Anzeigen und Rausschmisse: Im Tierheim Bad Salzuflen hängt der Haussegen schief

Bad Salzuflen . Im Tierheim an der Ziegelstraße kracht es gewaltig. Seit der Neuwahl des Vorstands im November vergangenen Jahres stehen die Tiere nur noch bedingt im Mittelpunkt. Stattdessen geht es um Rausschmisse von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, um eine Anzeige wegen Verleumdung, um gescheiterte Schlichtungsversuche und um einen Vorstand, der sich zu Unrecht angegriffen sieht. Unsere Redaktion hat mit ehemaligen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern und mit dem seit November amtierenden Vorstand gesprochen: dem Vorsitzenden Dr. Jürgen Krüll (58) und seiner Stellvertreterin Angelika Niemann (70).

Bettina Twele (56) und Susanne Baumgart (49) sind zwei der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, die sich im Katzenhaus als sogenannte Katzen-Streichlerinnen um die Tiere gekümmert haben. Twele engagiert sich seit vier Jahren im Tierheim, erzählt sie, Baumgart noch länger. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem ihnen von der stellvertretenden Vorsitzenden Angelika Niemann gesagt worden sei, dass sie dort nicht mehr erwünscht seien. Die Gründe blieben ihnen zufolge vage, so sollen sie sich zu stark in die Arbeit des Tierheims eingemischt haben. Zum Vorwurf sei ihnen gemacht worden, dass sie angemerkt hätten, wenn es Katzen aus ihrer Sicht nicht gut ging. &bdquo;Uns ist klar gemacht worden, dass Ehrenamtliche überhaupt nichts zu sagen haben“, sagt Susanne Baumgart.

Was sie aber richtig unverschämt findet, ist eine weitere Behauptung, die aufgestellt worden sein soll. &bdquo;Uns ist gesagt worden, wir hätten Videos von Mitarbeitern in öffentliche Chats gestellt“, sagt Baumgart, die als Lehrerin arbeitet. Nie im Leben würde sie das machen. &bdquo;Wir haben Bilder und Videos der Tiere in einen internen Chat der Katzen-Streichler gestellt und der zuständigen Tierärztin Bilder von auffälligen Katzen zukommen lassen, mehr nicht.“ Deshalb haben Baumgart und Twele gegen den Vorstand Anzeige wegen Verleumdung gestellt. Die Polizei bestätigt, dass eine entsprechende Anzeige vorliegt. Ob aber tatsächlich eine Straftat vorliege, entscheide die Staatsanwaltschaft.

Unbegreiflicher Umgang Claudia Märzke war vor den Neuwahlen selbst Mitglied im Vorstand und engagiert sich seit vielen Jahren ehrenamtlich im Tierheim. Das Haus wird von der Stadt jährlich mit 27.000 Euro und Pauschalen für die Fundtiere unterstützt, ist aber vor allem auf Spenden angewiesen. Sie findet es unbegreiflich, wie mit den Ehrenamtlichen umgegangen wird. &bdquo;Ich habe das Gefühl, es ist niemand mehr erwünscht.“ Beim Ehrenamtsbüro des Kreises Lippe habe sie um Vermittlung gebeten. Ihr Ziel sei ein moderiertes Gespräch zwischen Vorstand und Ehrenamtlichen gewesen. &bdquo;Der Vorstand hat das abgelehnt“, sagt die 57-Jährige. Das Ehrenamtsbüro bestätigt das auf Nachfrage.

Auch Stephanie Wittwer hat ehrenamtlich im Katzenhaus gearbeitet. Sie findet den Ton, der zwischen Vorstand und Ehrenamtlichen herrsche, &bdquo;unterirdisch“. &bdquo;Der Vorstand hat nie ein konstruktives Gespräch gesucht“, sagt die 54-Jährige. Karin Göhner fühlt sich ebenfalls ausgebootet. Bis zur Wahl, bei der sie freiwillig ihr Amt abgegeben habe, sei sie gut 20 Jahre Vorsitzende des Tierschutzvereins Bad Salzuflen-Lemgo gewesen, der das Tierheim unterhält. &bdquo;Jetzt will man meine Mitarbeit offenbar nicht mehr“, sagt die 79-Jährige. Lange habe sie ehrenamtlich den Notruf betreut, den habe der neue Vorstand abgeschafft.

