Blick in den Möstl-Kosmos: Darum hat der Keeper bis 2028 beim TBV Lemgo Lippe verlängert

Lemgo. So kreativ wurde noch nie eine Personalie beim TBV Lemgo Lippe verkündet. Als Hallensprecher Sascha Quisbrock vor dem berauschenden 41:29 über den HSV Hamburg die Mannschaftsaufstellung verlesen wollte, grätschte Constantin Möstl dazwischen und verkündete über die Videowände in der Phoenix-Contact-Arena seine vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2028. Der LZ verriet er seine Gründe.

Schneller als erwartet wurde er beim TBV zur Nummer 1. Gibts jetzt eine neue Zielsetzung? &bdquo;Klar“, sagt Constantin Möstl, &bdquo;es ist ja nicht alles top gelaufen. Wir spielen eine super Saison, aber ich sehe noch viel Luft nach oben und muss noch weitere Schritte gehen. Viele sehen das Spiel gegen Kiel – das war ja auch cool. Aber ich sehe auch das Spiel im Cup in Coburg. Wenn ich da doch nur ein paar Paraden mehr gehabt hätte. Über die Saison gesehen, habe ich noch ein Konstanz-Problem. Da habe ich einen anderen Anspruch. Deshalb war für mich klar, dass ich hier bleibe und nicht abwarte, ob ich irgendwo anders den nächsten Schritt mache. In Lemgo sehe ich die besten Voraussetzungen, um im Idealfall die European League anzugreifen – das wäre ein weiteres Ziel. Wenn ich nach sieben Monaten Bundesliga kein Potenzial nach oben sähe, wäre das traurig. Dann würde ich auch nicht hier sitzen.“

Das fehlt ihm im Vergleich zu Andi Wolff: Als Wolff 2016 zum ersten Mal nach Kiel wechselte, habe er keine Chance gegen Landin gehabt. In der Form von heute wäre das anders. &bdquo;Wolff hat erst mit 27, 28 Jahren den Schritt zur Weltklasse gemacht. Daran sieht man, dass so etwas nicht von heute auf morgen geschieht. Erfahrung ist halt ganz wichtig. Auch mental ist er gut drauf. Vom Alter und der Persönlichkeit her muss ich noch einige Schritte gehen. Da ist ein Andi Wolff mir Welten voraus.“ Dann hebt Möstl auf den Größenunterschied ab. Bei der Nationalmannschaft habe er viel mit Sebastian Frimmel (Pick Szeged) darüber gesprochen. &bdquo;Er sagt, Siebenmeter gegen Wolff sind Chaos. Der ist 2 Meter groß. Da überlege man dreimal, wo man hinwirft. Gegen mich hat der Schütze 18 Möglichkeiten – weil er das Tor sieht.“

So bereitet sich Möstl mental vor: Zu den Typen, die Musik oder andere Dinge vorm Spiel benötigen, zähle er nicht. &bdquo;Ich brauche Lockerheit und Spaß. Bei mir kommt der Input von außen. Das fängt schon an, wenn man in die ausverkaufte Halle einläuft. Wenn ich die innerliche Motivation nicht aufbringe, spiele ich zwei Klassen schlechter. Gleichzeitig bemühe ich mich, die Ruhe zu bewahren. Diesen Zwiespalt muss ich hinbekommen.“

Darum war Möstl beim TBV auf Anhieb voll drin: &bdquo;Das hat viel mit der Mannschaftskonstellation zu tun. Schon am dritten Tag habe ich mich gefühlt, als wäre ich schon zwei Jahre in Lemgo. Wir sind fast alle im selben Alter, haben den selben Schmäh und sind gleich deppert. Wir verstehen uns einfach. Auch dank Huti (Lukas Hutecek, Anm.d.Red.) war die Eingewöhnung einfacher. Und ,Flo’ hat mir von Anfang an vertraut und das Gefühl gegeben, dass ich der Mann bin, der die Spiele rettet.“

Das Verhältnis zu Urh Kastelic: Dass sein Torhüterkollege im Sommer mit Slowenien an den Olympischen Spielen in Paris teilnahm, war für Möstls Integration eine glückliche Fügung. &bdquo;Inzwischen heißt es: Wer gut spielt, der spielt. Uri ist als Person ein unheimlich netter und guter Mensch. Beim ersten Training nach der Rückkehr aus Paris kam er auf mich zu und sagte: ,Wir beide sind ein Duo. Wir müssen uns gut verstehen.’ Dafür bin ich sehr dankbar, denn es macht das Torwartspiel nicht leichter, wenn man eine Ego-Sau, die nur an sich denkt, an seiner Seite hat. Wenn Urh reinkommt und hält, bin ich der glücklichste Mensch in der Halle. Zwischen uns harmoniert es. Ich bin jetzt in einer privilegierten Situation und habe leicht reden. Aber es wäre schlecht, wenn Urh nicht angestachelt wäre. Wir sind beide Profis. Aber das heißt ja nicht, dass man dem anderen nichts gönnt.“

Wie nachhaltig ist der Handball-Hype der EM 2024 in Österreich? &bdquo;Früher hatten wir einige Zuschauer. Das Größte, was wir bewirkt haben ist, dass jetzt alle Fans sind. Beim EM-Quali-Spiel gegen Deutschland haben uns 6000 Österreicher in Wien angepeitscht. Das war die lauteste Halle, in der ich je gespielt habe. Wir werden nicht mehr als Randsportler angesehen. Es ist mehr draus geworden. Bei der WM in Porec kamen 500 Fans aus Österreich mit. Über 300 davon kannte ich nicht – weil es einfach Fans sind. Das ist absurd und das Größte, was wir uns erarbeitet haben.“ Zudem wurde Möstl beim Niki Award der österreichischen Sporthilfe als Newcomer des Jahres ausgezeichnet. Als erster Handballer. &bdquo;Irre. Da waren alle unsere Sportgrößen versammelt – und jeder wusste, wer ich bin. Selbst Felix Neureuther kam auf mich zu. Das war einfach toll.“

Der Möstl-Kosmos: Karsamstag hebt der TBV-Keeper mit dem Flieger von Hannover nach Wien ab, wo er im Kreise der Patchwork-Familie Ostern feiert. Vater Werner Möstl war einst selbst Nationaltorhüter. &bdquo;Ich lebe jetzt Papas Traum. Der kriegt sich überhaupt nicht mehr ein und gibt mir fleißig Tipps. Aber auch meine Mutter, die 30 Jahre meinem Vater beim Handball zugeschaut hat, kennt sich aus. Jeder fiebert mit mir mit. Das ist für alle sehr emotional.“

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