ZDF erhebt alte und neue Vorwürfe gegen Tönnies

Rheda-Wiedenbrück. Nach ARD (&bdquo;Die Schlachtfabrik“) und Sat.1 (&bdquo;Inside Tönnies“) hat nun auch das ZDF einen großen Bericht über das größte deutsche Schlachtunternehmen vorgelegt. Die Autoren Hannes Vogel und Tobias Zwior werfen in 43 Minuten zahlreiche bohrende Fragen auf. &bdquo;Von Sozialbetrug bis Schmiergeld“, heißt es in der Ankündigung des Senders: &bdquo;Wie kriminell ist das System Tönnies?“ Ziemlich kriminell, so legt der Bericht nahe: &bdquo;Insider geben massive Hinweise auf Schwarzarbeit, Sozialbetrug und Geldwäsche“, heißt es in der Eigenwerbung. Ausgangspunkt des Berichts ist der große Corona-Ausbruch im Tönnies-Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück im Sommer 2020: Mehr als 2.000 Mitarbeiter infizierten sich damals mit dem Virus, Tausende Mitarbeiter und ihre Angehörigen mussten in Quarantäne. Der Bericht erinnert an den Streit zwischen dem Konzern und dem Kreis Gütersloh über die Adressen der Beschäftigten, die zum großen Teil bei Subunternehmen angestellt waren und die getestet werden sollten. Tönnies wollte die Adressen zunächst nicht rausrücken: Die Autoren knüpfen daran den Verdacht, dass illegale Beschäftigung (unter Umgehung der Sozialversicherungspflicht) im Hintergrund eine Rolle gespielt haben könnte – ein Tatbestand, der verschleiert werden sollte? Zweifelhafte Zahlungen von Subunternehmen: Wer waren die Empfänger?

Die Macher stellen auch Landrat Sven-Georg Adenauer zur Rede, der sich allerdings im Film nicht äußern will. Hat auch er etwas zu verheimlichen? Auf Nachfrage erklärte ein Sprecher des Kreises nun, das Thema illegale Beschäftigung habe im Nachgang des Corona-Ausbruches &bdquo;nie eine Rolle gespielt“. Die Antworten des Kreises auf die ZDF-Anfrage seien im TV-Beitrag nicht berücksichtigt worden, klagt der Kreis. Die Journalisten hätten sich bei Adenauer leider auch weder vorgestellt noch ausgewiesen.

Ein zentraler Vorwurf der Rechercheure lautet: Manche Subunternehmen mussten Rückvergütungen (etwa in Höhe von zehn Prozent der Lohnsummen) zahlen, um an Tönnies überhaupt Arbeiter aus Bulgarien oder anderen osteuropäischen Ländern vermitteln zu dürfen. Und wieder stellen die Autoren Fragen: Wer kassierte die Kick-back-Zahlungen? War es Schmiergeld für Manager? War es Schwarzgeld für das Unternehmen oder gar direkt für Clemens Tönnies? Die teils vagen Anschuldigungen, gestützt auf Interviews mit anonymen Zeugen, wiegen schwer – schlüssige Antworten gibt es nicht.

"Uns hat ein Manager betrogen und Falschbehauptungen erfunden"

Die genannten Delikte wären wohl strafbar – und tatsächlich hatte die Staatsanwaltschaft Bochum wegen ähnlicher Vorwürfe schon 2007 Ermittlungen mit einer Razzia eingeleitet, wie das ZDF erinnert. Diese Zeitung hat mehrfach über das Verfahren berichtet. Die Tatsache, dass es nicht zur strafrechtlichen Verurteilung kam, führt die Autoren zu weiteren Spekulationen: Ist der Ex-Tönnies-Manager Richard Wieck, der Kronzeuge der Staatsanwaltschaft war, aber während der Ermittlungen 2009 tot aufgefunden wurde, vergiftet worden? Bei der Obduktion wurden allzu hohe Cadmium-Konzentrationen gefunden. Andererseits hatten sich etliche Anschuldigungen Wiecks als falsch erwiesen – die Staatsanwälte stellten die Ermittlungen in etlichen Punkten ein. In einem Punkt wurde der spätere Prozess gegen Zahlung von 2,9 Millionen Euro eingestellt. &bdquo;Die genannten Vorwürfe im ZDF sind unwahr und entbehren jeglicher Grundlage“, teilte ein Tönnies-Sprecher auf Nachfrage hierzu mit. &bdquo;Damals hat uns ein Manager betrogen und Geld im Zusammenspiel mit einem Dienstleister veruntreut“, so der Sprecher. &bdquo;Um selbst möglichst straffrei aus dem Verfahren herauszukommen, erfand er strafrechtliche Falschbehauptungen über Tönnies und wollte als Kronzeuge strafmildernde Umstände bekommen.“

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