TBV-Kapitän Kogut fällt mit Herzmuskelentzündung aus

Lemgo. Beim Final Four im vergangenen Jahr stemmte er als erster den DHB-Pokal in die Höhe. Obwohl sich der TBV Lemgo Lippe in diesem Jahr erneut für Hamburg qualifizierte, kann Kapitän Andrej Kogut am Samstag nur wehmütig zuschauen.

Andrej, wir haben Sie schon seit zwei Monaten nicht mehr auf der Platte gesehen. Was ist los?

Andrej Kogut: Bei mir ist eine Herzmuskelentzündung festgestellt worden. Auslöser ist eine Corona-Infektion, die ich mir bei unserem European- League-Spiel in Lissabon eingefangen habe. Ähnlich erging es drei Personen aus unserem Staff. Ich hatte nur leichte Symptome und nach drei, vier Tagen ging es mir auch schon wieder besser. Ich habe dann einen Schnelltest gemacht und dachte, dass alles gut ist. Doch dann waren beim Return-to-play-Verfahren nach einer Blutentnahme meine Herzmarker auffällig. Auf dem Ultraschall war nichts zu sehen. Doch unser Mannschaftsarzt Roland Kessler hat mich ins Herz-MRT nach Detmold geschickt. Zum Glück.

Wie ist Ihr aktuelles Befinden?

Seit einigen Tagen sind die Werte deutlich rückläufig. Aber sie sind noch nicht vollends weg. Wir dürfen nichts riskieren. Persönlich ist die Situation natürlich total bescheiden. Doch ich bin sehr dankbar, dass die Herzmuskelentzündung erkannt worden ist. Wer weiß, was geschehen wäre, wenn ich normal weitertrainiert hätte.

Wie haben Sie sich in der Zwischenzeit fit gehalten? Durften Sie aufs Ergometer?

Überhaupt nicht. Mir wurde komplette Ruhe verordnet. Für das Körpergefühl bedeutet das nichts Gutes. Wenn man als Leistungssportler abrupt von 100 auf 0 runter schraubt, fühlt sich das nicht schön an.

Wie äußert sich das?

Schon nach kurzer Zeit knirschen die Knochen. Auch psychisch ist es eine spezielle Situation, weil man besonders feinfühlig wird. Ich höre teilweise meinen eigenen Puls schlagen. Anfangs war es noch schlimmer. Doch inzwischen kann ich zumindest wieder mit meinem Kleinen spielen und spazieren gehen. Beim Cardio-MRT schauen gleich mehrere Ärzte drauf. Sie waren einhellig der Auffassung, dass ich noch weiter die Füße still halten muss. Wenn ich vernünftig bleibe, wäre alles halb so wild. Ihre Erkrankung kommt zur Unzeit. Nach sieben Jahren beim TBV werden Sie den Verein im Sommer verlassen.

Ja, die Situation ist nicht gerade optimal. Doch an erster Stelle steht die Gesundheit. Dann wird sich alles fügen. Ich bleibe optimistisch.

Werden Sie überhaupt noch mal das TBV-Trikot tragen?

Das liegt nicht in meinen Händen. Entscheidend ist, was die Ärzte mir erlauben. Sie entscheiden das. Am meisten kann ich selbst dazu tun, dass ich derzeit nichts tue. Ein Abschied als Zuschauer wäre natürlich extrem schade. Doch noch einmal: Ich bin heilfroh, dass die Herzmuskelentzündung frühzeitig erkannt wurde. Die European League war eine Sehnsuchtsaufgabe. Wie haben Sie die restlichen Spiele als Zuschauer erlebt?

Ich war besonnen. Natürlich sind European League und Final Four absolute Höhepunkte für jeden Handballer. Doch es gibt wichtigere Dinge im Leben. Das habe ich zu schätzen gelernt. Daher gehe ich auch ganz offen mit meiner Erkrankung um. Ich kann es ohnehin nicht ändern. Ich kann höchstens sensibilisieren, dass es auch Leistungssportler von heute auf morgen umhauen kann. Selbst hätte ich das vor einigen Wochen auch nicht erwartet, zumal ich dreifach geimpft bin.

Am Wochenende müssen Sie nun besonders tapfer sein. Wie groß ist die Wehmut, beim Final Four nicht eingreifen zu können?

Ich habe mich inzwischen damit abgefunden, dass ich in Hamburg nicht dabeisein kann. Durch den ständigen Austausch mit unserem Doc Roland Kessler war mir nach sechs Wochen klar, dass ich selbst bei einem optimalen Heilungsverlauf nach so langer Pause keine Rolle spielen würde. Im vergangenen Jahr war mein Kumpel Tim Suton zum Zuschauen verurteilt. Diesmal hat es mich erwischt. Ich hoffe dennoch, dass wir noch einmal so einen Sahnetag erleben. Welche Aufgabe werden Sie in Hamburg wahrnehmen?

Ich werde nah an der Mannschaft sein und mitleiden und mitfiebern. Auch bei den Trainingseinheiten schaue ich häufig zu. Dann nehme ich meinen Sohn Maxim mit und werfe ihm schon mal einen Ball zu, damit die Schulter aktiv bleibt ... Ich versuche, die Jungs mental zu unterstützen und gute Laune zu versprühen. Eine positive Stimmung hilft bei so vielen Spielen. Was wünschen Sie sich zum Abschied aus Lemgo?

Es wäre sehr schön, wenn ich mich noch einmal aktiv auf dem Spielfeld verabschieden könnte. Doch ich habe nicht nur eine Verantwortung mir gegenüber. Wäre ich jünger, würde ich vielleicht anders denken. Doch mit 34 Jahren ist man ja schon etwas reifer. Auch wenns wehtut, wenn ich kein grünes Licht bekomme. Ich werde besonnen bleiben und bin mit mir total im Reinen. Der Pokalsieg im vergangenen Jahr wird für mich persönlich ohnehin unvergesslich bleiben.

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