„In Lemgo braucht man zu allem nur fünf Minuten“

Lemgo . Für die Bundesligahandballer des TBV Lemgo Lippe steht am Mittwoch um 19.05 Uhr bei Frisch Auf Göppingen das letzte Auswärtsspiel der Saison an. Vor seiner finalen Reise mit dem TBV führte die LZ nachfolgendes Abschiedsinterview mit Jonathan Carlsbogard .

Viel wird über Barcelona als Ihren neuen Klub spekuliert. Auf Instagram haben Sie jüngst Fotos vom Formel1-Grand Prix gepostet. Wechseln Sie etwa nach Monaco?

JONATHAN CARLSBOGARD : Das wäre ein ganz neues Projekt. Aber wir haben nur ein spielfreies Wochenende perfekt genutzt. Die Tante meiner Freundin Mimi wohnt in Monte Carlo. Das Büro der Real-Estate-Firma liegt direkt am Start- und Ziel der Formel1-Strecke . Wir hatten die besten Plätze. Das war richtig cool.

Und wohin wechseln Sie nun wirklich?

Dahin, wo die Sonne scheint. Ich weiß es, darf es aber noch nicht verraten.

Nach vier Jahren neigt sich die Zeit in Lemgo dem Ende zu. Wie fühlt sich das an?

Ich freue mich auf den nächsten Schritt, bin gleichzeitig aber auch etwas traurig, weil ich mich in Lemgo zuhause fühle. Wir haben eine super Mannschaft. Das Miteinander im Verein, mit der Geschäftsstelle und dem Trainerteam klappt sehr gut. Aber die Situation ist ähnlich wie 2018, als ich aus Göteborg kam. Manchmal muss man im Leben einen Schritt machen und darf nicht auf der Stelle stehenbleiben. Es kommt auf den richtigen Zeitpunkt an. Und der fühlt sich für mich jetzt richtig an.

Wissen Sie schon, was Sie am meisten vermissen werden?

Neben meinen Mitspielern vermutlich die kurzen Wege. In Lemgo braucht man zu allem nur fünf Minuten. Dann ist man beim Einkaufen oder beim Training. So geht wenig Zeit verloren.

Der DHB-Pokalsieg 2021 ist sicherlich Ihr schönster Erfolg. Gab es auch Rückschläge?

Meine Schulterverletzung gleich im ersten Jahr. In Wetzlar ist mir bei einer Abwehraktion das Labrum in der linken Schulter gerissen. Das war schlechtes Timing. Denn auch sportlich war ich im ersten halben Jahr noch nicht auf einem guten Niveau. Aber ansonsten war es eine sehr schöne Zeit.

Wenn Sie zurückschauen: Was kam da 2018 mit 23 Jahren für ein Mensch nach Lemgo?

( Carlsbogard lacht) Da war ich ja noch ein halbes Kind. Alles war neu für mich. Ich war das erste Mal ohne meine Familie. Zudem in einem neuen Land, in der ersten eigenen Wohnung. Dazu die Sprache und das neue Team. Alles zusammen war sehr viel. Peter Johannesson hat mir damals sehr geholfen. Er hat mir gezeigt, wie alles funktioniert. Dazu kam die Unterstützung von Andi Sukop aus der Geschäftsstelle. Als meine Freundin Mimi, die in Paris studierte, zu mir zog, musste sie in Herford viermal an beiden Knien operiert werden. Sie hat früher auch Handball gespielt.

Wie und wo haben Sie so gut Deutsch gelernt?

In Schweden hatte ich in der Schule drei Jahre lang Deutsch. Als die Sache mit Lemgo klar war, habe ich in Göteborg zweimal in der Woche mit einer Lehrerin geübt. Im ersten halben Jahr bin ich nach dem Training immer sehr lange in der Kabine geblieben und habe viel zugehört. Dann kam es langsam.

Wer waren die drei wichtigsten Personen für Sie in Lemgo?

