Aus für neue Einfamilienhäuser? Auch die ersten OWL-Städte reagieren

Bielefeld/Münster. Was die Grünen im Wahlkampf auf Bundesebene forderten, hat eine Ratsmehrheit von Grünen, SPD und der Europapartei Volt in Münster nun beschlossen: Aus überwiegend ökologischen Gründen soll der Bau von frei stehenden Einfamilienhäusern durch neue Auflagen zukünftig nur noch in sehr wenigen Einzelfällen genehmigt werden. Stattdessen setzt die Stadt auf Nachverdichtung und den Bau von Mehrfamilienhäusern. Eine Strategie, die auch einige Städte und Kommunen in Ostwestfalen-Lippe in Erwägung ziehen.

Die ökologischen Vorteile eines Mehrfamilienhauses gegenüber einem frei stehenden Einfamilienhaus liegen auf der Hand. Weil in der Regel die Wohnfläche pro Person in einem Mehrfamilienhaus geringer ist als in einem Einfamilienhaus, haben Bewohner auch einen niedrigeren Pro-Kopf-Verbrauch. Das gelte laut Umweltbundesamt sowohl für den Verbrauch von Energie als auch für den Verbrauch von Fläche. Letztere steht in vielen Städten und Kommunen ohnehin nicht mehr unbegrenzt zur Verfügung. Die weitere Versiegelung durch neue Einfamilienhäuser soll deswegen gebremst werden.

Trotzdem werde es möglich sein, dass in Zukunft jeder, der möchte, in einem Einfamilienhaus leben kann, sagt Matthias Günther, Geschäftsführer des Pestel-Instituts in Hannover, das zum Wohnungsbau forscht. "In etwa 15 Jahren werden wir in Deutschland einen Wohnungsstand haben, der nicht zu unserer Altersstruktur passt", sagt er voraus. Rund 16 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser gebe es derzeit deutschlandweit. Viele davon würden von Menschen bewohnt, die in den kommenden Jahren altersbedingt nicht mehr allein wohnen können. "Ziehen diese Menschen in kleinere Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern, gibt es genug leer stehende Einfamilienhäuser, die Platz für junge Familien bieten."

Günther gibt zu bedenken, dass die Debatte eine emotional sehr geladene ist. Um nicht den Anschein zu erwecken, alte Menschen aus ihren Häusern vertreiben zu wollen, sei eine generationenübergreifende Diskussion besonders wichtig. Laut dem Experten sei es aber "wahnsinnig", weiter Einfamilienhäuser zu bauen. "Es werden genug Häuser frei werden, sodass wir in ein paar Jahren damit werfen können." Den Neubau frei stehender Einfamilienhäuser jetzt einzudämmen, sei ein vorausschauender Plan der Kommunen.

Minden Welche Vorgaben zukünftig in Sachen Klimaschutz in Bebauungsplänen gelten, damit hat sich der Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen in Minden bereits im Juni 2022 beschäftigt. Flächensparendes Bauen soll auch dort in Zukunft Priorität haben. Heißt: Die Stadt will vermehrt Reihenhäuser und Hausgruppen genehmigen und setzt auf kleinere Grundstücke und mehr Geschosse, um eine verdichtende Bauweise zu erreichen. Reine Einfamilienhausgebiete soll es in Minden in Zukunft nicht mehr geben, vielmehr setze die Stadt nach eigenen Angaben darauf, verschiedene Wohnformen zu mischen, um bei möglichst wenig Fläche viel Wohnraum zu schaffen.

Paderborn Weil Einfamilienhäuser in den Kommunen im Kreis Paderborn stark nachgefragt sind, wurde das Thema bereits auf Kreisebene politisch aufgegriffen. Auch dort plädierten die Grünen 2021 für mehr Flächensparsamkeit. Eine Mehrheit fand der Vorstoß im Kreisausschuss aber nicht. Die Debatte läuft in den Kommunen aber weiter. Beispielsweise möchte die Stadt Salzkotten den Flächenverbrauch je Grundstück künftig reduzieren, heißt es auf Anfrage dieser Redaktion.

Bielefeld Mehr Menschen auf weniger Fläche, das ist auch in Bielefeld der Kurs. Bei wenigstens einem Drittel der Wohneinheiten in Neubaugebieten soll es sich künftig um bezahlbaren, öffentlich geförderten Wohnraum handeln. Wenn daneben noch Eigenheime entstehen, dann in verdichteter Bauweise, etwa als mehrgeschossige Reihenhäuser. Große Grundstücke mit frei stehenden Einfamilienhäusern oder Neubaugebiete, in denen ausschließlich Eigenheime stehen, wird es wohl nicht mehr geben. Beschlossen ist noch nichts. Doch die Parteien wollen neue Leitlinien für die Stadtentwicklung und Anforderungen an künftige Neubauten aufstellen. Geht es in die gleiche Richtung wie in Münster? "Definitiv", heißt es.

Herford Ein Umdenken findet auch in der Herforder Politik statt. &bdquo;Wenn wir heute versiegeln, dann müssen wir mehr Wohnraum schaffen. Das geht ökologisch gar nicht mehr anders", sagt Bürgermeister Tim Kähler (SPD). In den Planungen für aktuelle Neubauflächen sei bereits die Rede von weniger Einfamilienhäusern und mehr Reihenhäusern. Doch die Vorhaben werden, zuletzt zum Beispiel im Stadtteil Elverdissen, von Bürgerprotesten begleitet. Eine mehrstöckige – wenn auch platzsparendere – Bebauung passe nicht in ein landwirtschaftlich geprägtes Landschaftsbild, monieren Kritiker. Befürworter der neuen Bauweise verweisen jedoch darauf, dass auch in Herford durch den Umzug älterer Menschen in kleinere Wohnungen künftig viele Einfamilienhäuser wieder auf den Markt kommen könnten.

Detmold In Detmold können Häuslebauer durchatmen: Die Stadtverwaltung hat auf absehbare Zeit nicht vor, den Bau von Einfamilienhäusern einzuschränken oder gar zu verbieten. Aktuell gebe es dazu "keinerlei Überlegungen". Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern ist laut der Stadt aufgrund der Situation am Zinsmarkt in Detmold ohnehin eher mäßig, da Bauen sehr viel teurer geworden ist. "Viele Familien, die dieses Vorhaben eigentlich gerne umsetzen würden, können sich den Bau eines Einfamilienhauses im Augenblick offenbar finanziell nicht leisten", heißt es aus dem Rathaus.

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