Bad Salzuflen. Erneute Wende in Sachen Zukunft Britensiedlung: Entgegen eines Ratsbeschlusses von Anfang Oktober, wonach die Stadt nicht als Käufer auftreten soll, wird die Kommune jetzt doch Teil-Flächen – in der Summe rund 10.000 Quadratmeter – und einige Häuser der Siedlung an der Königsberger Straße erwerben. Allesamt Immobilien, für die eine öffentliche Nutzung vorgesehen ist. Als Kaufpreis sind hierfür rund 1,7 Millionen Euro veranschlagt. Der Rat hat in nicht-öffentlicher Sitzung mit großer Mehrheit (gegen die Stimmen der FDP) beschlossen, dass die Summe in den Haushalt eingestellt wird.
Die Vorgeschichte
Die Siedlung mit 44 Einfamilienreihenhäusern, 12 Doppelhaushälften, 2 Einfamilienhäusern und großen Garagenhöfen haben jahrzehntelang mehrheitlich Offiziere der britischen Armee, die in Herford stationiert waren, mit ihren Familien bewohnt. Ende 2015 ging die Siedlung kostenlos an den Bund beziehungsweise an seine Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) über.
Zum Höhepunkt der Flüchtlingswelle im Herbst 2015 brachte die Stadt Neuankömmlinge im Ex-Britenviertel unter. Das tut sie bis heute, und zwar ohne einen Cent Miete zahlen zu müssen. Aktuell wohnen um die 190 Flüchtlinge in dem Quartier – vor drei Jahren waren es noch rund 300. Jahrelang herrschte in großen Teilen des Rates Konsens, dass die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht für die gesamte Siedlung Gebrauch macht.
Als sich die Verkaufsverhandlungen hinzogen, zog die CDU die Reißleine und setzte sich Anfang Oktober im Rat mit ihrem Antrag durch, dass die Stadt die Siedlung nicht erwirbt. Als Kaufpreis hierfür waren zehn Millionen Euro im Haushalt eingestellt.
Die Wende
Nur wenige Wochen nach der Ratsentscheidung kam es zu einem Gespräch zwischen Vertretern der BImA und der Stadt (Verwaltungsvorstand und Politik). Dort wurde erörtert, dass die Kommune gemeinschaftlich genutzte Flächen zu einem deutlich geringeren Kaufpreis erwerben könnte, um hierüber Einfluss auf die Entwicklung des Quartiers zu nehmen.
Zu diesem Paket gehören unter anderem das Quartiersmanagement, der rund 100 Quadratmeter große Spielplatz, die Ringerschließung, die Fußwege, das von der Stadt betriebene Nachbarschaftszentrum und die Flächen, wo sich jetzt noch Garagenhöfe befinden. Die anderen Häuser in der Siedlung verbleiben bei der BImA. Auch die Gebäude, in denen die Stadt Flüchtlinge untergebracht hat, werden weiter dem Bund gehören. Die Stadt darf sie jedoch weiter kostenfrei mieten. Mittel- bis langfristig muss die Stadt für die Flüchtlinge jedoch andere Unterbringungsmöglichkeiten finden.
Die gut 3.000 Quadratmeter große Fläche der beiden Garagenhöfe in der Siedlung sollen künftig zu günstigem, ökologischen Wohnraum umfunktioniert werden. Alle bei ihr verbleibenden Häuser will die BImA zügig vermarkten – entweder als Miet- oder Kaufobjekte. Dazu hat die Bundesanstalt gegenüber der Stadt erklärt, dass sie die ehemaligen Soldatenhäuser nicht renovieren wird. Das sei Sache der künftigen Bewohner oder der neuen Eigentümer. Diese haben dadurch die Möglichkeit, verhältnismäßig günstig an Wohnraum zu kommen, der nicht weit von der Innenstadt entfernt liegt.
So geht es weiter
Die Stadt geht davon aus, dass der Erwerb der gemeinschaftlich genutzten Immobilien bis Mitte kommenden Jahres abgeschlossen sein wird. Bei der Vermarktung ihrer Grundstücke und Häuser will die BImA im Interesse der Stadt bezahlbaren Wohnraum – insbesondere für junge Familien – bereitstellen.
Die Debatte
CDU-Fraktionschef Volker Heuwinkel sagte im Rat, dass der Beschluss, die Siedlung nicht zu kaufen, „Bewegung in die Sache" gebracht habe. Wichtig sei, dass an der Königsberger Straße kein sozialer Brennpunkt entstehe. SPD-Fraktionsvorsitzender Eduard Böger sprach davon, dass die Stadt jetzt wenigstens einen „kleinen Spatz in der Hand" halte. Nachbarstädte wie Detmold, Gütersloh, Paderborn und Herford hätten es jedoch vorgemacht, indem sie ganze ehemalige Briten-Quartiere erworben hätten und jetzt entwickelten.
FDP-Fraktionschefin Regina Perunovic ist froh, dass die Stadt nicht auf mögliche Folgekosten für die Sanierung des gesamten Viertels sitzen bleibt. Für die Grünen hat die BImA in der jüngsten Verhandlungsrunde einen „roten Teppich ausgerollt", wie Sprecherin Katrin Klei sagte. Wolfgang Senz von den Linken kann nach wie vor nicht verstehen, dass die Stadt von ihrem Erstkaufrecht für die gesamte Siedlung keinen Gebrauch macht: „Dafür werden wir in den Nachbarstädten ausgelacht."