Außerhalb der Öffnungszeiten gebe es nun keine Möglichkeit für Bürger mehr, das Tierheim zu rufen, wenn es irgendwo ein verletztes Tier gebe. Brigitte Beineke war bis zur Wahl ebenfalls in der Führung des Tierheims aktiv. Sie habe mit Jürgen Krüll die Übergabe gemacht. &bdquo;Danach wurde mir klar gezeigt, dass ich nun überflüssig bin“, sagt die Rentnerin. &bdquo;Ich fürchte, dass der Tierschutz auf der Strecke bleibt.“

Die Befürchtung drückt sich auch in einem 17-seitigen Schreiben einer Initiative aus dem Umfeld des Tierheims aus, die Krüll und Niemann zum Rücktritt auffordert. Darin findet sich unter anderem der Vorwurf, dass die Vorstandswahlen nicht rechtmäßig abgehalten worden seien. &bdquo;An der Versammlung haben Menschen teilgenommen, die zu dem Zeitpunkt keine ordentlichen Mitglieder des Tierschutzvereins gewesen sind“, meint Dunja Storp, die der Initiative angehört. Wie viele Menschen hinter der Initiative stehen, sagte die 54-Jährige nicht. Kritisiert wird in dem Schreiben auch der rüde Umgang des Vorsitzenden mit festangestellten Mitarbeitern. Nach Informationen unserer Redaktion ist ein Mitarbeiter des Katzenhauses seit Längerem krankgeschrieben, eine Mitarbeiterin hat gekündigt. Die beiden waren für die LZ nicht zu erreichen.

"Das schadet dem Tierschutz" Storp sagt, sie selbst sei bei der vergangenen Wahl in den Verwaltungsausschuss gewählt worden und habe die Kasse übernommen, nachdem die gewählte Kassiererin nach kurzer Zeit zurückgetreten sei. Storp habe das Verhalten von Krüll und Niemann aber nicht weiter mittragen wollen und sei ebenfalls zurückgetreten. Hingeschmissen hat auch Angela Tiemann. Die 52-Jährige war neben Niemann als stellvertretende Vorsitzende gewählt worden: &bdquo;Die Vorstellungen und Ansichten, wie das Tierheim geleitet wird, gingen einfach zu weit auseinander.“

Jürgen Krüll und Angelika Niemann sehen sich zu Unrecht in der Kritik. &bdquo;Die Wahlen sind nach meinem aktuellen Wissenstand korrekt abgelaufen“, sagt Jürgen Krüll. Die Kritiker hätten Gelegenheit gehabt, diese juristisch anzufechten. &bdquo;Das ist meines Wissens nach nicht passiert. Die Wahlen dennoch in der Öffentlichkeit in Zweifel zu ziehen, kann ich nicht nachvollziehen und das schadet auch dem Tierschutz.“ Angelika Niemann sagt, der Grund auf die Tätigkeit von zwei ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen zu verzichten, sei, dass sie sich wiederholt nicht an die neuen Richtlinien des Tierheims gehalten hätten. Das betreffe die Fütterung von Tieren, zudem habe sie darum gebeten, dass nicht ohne Einverständnis im Tierheim gefilmt werden soll. &bdquo;Da geht es um Datenschutz.“ Darüber sei sich hinweggesetzt worden. Sie habe niemanden verleumdet oder beleidigt.

Dass sich auch andere vor den Kopf gestoßen fühlen, findet sie schade. &bdquo;Mir tut es um jeden leid, den wir nicht mitnehmen können.“ Demgegenüber stünden aber rund 30 – zum Teil neue – Ehrenamtliche. &bdquo;Das Feedback, das wir von ihnen bekommen, ist gut“, sagt Jürgen Krüll. Als er das Amt angetreten habe, habe er sich vorgenommen, auf einen &bdquo;gesunden Betrieb“ hinzuarbeiten, in dem es klare Strukturen gebe, Arbeitssicherheit eingehalten werde und das Tierwohl an erster Stelle stehe. Daher habe man auch die Futterrichtlinien zusammen mit einem Tierarzt geändert, so dürfe beispielsweise nicht mehr unlimitiert Hähnchenfleisch an Katzen verfüttert werden, sagt Niemann. &bdquo;Das Tierheim ist wie ein kleines Unternehmen“, ergänzt Krüll. &bdquo;Es gibt Abläufe, an die sich alle zu halten haben.“

Es könne sein, dass er ab und an &bdquo;deutlich“ geworden sei, im Ton vergriffen habe er sich aber nie. Auch Niemann schließt das für sich kategorisch aus. &bdquo;Ich bin immer ansprechbar“, sagt Krüll. Es möge aber sein, dass er die Arbeit im Vorstand unterschätzt habe. &bdquo;Da hetzt man manchmal von Termin zu Termin und hat nicht immer für ein Pläuschchen auf dem Hof Zeit.“ Dass der Vorstand das Vermittlungsgespräch des Ehrenamtsbüros des Kreises abgelehnt habe, sei seine Entscheidung gewesen. Es habe im Vorfeld bereits genügend Gespräche gegeben, in denen alles gesagt worden sei.

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