Das ist der neue Stadtverbandsvorsitzender der SPD. Was er ändern will.

Bad Salzuflen. Die Sozialdemokratie ist Joachim Licht praktisch in die Wiege gelegt worden: Sein Großvater, der Maurer August Menke, habe die Salzufler SPD 1945 wieder mit aufgebaut, erzählt er beim Treffen im Fraktionsbüro in der Benzstraße. Seit Kurzem ist Licht der neue Stadtverbandsvorsitzende der Sozialdemokraten und folgt damit auf Clemens Welslau (32), der aus privaten Gründen nicht mehr angetreten ist.

Seit 1977 ist der heute 67-jährige Licht selbst Mitglied der Partei, die, wie er sagt, sich immer als &bdquo;staatstragend“ gesehen hat. Ob das immer ein Plus sein muss, da ist sich der neue Stadtverbandsvorsitzende nicht so sicher.

Denn in gut zwei Jahren stehen Kommunalwahlen an. Ein bisschen mehr A ngriffslust könne da nicht schaden . &bdquo;Wir müssen unterscheidbar sein“, sagt Licht und meint damit die inhaltliche Abgrenzung von Bürgermeister Dirk Tolkemitt (CDU) und der schwarz-grünen Koalition, die das Stadtoberhaupt stützt. Einen Pflock haben die Salzufler Sozialdemokraten aus ihrer Sicht bereits eingeschlagen: Die Zusammenlegung der Schötmaraner Grundschulen Wasserfuhr und Kirchplatz wollen sie verhindern, auch wenn es im Rat eine deutliche Mehrheit für die neue große Schule gab.

Licht hofft nun auf ein Bürgerbegehren , das unter Beteiligung eines SPD-Mitglieds aufs Gleis gesetzt worden ist. Dafür müssten allerdings in einem ersten Schritt 2600 Menschen unterschreiben. &bdquo;Das wird sicherlich ein hartes Ringen, aber in der Sache sehen wir uns auf der richtigen Seite für die Schülerinnen und Schüler“, so Licht. Das Problem sei, dass viele Bürgerinnen und Bürger sich erst für kommunalpolitische Entscheidungen interessierten, wenn es sie unmittelbar selbst tangiere.

&bdquo;Die Leute gucken immer erst nach Berlin" &bdquo;Erst wenn die ICE-Trasse vor der Haustüre entlangläuft oder eine Straße gebaut werden soll, erwacht das Engagement.“ So erklärt sich Licht, der seit 1999 für die SPD im Rat sitzt, auch die mäßige Beteiligung bei Kommunalwahlen. &bdquo;Die Leute gucken immer erst nach Berlin, weil da die Grundsatzentscheidungen getroffen werden. Aber die Kommune setzt die ja irgendwann um.“

Dass die SPD bei der vergangenen Kommunalwahl im Vergleich zur Wahl 2014 nur noch auf gut 25 Prozent kam und fast 9 Prozent verloren hat, sei ein Verlust, den die Partei und der damalige SPD-Bürgermeister Dr. Roland Thomas zusammen zu verantworten hätten. &bdquo;Man gewinnt zusammen, man verliert zusammen“, sagt Licht. Thomas sei als eher nüchterner Mann aus der Verwaltung gegen den in Teilen &bdquo;aggressiven“ Wahlkampf seines Amtsnachfolgers nicht angekommen.

Für die kommende Wahl habe die SPD natürlich den Anspruch, einen geeigneten Kandidaten für den Chefsessel im Rathaus aufzustellen. Aber den müsse man auch erst mal finden. &bdquo;Um die Personalie kümmern wir uns nach dem Sommer“, so Licht. Suchen müsse man da vielleicht auch außerhalb der Stadtgrenzen, im eigenen Land gelte der Prophet oft nichts. &bdquo;Wenn man lange im Rat aktiv war, kennen einen die Leute eben auch mit allen Schwächen, die man hat.“

Bevor man auf die Idee kommt, sich zu fragen, ob Licht sich selbst als Prophet sieht, macht er klar, dass seine politische Karriere wohl dem Ende entgegen steuert. &bdquo;Ich gehe auf die 70 zu, da neigt man irgendwann dazu, zu konservativ zu werden und zu festgefahren zu sein.“ Jüngere müssten ran. Als Stadtverbandsvorsitzender sei er zunächst für zwei Jahre gewählt.