Ich habe vier. Zum einen mein Landsmann Peter Johannesson , der auch für die Absprachen in der Abwehr wichtig für mich war. Auch Fabian van Olphen war ein super Typ, von dem ich speziell in der Abwehr viel gelernt habe. Neben dem Handball gab es viel zu organisieren mit Wohnung, Papieren, Rechnungen oder Behördengängen. Ohne Andreas Sukop hätte ich das alles nicht geschafft. Solche Menschen braucht jeder Verein.

Und wer ist die vierte Person?

Der Trainer. Wie ,Flo eine Mannschaft baut, nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch mit der Stimmung in der Kabine, und ob du spielst oder nicht – er ist ein Toptrainer. Er gibt dir als Spieler viel Vertrauen und erlaubt uns, auch mal Spaß zu haben. Junge Spieler erhalten die Zeit, langsam reinzukommen. Auch wenn man mal etwas unsicher ist, hilft er dir. Er hat bei allem einen Plan. Da merkt man, dass er schon alles miterlebt hat. Auch als wir nach zwei Jahren Corona mal eine Phase mit wenigen Siegen hatten, kam keine Krisenstimmung auf. Dieses Vertrauen ist auch eine wichtige Sache.

Was kommt Ihnen als erstes in den Sinn, wenn sie zurück an Ihre Kindheit denken?

Ich stamme aus Kärra , einem Ort zehn bis 15 Minuten außerhalb von Göteborg. Wir sind eine richtige Sportfamilie. Meine Schwester Jenny hat Fußball und Handball gespielt, meine Mutter Isa war Handballerin und mein Vater Frederik Fußballer. Bis zum 17 Lebensjahr habe ich auch Fußball gespielt. Ich fuhr mit dem Fahrrad zum Training. Alles war einfach. Dann hat mich der Vater von Hampus Wanne überredet, bei Redbergslids Handball zu spielen.

Und bei RIK hatten Sie dann einen berühmten Trainer – den Jahrhunderthandballer...

Ja, neben Jasmin Zuter habe ich alles von Magnus Wislander gelernt. Er wohnt ebenfalls in Kärra und manchmal sind wir zusammen zum Training gefahren. Wenn wir im Sommer trainiert haben, wurde viel Fußball gespielt. Auch jetzt noch kicke ich in den Ferien mit einigen Schulfreunden. Als Magnus das mal gesehen hat, fragte er, ob er nicht mitspielen dürfe. Altersmäßig passt das zwar nicht so richtig, doch er hat immer noch viel Ballgefühl. Von Wislander habe ich ganz viel mitgenommen: wie ich in der Abwehr stehen muss, wie ich mit den Händen arbeiten und mich bewegen soll. Wichtig war ihm auch immer, dass man das Tempo nicht so schnell macht.

Ist er stolz über ihre Entwicklung?

Er ist zufrieden. Magnus Wislander und Hendrik Lundström , der Manager von RIK, haben mir 2018 gesagt, dass es noch zu früh für einen Wechsel in die Bundesliga sei. Doch ich bin meinen eigenen Weg gegangen. Als ich sie im letzten Jahr getroffen habe, mussten sie einräumen, dass es eine gute Entscheidung von mir war.

Welcher Handballer kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie das Wort &bdquo;Erfolgreich“ hören?

Kim Andersson war schon immer mein Idol. Mit 40 Jahren ist er gerade mit Ystads IF im Shootout gegen Skövde noch einmal schwedischer Meister geworden. Er hat immer einen Blick für die Mitspieler. Wie er Handball spielt, das finde ich einfach mega.

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Lieblingslied beim Karaoke? Ich bin unmusikalisch. Lieber nicht, meint meine Freundin.

Wen können Sie morgens um 5 Uhr aus dem Bett klingeln? Meine Mama

Welches Gericht schmeckt immer? Taccos Thriller oder Komödie? Komödie.

Sparfuchs oder Investment? Beides.

Hund oder Katze? Hund. Seit November haben wir einen kleinen Zwergpudel namens Lemon.

Frühaufsteher oder Langschläfer? Frühaufsteher.

Träumer oder Realist? Träumer.

Fleiß oder Talent? Fleiß.

Köttbullar oder Serrano-Schinken? Köttbullar.

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