeglichene Haushalte besaß, rauscht sie seitdem ins Minus. Das jetzt erwartete Defizit von 38 Millionen Euro werde sich in den Folgejahren auf 55 und 64 Millionen Euro erhöhen, sagte Kämmerer Jochen Brunnhofer.

Welche Leistungen Städte streichen müssten Und dann? &bdquo;Wenn das so weitergeht, müssen wir an bestimmte Aufgabenbereiche dran.“ Bottrop denke darüber nach, die Standards in Schulen und Kitas abzusenken, bei der Schulsozialarbeit zu sparen, die Musikschule einzustellen, Integrationsleistungen herunterzufahren sowie bei der Wirtschaftsförderung und dem kommunalen Ordnungsdienst zu sparen. Das alles sei total kontraproduktiv, aber man werde quasi dazu &bdquo;gezwungen“.

Grund sei – und das teilten alle Anwesenden – dass die Ausgaben höher sind als die Einnahmen. So nehme Bottrop zwar 23,5 Millionen Euro pro Jahr durch die Grundsteuer ein, zahle aber allein mehr als 24 Millionen Euro für den Kita-Bereich. Jugend- und Eingliederungshilfe kosteten pro Jahr 81 Millionen Euro. Die Gewerbesteuer spüle hingegen nur 67 Millionen Euro in die kommunale Kasse, berichtete der Kämmerer.

Finanzexperte fordert mehr Reformtempo Die Finanzexperten fordern nahezu unisono, dass das Land den kommunalen Anteil am Steueraufkommen, also den Verbundsatz, erhöhen müsse. Die Pro-Kopf-Verschuldung sei in NRW höher als in anderen Ländern, mahnte Finanzexperte Martin Junkernheinrich. Es brauche aber nicht nur eine Umverteilung des Geldes, sondern auch mehr Reformtempo und weniger Förderprogramme.

Auch die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Land und Kommune müsse neu überdacht werden, hieß es vom Bund der Steuerzahler. Vertreter Joscha Slowik betonte, dass die NRW-Kommunen unterm Strich jetzt schon höhere Gebühren verlangten als der Bundesschnitt. Die Zuweisungen des Landes lägen hingegen &bdquo;deutlich“ unter dem Bundesschnitt. Vor allem die stark steigenden Sozialausgaben seien Treiber der schlechten Entwicklung.

Ein Vertreter des Städte- und Gemeindebunds warnte: &bdquo;Die Kommunen befinden sich aktuell in der tiefsten Finanzkrise der Nachkriegszeit.“

NRW-Städte warnen vor der tiefsten Finanzkrise der Nachkriegszeit

Neue Idee aus Paderborn: So sollen OWL-Kreise für Windräder finanziell belohnt werden

So profitieren Bürger und Kommunen ab jetzt von der Windkraft in OWL

Löcher in Millionenhöhe: Haushaltsdefizite belasten Kommunen in OWL

„Wird uns alles abverlangen“: NRW befürchtet jährliche Milliarden-Belastung für Kommunen

Urteil im Streit um NRW-Gemeindefinanzierung im November

Hilfeschrei der Landräte: Unterfinanzierung der Krankenhäuser belastet die Kommunen