"Die Probleme sind überall ähnlich“ 233 Mitglieder zählt der Salzufler Stadtverband der SPD laut Licht, 61 Prozent der Mitglieder sind 60 Jahre und älter, nur 12 Prozent sind unter 35. &bdquo;Wir sind überaltert“, sagt er. Derzeit gebe es eine Arbeitsgruppe, die wieder eine örtliche Juso-Gruppe etabliert. Das Problem, dass kaum noch junge Leute nachkommen, habe aber nicht nur die SPD. &bdquo;Gucken Sie sich unter anderem die Schützen an oder Sportvereine, die Probleme sind überall ähnlich.“

Er hätte sich auch nicht vorstellen können, zwei Jahre nach Renteneintritt den Stadtverband anzuführen. Aber: Irgendwer müsse es machen. Klar, ein Zeichen des Aufbruchs sei das nicht gerade, sagt er und lacht. Sein Vorgänger war nicht mal halb so alt wie er. Immerhin: Mit dem 28-jährigen Robin Meier habe er einen jungen Stellvertreter.

Die Tätigkeit als Ratsmitglied, der Vorsitz im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung, jetzt Stadtverbandsvorsitzender: &bdquo;Alles zusammen ist ein Halbtagsjob“, sagt Licht. Und Zeit, die ihm für seine beiden Enkelkinder und Familie fehle. &bdquo;Das steht ja alles in Konkurrenz miteinander“, sagt Licht, der als Diplom-Ingenieur bei den Stadtwerken Bielefeld gearbeitet hat. Aber klar, Politik sei ja auch irgendwie ein Hobby für ihn. Er macht es gerne.

Den Menschen zugewandt Im Stadtrat ist Licht jemand, der sich oft zu Wort meldet und dabei gelegentlich zum Dozieren neigt. Sachkenntnis kann man ihm dabei allerdings nicht absprechen. Beruflich hat er sich mit dem Vermessungswesen und der grafischen Datenverarbeitung befasst. Er weiß daher auch um die Abläufe in einer Verwaltung, um Verfahrensweisen, die für viele Menschen oft schwer zu durchschauen sind. Dennoch: Politik müsse anders sein, flexibel, den Menschen zugewandt, sagt er.

Deshalb will er seine Partei in den kommenden zwei Jahren wieder näher ran an die Wähler rücken, ins direkte Gespräch mit den Menschen kommen – von Angesicht zu Angesicht. &bdquo;Das ist in der Corona-Zeit zu kurz gekommen“, sagt Licht, der im Gespräch mit unserer Redaktion durchaus humorvoll sein kann und sich selbst nicht allzu wichtig nimmt. Nach fast einem Vierteljahrhundert im Rat weiß er um die Grenzen der Lokalpolitik.

Dass sich die vom Neubau einer ICE-Trasse zwischen Bielefeld und Hannover betroffenen Kommunen einig seien, dass man diese nicht haben wolle, sei natürlich gut. &bdquo;Aber ob das in Berlin jemanden interessiert, steht auf einem anderen Blatt.“ Nicht zuletzt ist es für den Sozialdemokraten auch ein bisschen ein Spagat. Immerhin hat sich die SPD grundsätzlich für den Deutschlandtakt der Bahn ausgesprochen, der nun an die eigene Haustüre rücken könnte. Auf die Historie seiner Partei ist Licht stolz. Die Essenz ist für ihn: &bdquo;Starke Schultern müssen mehr tragen als die schwachen.“

Er lade jeden, der sich damit identifizieren könne ein, mitzumachen. Vor allem Frauen wolle er ermuntern. Denn, dass der fünfköpfige Vorstand des SPD-Stadtverbands nur eine Frau zählt, finde er nicht glücklich.

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