Lemgo. Für den TBV Lemgo Lippe ist die Sporthalle Hamburg ein historisches Terrain. Als das Areal an der Krochmannstraße noch Alsterdorfer Sporthalle hieß, feierte der lippische Bundesligist mit den DHB-Pokalsiegen 1995, 1997 und 2002 den Aufstieg in die nationale Spitze. Doch in der jüngeren Vergangenheit gab es für Florian Kehrmann und seine Jungs beim HSV Handball nichts zu holen. Am Freitag, um 19 Uhr, wird ein neuer Anlauf unternommen. Schon ganz gespannt auf den einstigen Lemgoer Glücksort ist Joël Willecke, für den auch Hamburg als Stadt noch Neuland ist. In seinen ersten vier Bundesligaspielen hat sich der 2,02m Riese prima ins TBV-System eingefügt und gab in Wetzlar an der Seite von Frederik Simak einen stabilen Prellbock. „Das war ein echter Abnutzungskampf. Aber wir haben danach gut regeneriert und sind nun alle heiß auf Hamburg“, freut sich Willecke auf die erste Fahrt in den Norden. Die wird garantiert wieder mit viel Arbeit verbunden sein. Adam Nyfjäll und Hendrik Wagner – zwei weitere Innenblocker – sind nach wie vor angeschlagen. „Nichts schlimmes. Aber wir werden kein Risiko eingehen“, sagt Trainer Florian Kehrmann, der mit seinen Innenverteidiger-Duo Simak/Willecke in Wetzlar „sehr, sehr zufrieden“ war. Für Verschnaufpausen wisse man zudem um die Abwehrkünste von Alleskönner Lukas Hutecek. Schließlich kommt auf den TBV am Freitagabend eine gehörige Portion Wurfgewalt zu. Neuzugang Nicolaj Jörgensen, in der vergangenen Saison mit 275 Treffern Torschützenkönig von SønderjyskE HB und der dänischen Håndboldligaen, explodierte mit 12/2 Treffern gleich am ersten Spieltag und ebnete somit den Weg zum 36:33-Auswärtssieg des HSV in Stuttgart. Auch U21-Weltmeister Moritz Sauter verfügt über enorme Explosivität. Zudem hat Linkshänder Jakob Lassen dem TBV schon einige Male weh getan. Den Weggang von Spielmacher Leif Tissier, den es nach Hannover zog, hat der HSV intelligent kompensiert. Neben Jörgensen angelten sich Jogi Bitter und Torsten Jansen aus Potsdam den Österreicher Elias Kofler. „Ein starker Eins–gegen-eins-Spieler, der auch in der Abwehr Impulse setzt und gut ins HSV-System passt“, hat Kehrmann erkannt. Ohnehin bezeichnet er die Hamburger als einen Gegner auf Augenhöhe. „Sie spielen ein ähnliches System wie wir, suchen viele Eins–gegen-eins-Situationen, lassen den Ball laufen und gehen Tempo. Zudem arbeiten sie in der Abwehr flexibel. Da werden Kleinigkeiten entscheiden. Auswärts müssen wir noch mehr den Kopf einschalten und sehr strukturiert spielen“, fordert der TBV-Coach. Joël Willecke spricht von „der nächsten Stufe“. Wobei er in den ersten vier Einsätzen bereits eine Menge gelernt hat. „Das Level ist schon ein ganz anderes als in der Schweiz. Der Bundesligahandball ist schneller und körperlich präsenter. Es wird mehr um Details gespielt, die den Unterschied machen, ob man am Ende ein paar Zentimeter besser ist. Man muss für die Tore einfach mehr arbeiten“, sagt der 21-jährige Eidgenosse, der bei seiner Bundesligapremiere auch den Windzug eines Gisli Kristjansson spürte. „Das war schon krass“, sagt Willecke und hat schnell gelernt, „dass man die Abwehrarbeit in der Bundesliga anders interpretieren muss“. Auch im zweiten Heimspiel gegen den VfL Gummersbach erlebte er ein besonderes Match. „Da haben wir gesehen, dass wir auch gegen Mannschaften, die vermeintlich etwas über uns stehen, punkten können.“ In seine Vita gingen neben bislang fünf Treffern auch eine rote Karte ein, als es in der Abwehr mit Elidil Vidarsson schepperte. Willecke: „Das ging ein bisschen schnell für mich. Ich wollte die Linie schließen und habe mich etwas blöd gedreht. Das war total unabsichtlich. Am Ende war ich froh, dass mir das erst in der 56. Minute passiert ist.“