Stellenabbau bei Dr. Oetker "wahrscheinlich" - Schwester Radeberger schließt Brauerei

Bielefeld. Mit Investitionen in Höhe von 500 Millionen Euro will der Bielefelder Nahrungsmittelhersteller Dr. Oetker sein Kerngeschäft stärken und innovative Bereiche ausbauen. Investiert werden soll auch in Digitalkompetenzen und Nachhaltigkeitsaktivitäten, teilte Oetker-Sprecher Jörg Schillinger mit. Zugleich sollen bei der August Oetker Nahrungsmittel KG aber die Kosten jährlich um 250 Millionen Euro gesenkt werden. Ziel sei es, den Verbrauchern weiterhin qualitativ hochwertige Produkte und Innovationen zu fairen und wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten.

Das Unternehmen will Strukturen und Prozesse demnach "schlanker und wachstumsorientiert gestalten, um sich auf Basis effizienterer Kostenstrukturen auf die sich wandelnden Erfordernisse der Verbraucher und der internationalen Märkte fokussieren zu können". Wie Schillinger betonte, könne das Unternehmen nicht nur durch Stellenabbau bei den Personalkosten sparen. Sparpotenziale gebe es etwa auch in den Werbebudgets, im Einkauf von Vorleistungen, durch Automatisierung in der Produktion oder bei Umfang und Gestaltung von Verpackungen.

Andererseits gelte es aber auch, Doppelarbeiten zu vermeiden - zum Beispiel in den Verwaltungen der zahlreichen Tochterunternehmen und ausländischen Niederlassungen des Konzerns. Dadurch sei ein Stellenabbau "wahrscheinlich". Konkrete Maßnahmen seien aber noch nicht spruchreif. In mehr als 40 Ländern beschäftigt die Dr. Oetker Nahrungsmittel KG (also ohne das Tiefkühltorten-Unternehmen Coppenrath & Wiese) fast 15.000 Mitarbeiter.

Produktionsbetrieb am Standort Frankfurt wird eingestellt Die Nahrungsmittel KG Dr. Oetker will das neue Effizienzprogramm zusätzlich zu bereits etablierten Optimierungsinitiativen einführen. So soll zum Beispiel ein Teil des erheblichen Kostenanstiegs für Energie und Rohwaren kompensiert werden.

Das Schwesterunternehmen Radeberger KG, in dem die Brau- und Getränkeaktivitäten der Bielefelder Oetker-Gruppe gebündelt sind, hat unterdessen bereits einen Einschnitt beschlossen, der auch Personalabbau bedeutet: Bis spätestens Oktober 2023 soll der Produktions- und Abfüllbetrieb der Binding Brauerei am Standort Frankfurt - wo neben Binding auch die Zentrale der ganzen Radeberger-Gruppe ihren Sitz hat - eingestellt werden. Die dort produzierten und abgefüllten Marken und Mengen sollten schrittweise an Schwesterstandorte verlagert werden, teilte Guido Mockel als Sprecher der Radeberger-Geschäftsführung mit.

Betroffen seien 150 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, für die nun möglichst sozialverträgliche Lösungen gesucht werden sollten. Das könnten Altersteilzeit-Angebote oder Jobs an anderen Unternehmensstandorten sein. Zu Radeberger gehören zahlreiche Marken wie etwa auch Jever, Brinkhoff's oder Schöfferhofer.

Zusatzbelastungen für Radeberger-Gruppe in dreistelliger Millionenhöhe Die Branche habe sich noch nicht annähernd von den Folgen der Pandemie erholt und ächze nun unter den wohl dramatischsten Kostensteigerungen seit Ende des Zweiten Weltkriegs. &bdquo;Allein in unserer Unternehmensgruppe belaufen sich diese Belastungen (...) auf einen zusätzlichen dreistelligen Millionenbetrag, Tendenz weiter steigend. Eine Summe, die sich nicht mehr allein durch Effizienzsteigerungen abfedern lässt", so Brauereichef Mockel.

Wegen der drastisch gestiegenen Preise für Rohstoffe (etwa auch Kohlensäure), Energie und Transporte hatte die Brauereigruppe, die mit bisher fast 7.000 Mitarbeiter und gut 1,6 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2021 als Marktführer in Deutschland gilt, bereits eine Preiserhöhung für ihre Biere zum 1. Dezember angekündigt. Dies reiche aber nicht aus, um nachhaltig gegenzusteuern. Dahinter verbirgt sich eine harte Wettbewerbssituation: &bdquo;Wir arbeiten in einem sehr preissensiblen Marktumfeld, in dem Preisanpassungen nur mit Augenmaß erfolgen können", so Mockel.

Neben den Sorgen durch Coronakrise und Lockdowns, Lieferkettenproblematik, Inflation und den russischen Überfall auf die Ukraine leidet die Braubranche seit Jahren auch an einem gesellschaftlich bedingt sinkenden Bierkonsum. Seit dem Jahr 2000 habe der deutsche Biermarkt knapp 25 Millionen Hektoliter Absatz verloren, heißt es - also mehr als ein Viertel des einstigen Volumens.

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