In Rekordzeit ins Nationalteam: Das ist der nächste neue Kreisläufer des TBV Lemgo Lippe

Lemgo. Es fließt im Lemgoer Kreisverkehr. Schneller als erwartet hat Handball-Bundesligist TBV Lemgo Lippe das durch den Weggang von Jan Brosch (33) und Leos Petrovsky (31) entstehende Vakuum am Kreis gefüllt. Wenige Tage nach Adam Nyfjäll (32), der bis zum Sommer bei GWD Minden aushilft, wurde mit Joël Willecke nun ein 20-jähriger Schweizer Nationalspieler bis zum 30. Juni 2027 verpflichtet.

Am Sonntag lernte Joël Willecke in der EM-Qualifikation in Schaffhausen bereits seine künftigen Mitspieler Lukas Hutecek und Constantin Möstl kennen. Die aufreibende Partie zwischen der Schweiz und Österreich endete 29:29.

Mit 12 Jahren haben Sie mit Handball begonnen und mit 17 Jahren schon ihr Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert. Ein Turbo-Start, der wie begonnen hat?

JoËl Willecke: In der Schule. Im Sportunterricht. Misha Kaufmann, heute in der Bundesliga beim ThSV Eisenach auf der Bank, war damals Trainer beim HSC Suhr Aarau. Er kam einmal in der Woche in die Schule und erteilte eine einstündige Handball-Lektion. Bis dahin hatte ich nur Fußball in meinem Heimatverein in Buchs gespielt. Aber von da an hatte mich der Handball gepackt.

Fußball ist ja auch nicht schlecht. Was fanden Sie beim Handball denn cooler?

Die Leute im Verein haben mir gut gefallen. Ich habe mich da einfach wohler und aufgehobener gefühlt. Das hat den Ausschlag gegeben. Beim Fußball gab es mir auch zu viele &bdquo;Schwalben“. Beim Handball darf man zupacken. Das ist alles etwas ehrlicher.

Dennoch: Ihr Weg ins Nationalteam verlief ja astronomisch schnell...

Mit dem Wechsel in die Sportschule ist vieles für mich gut gelaufen. Misha Kaufmann hat im Verein früh auf mich gesetzt, und ich konnte Spielpraxis sammeln. Der Verein hat mir viel gegeben – aber auch ich habe viel gegeben und trotzdem nicht den Spaß verloren.

Wissen Sie, seit wann Sie der TBV auf dem Radar hatte?

Nach dem ersten Kontakt ist es auch dort sehr schnell gegangen. Mein Berater hielt immer die Augen offen. Als er mir signalisierte, dass Lemgo sich nach mir erkundigt hat, war sofort mein Interesse geweckt. Florian Kehrmann hat mich zunächst angeschrieben. Dann haben wir gesprochen, und er hat mir von seinen Ideen erzählt. Das hat mir alles sehr zugesagt, und ich hatte praktisch schon nach dem ersten Anruf ein gutes Gefühl.

Und anschließend haben Sie sich sicher sofort bei ihrem Nationalmannschaftskollegen Samuel Zehnder erkundigt?

Mit Sämi habe ich mir in der vergangenen Nationalmannschaftswoche ein Zimmer geteilt. Aber in der damaligen Situation wusste ich nicht, ob das ein Geheimnis ist. &bdquo;Flo“ hat mir gesagt, dass ich ihn ruhig fragen solle, wie er das einschätzt. Alles, was Sämi gesagt hat, hat sich bisher bestätigt. In Lemgo geht es familiär zu. Es ist keine riesen Stadt. Aber alles passt. Die Gespräche waren allesamt sehr offen und ehrlich.

Und danach haben Sie vermutlich gleich ein Dyn-Abo abgeschlossen, oder?

Ich verfolge die Bundesliga schon seit ein paar Jahren. Da bin ich ein fleißiger Zuschauer. Lemgo hat mir immer schon gefallen: Die Mannschaften und der Trainer. Viele junge Spieler haben sich hier sehr gut entwickelt. Das war für mich ein wichtiger Grund.

Mit Lukas Laube, der in Stuttgart spielt, stammt ein weiterer Kreisläufer aus Suhr Aarau.

Ja, das stimmt. Aber auch Manuel Zehnder (SC Magdeburg), Gian Attenhofer und Timothy Reichmuth (beide Eisenach, Anm.d.Red.) kommen aus meinem Verein. Viele haben den Schritt schon gemacht. Das zeigte mir, dass ich mutig sein muss.

Was kennen Sie denn schon von Lemgo?

Ich war sogar schon in der Halle. Beim Heimspiel gegen die Rhein-Neckar Löwen. Das war unglaublich, einfach atemberaubend. Wenn man das aus der Sicht des Zuschauers erlebt, empfindet man das noch ganz anders. Es hat einfach Bock gemacht. Meine Freundin Charlotte war auch mit dabei. Vielleicht wird sie im Sommer mit nach Lemgo kommen.

Hatten Sie denn auch Kontakt zu ihren künftigen Mitspielern?

Ja, wir durften in den VIP-Raum und haben beim Essen gemeinsam am Tisch gesessen. Die Spieler wussten offensichtlich Bescheid. Wir wurden sehr warm willkommen geheißen und haben Einblicke erhalten. Das war cool.

Sie werden am 23. November gerade mal 21 Jahre alt. Setzen Sie derzeit voll auf Handball?

Nein. Ich mache gerade mein Abitur. Das dauert in der Schweiz etwas länger. Ich hoffe, dass ich es gut abschließen kann. Und anschließend wird’s dann wohl ein Fernstudium bei mir werden. Damit bin ich flexibel.

Von Samuel Zehnder und Carlos Lima, der 2003 mit dem TBV Deutscher Meister wurde, wissen wir, dass auch der Militärdienst in der Schweiz noch eine besondere Rolle spielen kann.

Ja, meinen Militärdienst muss ich noch absolvieren. Aber man kann das etwas aufschieben. Dann ist es etwas mühsam zu timen. Ich weiß noch nicht, wie ich das lösen werde. Im schlimmsten Fall muss ich 3 Prozent meines Jahresgehalts abgeben, sofern ich den Dienst bis zu meinem 25. Lebensjahr nicht absolviert haben sollte.

Ich möchte ja nicht von Vorbildern sprechen. Aber welcher Kreisläufertyp gefällt Ihnen am besten?

In meinem Kleiderschrank hängt ein Kohlbacher-Trikot. Das trage ich manchmal sogar noch, wenn ich im Kraftraum trainiere. Beim Länderspiel am Donnerstag in Mannheim habe ich direkt gegen ihn gespielt. Ich habe überlegt, ob ich nachher noch ein Foto mit ihm mache. Dazu ist es aber nicht gekommen. Trotzdem habe ich ein gemeinsames Bild mit Janik. Das habe ich vor fünf Jahren als Fan mit ihm gemacht, als er mal in der Schweiz in der Halle war. Kohlbachers Zusammenspiel mit Andy Schmid war teilweise genial. Aber von der Statur sind wir ja ziemlich unterschiedlich. Gerne schaue ich auch bei Hendrik Pekeler zu, wie er das so macht.

Stichwort Andy Schmid. Wie hat ihr Nationaltrainer reagiert, als Sie ihn mit dem Wechsel nach Lemgo konfrontiert haben?

Andy findet das sehr gut. Er hat mich nur bekräftigt, dass ich den nächsten Schritt mache. Dass er mir die Bundesliga zutraut, war für meine Entscheidung sehr wichtig.

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