Salzufler Orgelbauer: Was hinter dem ungewöhnlichen Beruf steckt

Bad Salzuflen. Ein paar Handgriffe und schon ist die kleine Orgel in der katholischen Liebfrauen-Kirche einsatzbereit. Michael Schröder (72) nimmt Platz und drückt eine Taste, Sohn Tobias (36) spitzt die Ohren. &bdquo;Hören Sie, wie der Ton leichte Wellen schlägt?", fragt er. Genau das soll er aber nicht. Mit seinem Stimmhammer schlägt er leicht gegen die kleine Orgelpfeife. Für das ungeübte Gehör hat sich kaum etwas verändert. Aber Tobias Schröder hört den feinen Unterschied. Jetzt stimmt wieder alles. &bdquo;Der Ton hat jetzt eine klare Linie."

Täglich unterwegs

Theoretisch würde das jetzt bei allen 216 Orgelpfeifen so weitergehen – bis alle optimal gestimmt sind. Bei einer großen Orgel, die schon mal 5000 bis 6000 Pfeifen haben kann, gehen da schon mal zwei Tage ins Land, bis jeder Ton sitzt. Geduld und ein feines Gehör sollte man als Orgelbauer also durchaus mitbringen. Und das tun Michael und Tobias Schröder. Fast täglich sind sie in der näheren Umgebung, aber auch in ganz Deutschland unterwegs und sorgen dafür, dass kleine und große Orgeln vernünftig klingen.

Seit 2014 führt der Sohn den Familienbetrieb

Rund 400 Orgelbauer gibt es deutschlandweit, sagt Michael Schröder. Der Salzufler Familienbetrieb gehört dazu. Vater Michael hat schon als kleiner Junge angefangen, Klavier und später Orgel zu spielen, erzählt er. Ein Grund mehr, sich 1964 für die Ausbildung zum Orgel- und Harmoniumbauer in Vlotho zu entscheiden. 1993 macht sich der Salzufler schließlich selbstständig. Anfangs fährt seine Frau Brigitte mit und unterstützt so gut sie kann, später darf auch Sohn Tobias mit ran. 2003 beginnt er schließlich eine Lehre bei seinem Vater, seit 2014 führt er den Betrieb mit Sitz an der Ahornstraße. Und auch Mutter Brigitte ist nach wie vor dabei: Sie ist federführend für das Büro zuständig.

Offiziell könnte Michael Schröder längst die Füße hochlegen und seine Rente genießen. Will er aber nicht – zu viel Spaß macht ihm die Arbeit mit der &bdquo;Königin der Instrumente", wie Schröders die Orgel schon mal bezeichnen. &bdquo;Der Orgelbauer legt die Intonation und damit den Klang der Orgel fest. Es liegt also an uns, wie eine Orgel klingt", sagt Michael Schröder.

"Es kann schon mal knifflig werden"

Einmal pro Jahr sollte jede Orgel im Schnitt gewartet und gestimmt werden – zu tun gibt es damit genug. Zudem stehen darüber hinaus Reparaturen oder Reinigungen an. &bdquo;Das kann bei einer großen Orgel schon mal mehrere Wochen dauern", sagt Tobias Schröder. Auch Umbauten nehmen die beiden vor, erweitern beispielsweise Register oder verändern den Spieltisch. &bdquo;Da kann es auch schon mal kniffelig werden. Es gibt eigentlich immer etwas zu basteln, man hat jeden Tag eine andere Aufgabe", sagt Tobias Schröder.

Zwar haben sich die Orgeln über die Jahrhunderte grundsätzlich kaum verändert. &bdquo;Ein Orgelbauer, der vor 300 Jahren gearbeitet hat, könnte heute noch bei uns mitarbeiten", sagt Michael Schröder. Die Technik hat sich allerdings durchaus weiterentwickelt: Wo früher alles manuell lief, sitzt heute viel mehr Elektronik. &bdquo;Gerade bei großen Orgeln braucht man die auch", sagt Michael Schröder. Aber: Die Elektronik sei natürlich auch wesentlich anfälliger und nicht immer ganz so einfach zu reparieren.

Mehr als nur ein Kasten mit Pfeifen

Umso vielfältiger ist der Beruf des Orgelbauers. &bdquo;Man muss gleichzeitig Tischler, Mechaniker, Musiker, aber auch Elektroniker sein", sagt Michael Schröder. Begeisterung fürs Handwerk gehöre auf jeden Fall dazu – aber auch körperliche Arbeit sollte man nicht scheuen. &bdquo;Bei einer großen Orgel wiegen die einzelnen Pfeifen zusammen schon mal mehrere Tonnen – und die müssen ja alle verbaut werden", sagt Michael Schröder. Da könne es schon mal anstrengend – oder im Inneren der Orgel auch schmutzig und eng werden. Denn: &bdquo;Drinnen geht es eigentlich erst richtig los", weiß Michael Schröder und grinst. Eine Orgel sei eben mehr als nur ein Kasten mit den Pfeifen davor. &bdquo;Das wissen viele nicht", sagt er. Und vielen sei schlichtweg auch der Beruf des Orgelbauers gar nicht bekannt.

Besonderer Auftrag in Würzburg

Dabei haben sie gut zu tun: An der Orgel in der evangelischen Kilianskirche in Schötmar haben Schröders etwa den Spieltisch umgebaut und die Elektronik erneuert, die Instrumente in den katholischen Kirchen pflegen sie regelmäßig. Und auch sonst sind die beiden in der gesamten Umgebung unterwegs. Regelmäßig zum Beispiel in der Oetkerhalle in Bielefeld. &bdquo;Vor jedem Konzert stimmen wir dort die große Konzertorgel nach", erzählt Michael Schröder. Und das schon seit Ende der 1960er Jahre.

Einen ganz besonderen Auftrag haben die beiden aber vor einigen Jahren an Land gezogen: Seitdem kümmern sie sich um die Pflege der Orgel in der Wallfahrtskirche Käppele in Würzburg. &bdquo;Ich habe noch nie ein so kunstvoll geschnitztes Gehäuse gesehen", erzählt Michael Schröder begeistert. Die Orgel sei völlig verdreckt gewesen, auch das Pfeifenwerk musste repariert werden. &bdquo;Man ist schon ziemlich stolz, sich um eine so imposante Orgel kümmern zu dürfen", sagt Michael Schröder. Gerade alte Orgeln, von denen es gar nicht mehr so viele gibt, begeistern ihn – auch in Lippe gibt es davon noch ein paar. &bdquo;Man hat ja auch eine große Verantwortung, ein so altes Instrument zu erhalten."

Michael Schröder haut selbst gern in die Tasten

Und immer, wenn sich Michael Schröder gerade nicht um Wartung, Reparatur oder Pflege kümmert, bringt er das Instrument selbst zum Klingen: Seit 57 Jahren ist er Organist der Salzufler Liebfrauen-Gemeinde, regelmäßig kommt er zum Üben in die Kirche. Dass er das Instrument auch spielen kann, ist in seinem Job zwar kein Muss. Geschadet hat es bislang aber auch nicht. &bdquo;Manchmal kann ich die Organisten in den Kirchen sogar beraten, was sie an der Orgel mal versuchen könnten", sagt er. Und auch heute kann er es nicht lassen. Kaum sitzt er an der kleinen Orgel in Liebfrauen, klimpert er auch schon eine Melodie.

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