Salzufler Rat gibt Schule in Retzen eine Chance - und setzt beim Wochenmarkt auf Gespräche

Bad Salzuflen. Es ist eine ungewöhnliche und vor allem sehr lange Ratssitzung gewesen. Mehr als 50 Tagesordnungspunkte hatte der Rat nach längerer Sitzungspause am Mittwochabend in der Konzerthalle zu bewältigen – und brauchte dafür knapp viereinhalb Stunden.

Nach zum Teil langen und für die Zuschauer aufgrund der Akustik nur schwer zu verfolgenden Debatten standen unter anderem diese beiden Entscheidungen fest: In Retzen bleibt das Comeback der Grundschule eine Option, und beim Streitthema &bdquo;Wochenmarkt in Schötmar" wird nicht auf Zwangsmaßnahmen, sondern auf Gespräche gesetzt.

Kita-Masterplan Während sich der Jugendhilfeausschuss in der vergangenen Woche noch mehrheitlich dafür ausgesprochen hatte, die ehemalige Grundschule Retzen zu einer Kita mit vier bis fünf Gruppen umzubauen, gab es im Rat die Rolle rückwärts.

Eine breite Mehrheit beschloss gegen die Stimmen der SPD, dass das Schulgebäude vorerst aus dem Kita-Masterplan herausgenommen wird. &bdquo;Die Bevölkerung von Retzen setzt sich dafür ein, dass im Ort wieder eine Schule öffnet", sagte Bärbel Paetzold (CDU). Monika Prüßner-Claus (Freie Wähler) ergänzte, dass Bad Salzufler Eltern keine Einrichtungen &bdquo;auf der grünen Wiese" wollten, nur weil die Stadt hier zufällig Grundstücke habe.

Marion Rieso-Wiege (SPD) sprach sich schon im Vorfeld hingegen für eine Kita in der ehemaligen Grundschule aus: &bdquo;Wir haben einen Rechtsanspruch zu erfüllen und 400 unversorgte Kinder in der Stadt." Christine Fanenbruck (Grüne) warnte hingegen vor einem Übermaß an Kita-Plätzen in Retzen, zumal an der Rhienbachstraße eine Drei-Gruppen-Kita neu gebaut wird. Sollten zusätzlich weitere Gruppen in der alten Schule einziehen, &bdquo;wird das ein reiner Hol- und Bringdienst für Kita-Kinder", fürchtet Fanenbruck. Sie brachte in der Ratssitzung die ehemalige Heimat des Esta-Bildungswerks hinter der Polizeiwache an der Schülerstraße in Schötmar als Kita-Standort ins Spiel.

Axel Pick (FDP) betonte, dass sich der Ortsausschuss Retzen einstimmig für eine Grundschule im Ort ausgesprochen habe. Mit der Herausnahme der alten Schule in Retzen aus dem Kita-Masterplan fehlen vier Gruppen, sagte Fachbereichsleiterin Katja Mönnigmann-Steinbeck. &bdquo;Dafür müssen wir Kompensation schaffen und Mittel im Haushaltsplan 2021 anmelden."

In der nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 18. Juni soll es um mögliche Alternativen gehen.

Wochenmarkt Schötmar Bei diesem Tagesordnungspunkt setzte sich die SPD mit ihrem Vorschlag durch, die Zwangsgeldandrohung durch die Stadt auszusetzen. Stattdessen soll die Verwaltung Gespräche mit dem Wochenmarktverein und eventuell anderen Interessenten führen, wie kurzfristig wieder ein Samstagsmarkt in Schötmar etabliert werden kann. Über die Ergebnisse soll in der nächsten Sitzung des Hauptausschusses am 17. Juni berichtet werden.

Bert Kaufmann (CDU) betonte, dass die Ortsausschüsse Salzuflen und Schötmar sowie ihre Vorsitzenden in der Frage nicht zuständig seien. Die Verwaltung müsse die Marktverträge durchsetzen. SPD-Fraktionschef Eduard Böger entgegnete, dass es besser sei, Lösungen zu finden. Dazu wurde mehrheitlich ein Antrag der Grünen beschlossen, wonach der Wochenmarktverein Bad Salzuflen/Schötmar die feste Zusage für die Ausrichtung der Märkte von 2021 bis 2024 erhalten und bei der Erarbeitung eines neuen Konzeptes vom Stadtmarketing sowie der Wirtschaftsförderung unterstützt werden soll.

"Ungehörte Wortbeiträge" Ein Kommentar von Thomas Reineke

Die Premiere einer Ratssitzung in der Konzerthalle hat gemischte Gefühle hinterlassen. Die erhabene Atmosphäre des großen Raumes, die Möglichkeit, genügend Abstand zu halten und die Freundlichkeit des Personals von Stadt und Staatsbad stehen deutlich auf der Habenseite.

Ein dicker Minuspunkt allerdings war, dass die Wortbeiträge vieler Ratsmitglieder – meist nach vorne zur Bühne gesprochen und ohne akustische Verstärkung – in den hinteren Reihen so gut wie gar nicht zu verstehen waren. Klar, ein Mikro durch Dutzende Hände zu reichen, ist in Corona-Zeiten keine Option. Aber so gerät eine Ratssitzung auch im öffentlichen Teil zu einer fast nicht-öffentlichen Veranstaltung.

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