Bad Salzuflen. Die dunklen Wolken über der Stadt haben sich ein klein wenig aufgehellt. Statt mit knapp 13 Millionen Euro Defizit wie bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfs Ende Oktober rechnet Kämmerin Melanie Koring für nächstes Jahr jetzt mit einem Minus von 12,2 Millionen Euro. Der Stadtrat hat den Etat für das kommende Jahr am Mittwochabend in der Konzerthalle mit großer Mehrheit beschlossen. Der Haushaltsplan sieht trotz des Millionendefizits keine Steuererhöhungen vor. Im Vor-Corona-Jahr 2019 hatte die Stadt mit einem Plus von 3,6 Millionen Euro abgeschlossen. 2020 sind es nach Rechnung der Kämmerei sogar 9,7 Millionen auf der Habenseite. Doch dann schlug Corona durch. Für 2021 rechnet die Verwaltung mit einem Minus von 2,3 Millionen Euro. Im kommenden Jahr könnten dann am Ende 12,2 Millionen Euro Miese stehen. Robuste Wirtschaft: Dass der Haushalt etwas besser dasteht, hat laut der Ersten Beigeordneten Koring hauptsächlich mit den Gewerbesteuereinnahmen zu tun. Diese könnten in diesem Jahr nach den Berechnungen der Kämmerei rund 31 Millionen Euro betragen. Ein Wert, den die Stadt in den vergangenen Jahren nicht erreicht hat. „Wir haben bei den großen Betrieben auch keine nennenswerten Steuerausfälle durch Corona zu verzeichnen. Die Bad Salzufler Wirtschaft scheint robust durch die Pandemie zu kommen", so Koring. Für 2022 rechnet sie mit rund 30 Millionen aus der Gewerbesteuer. Den bisherigen Rekord verzeichnete das Rathaus kurz vor der jüngsten Weltwirtschaftskrise: 2008 nahm die Stadt knapp 31 Millionen Euro an Gewerbesteuern ein. Die Corona-Prognose: Weniger Corona-robust als ihre großen Firmen ist die Kommune selbst. Kämmerin Koring geht davon aus, dass die Stadt in 2020 und 2021 rund drei Millionen Euro an zusätzlichen Schulden aufgehäuft haben wird, die ihren Ursprung allein in der Pandemie haben. Diese Summe kann die Stadt laut einer Vorgabe des Landes NRW aus ihren aktuellen Haushalten „herausrechnen", muss sie aber ab 2025 bis spätestens 2075 zurückzahlen. Nach aktueller Berechnung bedeutet dies eine Belastung für den städtischen Haushalt von knapp 70.000 Euro – und zwar Jahr für Jahr bis 2075. Die Investitionen: Die größten Baustellen der Stadt sind auch im kommenden Jahr das Schulzentrum Aspe (geschätzte Gesamtkosten aktuell 34,6 Millionen Euro), die Sanierung des Rathauses (knapp unter 30 Millionen) und der Neubau der Hauptfeuerwache an der Lockhauser Straße (knapp 20 Millionen Euro). Die künftige Gewerbesteuer: Ihre wichtigste Erlösquelle der Stadt will die Stadt mittelfristig steigern. In den strategischen Zielen ist die Rede davon, bis Mitte dieses Jahrzehnts 500 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen – die Hälfte davon im Gesundheitsbereich. Viele davon sollen durch die Ansiedlung neuer Unternehmen entstehen – beispielsweise auf dem Gesundheitscampus oder in dem jetzt neu geplanten Gewerbegebiet an der Leopoldshöher Straße in Lockhausen (wir berichteten). Der Stellenplan: Insgesamt rechnet die Stadt in 2022 mit Aufwendungen für ihr Personal – 109 Beamte und 409 Angestellte plus die rund 45 Stellen in der neuen Gebäudewirtschaft – von rund 39 Millionen Euro. Das sind knapp zwei Millionen mehr als für dieses Jahr, unter anderem bedingt durch die Übernahme der meisten Staatsbad-Mitarbeiter. Die Schulden: Die Höhe der Kassen- und Investitionskredite der Stadt wird sich gegen Ende des Jahres auf rund 130 Millionen Euro belaufen. Das ist umgerechnet eine Pro-Kopf-Verschuldung von gut 2400 Euro. So stimmten die Parteien ab: Die Fraktionen und Einzelkandidaten haben dem Haushalt mehrheitlich zugestimmt, nur der Einzelkandidat Dr. Johann Malcher aus Schötmar stimmte dagegen. Wenig überraschend ist, dass die schwarz-grüne Ratskoalition dem Haushalt zustimmte. „Dieser Haushalt stellt die richtigen Weichen für eine positive Weiterentwicklung unserer Stadt", heißt es von der CDU. Von den Grünen gibt es einen Seitenhieb auf die vorangegangene Koalition. Die Haushaltssituation sei auch den hohen Kostensteigerungen bei den unter Schwarz-Rot beschlossenen Baumaßnahmen geschuldet. Die SPD begründet ihre Zustimmung damit, dass der Haushaltsplan die Konsequenz der von der Partei in der Vergangenheit mitgetragenen Beschlüsse sei. Bemängelt wird der aus Sicht der SPD fehlende Wille der Koalition zur weiteren Konsolidierung. Die FDP freut sich, dass sie ihre Ideen einbringen konnte, Einsparungen bei Bauprojekten umgesetzt wurden und stimmte ebenfalls zu. Die Freien Wähler stimmten zu, wünschen sich aber, die Notwendigkeit von Investitionen stärker zu prüfen. Die AfD hatte im Vorfeld angekündigt, sich enthalten zu wollen, laut Protokoll der Ratssitzung stimmte sie allerdings für den Haushalt. Die Einzelkandidaten von Linke und Aufbruch C stimmten zu. Johann Malcher begründete seine Ablehnung auch mit den zu befürchtenden Mehrkosten für die Sanierung des Kurhauses. Kommentar Gestalten, nicht nur verwalten von Thomas Reineke Ist das Glas für den Salzufler Haushalt halb voll oder halb leer? Die Antwort darauf liegt im Auge des Betrachters. Positiv ist, dass die Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle der Stadt durch Corona offenbar nicht wegbricht. Die großen Firmen in der Großgemeinde scheinen bisher robust durch die Pandemie zu kommen. Negativ ist, dass die Stadt weiter auf der Suche nach dem Konsolidierungskurs ist. Klar, Corona ist eine Ausnahmesituation, aber die städtischen Finanzen müssen weiter in Ordnung gebracht werden. Der Gesamtschuldenberg von rund 130 Millionen Euro hängt wie ein Klotz am Bein der Stadt und engt ihre Möglichkeiten ein. Und man denke nur an den Fall, dass die Zinsen auch mal wieder steigen könnten, dann wird es noch deutlich haariger. Die Kurstadt hat vor rund zehn Jahren erleben müssen, welch bittere Konsequenzen eine Haushaltssicherung haben kann. Dieses Szenario gilt es unbedingt zu vermeiden, zumal die neue schwarz-grüne Ratskoalition und der Bürgermeister vorneweg nicht nur (den Mangel) verwalten, sondern gestalten wollen. Ein erster wertvoller Schritt dahin wäre ein Happy-End für die schier nie enden wollende Geschichte um das zusätzliche Gewerbegebiet in Lockhausen. Neue Betriebe bringen zusätzliche Arbeitsplätze und spülen weiteres Geld in die Gewerbesteuerkasse. Andererseits sollte es sich die Stadt aber auch verkneifen, weiter an der Steuerschraube zu drehen. Die steht im Regionalvergleich in Bad Salzuflen nämlich bereits am Anschlag.