TBV-Fans vor dem Erlangen-Spiel: „Jetzt fliegt das Dach gleich weg"

Lemgo. Wenn am Samstag um 20.30 Uhr der Anpfiff zum fünften Heimspiel des TBV Lemgo Lippe der Serie 2020/2021 in der Phoenix-Contact-Arena ertönt, sind die Ränge wieder leer. Nach den Geisterpartien gegen Essen und Balingen müssen auch bei der Handball-Bundesliga-Partie gegen den HC Erlangen die Zuschauer draußen bleiben – Corona. Michael Oppermann, stellvertretender Vorsitzender des Fanklubs &bdquo;Lemgoer Hexen“, erzählt: &bdquo;Wir Anhänger fiebern aus der Ferne mit. In unserer WhatsApp-Gruppe gibt es niemanden, der die Begegnungen nicht in irgendeiner Form verfolgt. Einige sitzen vor dem Fernseher, andere am Live-Ticker. Wir wollen weiter so nah wie möglich an der Mannschaft sein.“

"Corona und die Folgen sind eine Katastrophe für die Anhänger"

Im Hause Oppermann – sie wohnen rund 30 Gehminuten vom Handball-Tempel entfernt – schlägt seit fünf Jahren das Herz blau und weiß. Michael Oppermann (44), seine Frau Kirsten (47) und Tochter Lucy (18) besuchen normalerweise alle Heimspiele in der Lipperlandhalle (inzwischen Contact-Arena). Das Familienoberhaupt: &bdquo;Unsere Tochter spielt in Müssen-Billinghausen Handball. Sie brachte uns zu diesem Sport. Corona und die Folgen sind eine Katastrophe für die Anhänger, die Pandemie nahm uns unser Hobby, es ist frustrierend. Handball live zu erleben, ist für mich Entspannung pur, ich kann dann komplett vom beruflichen Alltag abschalten.“

"Die richtigen Emotionen gibt es nur in der Halle.“

Statt abschalten heißt es nun Fernseher anschalten, wenn das Team von Florian Kehrmann gefordert ist: &bdquo;Zu Dritt sitzen wir im Wohnzimmer und gucken die Sky-Übertragung – mit allem, was dazu gehört.“ Doch klar sei auch, so Michael Oppermann: &bdquo;Wir gehen mit, tauschen uns auch in der WhatsApp-Gruppe aus, aber die richtigen Emotionen gibt es nur in der Halle.“ Ein normaler Spieltag – außerhalb der Pandemie – sieht für die Oppermanns so aus: Mindestens eine Stunde vor dem Anpfiff haben sie ihren Platz eingenommen. Während Lucy an einer der großen Trommeln sitzt und das Team nach vorne peitscht, verfolgen Kirsten und Michael Oppermann das Geschehen ganz in der Nähe der Kurve, sitzen dort mit ihrer Clique. Wenn die Kurve Gesänge anstimmt, &bdquo;am liebsten TBV Lemgo“, stimmen alle mit ein. Der stellvertretende Vorsitzende des zirka 150 Anhänger großen Fanklubs: &bdquo;Inzwischen ist ja noch ,Lippe im Vereinsnamen aufgenommen, das ist sinnvoll, und ich habe kein Problem damit. Aber zum Singen ist es zu lang.“

Verschiedene Trikots zur Wahl

Bei der Auswahl des Trikots hat die Familie stets eine große Auswahl; Michael Oppermann stehen Shirts von Patrick Zieker, Tim Suton und Fabian van Olphen zur Verfügung: &bdquo;Obwohl nur noch Suton im Kader steht, ziehe ich alle noch gerne über.“ Bei jedem TBV-Treffer werde aufgestanden und gejubelt. Zu den Auswärtsfahrten nimmt Michael Oppermann immer auch einen Fanschal mit: &bdquo;Wenn Touren angeboten werden, bin ich dabei, doch donnerstagabends oder sonntags um 16 Uhr sind nicht ideal...“

&bdquo;Bodenständig, familiär – und die Spieler sind nahbar."

Die Familie hängt am Verein, den der Hexen-Verantwortliche so beschreibt: &bdquo;Bodenständig, familiär – und die Spieler sind nahbar. Wenn du sie in der Stadt triffst, ist mit allen ein lockeres Gespräch drin.“ Während der Pandemie ist alles anders, auch der Fanklub-Alltag. Die monatlichen Treffen im Stadtpalais, zu denen auch immer Spieler und Funktionäre des TBV kommen, müssen ausfallen: &bdquo;Und natürlich machen wir uns Sorgen um die Zukunft: Es ist allgemein bekannt, wie sehr die Handball-Bundesliga von Zuschauereinnahmen abhängig ist. Für uns ist klar: Wir wollen kein Geld zurück von den erworbenen Dauerkarten, das sehen ganz viele Fanklubmitglieder so.“

Unter 1000 Besuchern gegen Ludwigshafen

Immerhin: Gegen Ludwigshafen, als 1000 Besucher zugelassen waren, saßen auch die Oppermanns in der Phoenix-Contact-Arena: &bdquo;Es war ungewohnt, die Stimmung aber gar nicht so schlecht.“ Bis zur Rückkehr in den normalen Bundesliga-Alltag bleiben die Erinnerungen an emotionale Momente: &bdquo;Als der TBV 2017 gegen Gummersbach kurz vor Schluss die Klasse sicherte, dachte ich: Jetzt fliegt das Dach gleich weg.“

Persönlich

Michael Oppermann (44) ist seit 2015 Dauerkarteninhaber des TBV Lemgo Lippe und freut sich darüber, dass er seine Leidenschaft mit Frau Kirsten (47) und Tochter Lucy (18) teilen kann: &bdquo;Natürlich ist der Handball oft Gesprächsthema, vor allem wenn es Neuigkeiten gibt.“ Der stellvertretende Vorsitzende der Hexen arbeitet als selbstständiger Fliesenlegermeister.Lieblingsspieler: &bdquo;Jonathan Carlsbogård – ein super Spieler. Persönlich kenne ich ihn nicht. Früher schlug mein Herz vor allem für Patrick Zieker, der ein absolut sympathischer, bodenständiger Typ ist. Sein Abgang nach Stuttgart aus persönlichen Gründen war schade, aber nachvollziehbar.“ Die aktuelle Mannschaft: &bdquo;Sie ist auf einem sehr guten Weg. Ich habe kein Insider-Wissen, aber es scheint im Team zu passen. Auch die Leute, die reinkommen, geben alles. Gegen Balingen klappte es nicht so gut, aber neun Zähler haben wir bereits. Dieses Zwischenergebnis hätte ich vor der Saison sofort unterschrieben.“

Kehrmann vor dem Erlangen-Spiel: &bdquo;Die Truppe ist individuell noch besser besetzt als Leipzig"

&bdquo;Die hätten wahrscheinlich mit einer Waschmaschine von der Mittellinie aufs Tor werfen können, und sie wäre drin gewesen.“ So kommentierte Erlangens Trainer Michael Haaß die Balinger Aufholjagd. Trotz klarer Führung unterlag der HCE noch mit 32:34 und reist nun mit 9:9 Punkten ins Lipperland. &bdquo;Wir sind sehr gut gestartet, haben dann diesen Dämpfer erlitten. Aber in dieser Liga ist oben und unten nichts vorherzusehen“, sagt Erlangens Geschäftsführer Rene Selke, der seine Handball-Karriere im Lipperland gestartet hat. Der Berliner Junge kam als 18-Jähriger und blieb vier Jahre. Lemgos Geschäftsführer Jörg Zereike erwartet am Samstag ab 20.30 Uhr &bdquo;ein Duell auf Augenhöhe“. Erlangen habe sich vor der Saison mit Spielern wie Ferlin (Keeper aus Slowenien), Jeppson (Schwede, kam von Flensburg) und Fäth (Rhein-Neckar Löwen) &bdquo;sehr gut verstärkt und internationale Erfahrung dazugewonnen“. Nach zwei Niederlagen in Reihe holte der TBV zuletzt in Leipzig einen Punkt (32:32): &bdquo;Der ist aller Ehren wert.“ Ein entscheidender Faktor war dabei der siebte Feldspieler, den Trainer Florian Kehrmann in der Schlussphase brachte. Als der finale Wurf der Leipziger den Weg nicht ins Tor gefunden hatte, ballte Kehrmann beide Fäuste. Das will er auch nach der Partie gegen Erlangen: &bdquo;Die Truppe ist individuell noch besser besetzt als Leipzig. Dort steigerten wir uns im Tempospiel, machten aber noch zwei, drei Fehler zu viel.“ Verzichten muss Kehrmann auf Carlsbogård, Zecher und Lemke.

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